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ENGELBERT WUSTERWITZ'
MARKISCHE chronik
NACH
ANGELUS UND HAFFTIZ
HERAUSGEGEBEN
VON
JULIUS HEIDEMAOT.
BE RUN
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.
1678.
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Einleitung.
Unter den alteren historischen Quellenschriften der Mark Branden-
burg nimmt die von Engelbert Wusterwitz geschriebene Markische Chronik
iiber die Jahre 1391 bis 1425 durch die Bedeutsamkeit ihres Inbaltes und
die Klarheit ihrer Darstellungsweise eine hervorragende Stelle ein. Sie
enthalt eine Schilderung der anarchischen Zustande in Brandenburg unter
der Herrschaft des Markgrafen Jobst von Mahren und der schweren Kampfe,
welche der Burggraf Friedrich von Niirnberg zur Wiederherstellung der
offentlichen Ordnung in dem zerrutteten Lande zu bestehen hatte. Engelbert
• Wusterwitz, ein gebildeter und urtheilsfahiger Zeitgenosse beider Fiirsten,
hatte den Verfall seines Heimathlandes bis zu dem Anbruche einer besseren
Zeit durchlebf und schrieb gegen das Ende seines Lebens eine Gescbichte
seiner Tage in dem freudigen Bewusstsein, dass Brandenburg unter dem
Walten des Burggrafen Friedrich an einem Wendepunkte seiner Geschicke
angekommen sei. In Folge einer verstandnissvollen Wiirdigung der poli-
tischen Wirksamkeit Friedrichs in der Mark war er ein treuer Anhanger
dieses Fiirsten geworden, und hatte damit zugleich den richtigen Gesichts-
punkt zur Beurtheilung der Verhaltnisse seiner Zeit gefunden. Die Herr-
schaft des Markgrafen Jobst erschien ihm nun unverhiillt, als das, was sie
in Wahrheit gewesen war, als ein impotentes, wiistes Regiment und das
Zerrbild einer geordneten Staatsverwaltung. Den vollen Gegensatz dazu
bildete die vorschauende, gesetzmafsige Regierung Friedrichs, und deren
Bedeutung konnte Wusterwitz nicht treffender hervorheben als durch die
Worte, mit denen er das Erscheinen des Burggrafen in der Mark im Jahre
1412 begriifste: „Gott hat ihn alfs von der Hohe hergesandt".
Ueber die Lebensverhaltnisse des Chronisten sind wir nur ganz im
Allgemeinen unterrichtet. Er war in der letzten Halfte des 14. Jahrhun-
derts zu Brandenburg an der Havel, damals dem Vororte der Mark Branden-
burg, von biirgerlichen Eltern geboren und hatte sich fur den geistlichen
und richterli'chen Beruf entschieden. Um das Jahr 1405 verweilte er
nach einer aus seiner Chronik in das Chronicon Citizense iibergegangenen
Nachricht in Rom *) „im Dienste von Cardinalen" und war hier Zeuge der
*) Vielleicht erklart sein Aufenthalt in Rom den Um stand, dass seine Chronik
zu den Jahren 1405 und 1406 keinerlei Mittheilungen uber die brandenburgischen
Verhaltnisse darbietet.
1
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2 Einleitung.
feierlichen Huldigung, welche die Romer im November 1404 dem eben
erwahlten Papste Innocenz VII. darbrachten. *) Scbon in den nachsten
Jahren muss er nach Brandenburg zuriickgekehrt sein. 1409 fungirte er
hier seinen eigenen Mittheilungen zu diesem eTahre zufolge als Mitglied
eines Schiedsgerichtes, welches berufen war, einen zwischen dem Abte
Heinrich Stich von Lehnin und Johann von Quitzow iiber den Besitz der
Havel bei dem Schlosse Plaue entstandenen Conflict giitlich beizulegen.
Vom Jabre 1408 bis 1415 ist seine Chronik am inhaltreicbsten und ihre
Darstellungsweise von jener Lebendigkeit und Anschaulichkeit, wie sie
Autoren eigen zu sein pflegt, die Selbsterlebtes berichten. Auf Grand
dieses Umstandes darf man annehmen, dass Wusterwitz in jenen Jahren
dauernd oder vorwiegend in seiner Vaterstadt Brandenburg gelebt habe.
Die offentliche Stellung, die er bier einnahm, war aller Wabrscheinlichkeit
nach die eines geistlichen Richters, wie aus Mittheilungen in Riedels Codex
dipl. Brand. 2 ) und Fidicins Hist.-diplom. Beitragen 3 ) hervorgeht. Um die
Osterzeit des Jahres 1412 hatten namlich zwei Berliner Burger Namens
Strobant und Kopenick mit mehreren Genossen eine Verschworung gegen
den Rath von Berlin-Kolln angezettelt und zwar nach der einen Ueber-
lieferung in einem Gotteshause (in ecclesia, que domus Dei est), nach der
anderen in einem Kloster (communitas civium se conspiraverunt in claustro
per juramenta). Auf die Kunde von diesem Vorgange schritt der Official
des Bischofs von Brandenburg gegen Strobant und Kopenick ein, indem
er sie vor das bischofliche Gericht in Brandenburg citirte. Allein die
Angeklagten erschienen nicht, sondern gaben vor, die Reise nach Branden-
burg sei zur Zeit sehr gefahrlich (insecuritates et discrimina viarum alle-
gantes), und erbaten eine schriftliche Mittheilung der gegen sie erhobenen
Klagepunkte. Der Official ging auf dieses Gesuch ein und iibertrug Engel-
bert Wusterwitz unter Uebersendung der capitula inquisitionum die weitere
Untersuchung der Sache 4 ). Zugleich erklarte er, dass gegen die citirten
Burger zwar in contumaciam verfahren werden konne, er, der Official, aber
wiinsche, dass in Beriicksichtigung des geringen Bildungsgrades der Ange-
l ) Pistorius, SS. rerum Germ. I, 849: Eodem anno Innocentio papae, de quo
nunc loquimur et tractamus, septimo videlicet, Romani cives claves civitatis cum
rami8 palmarum obtulerunt etc. Haec Engelbertus Wusterwitz, clericus Branden-
burgensis, in Chronica sua Marchitica, qui aliquot annis Romae cardinalibus ser-
viens insumpserat et praenarrata oculis viderat et exequiis quorundam interfuerat. —
Innocenz VII. wurde am 11. November 1404 inthronisirt und starb am 6. November
1406. Der Titel „Markische Chronik" fur Wusterwitz' Schrift ist allein durch diese
Stelle bezeugt. Aus Obigem ergiebt sich zugleich, dass Wusterwitz in seiner Chronik
auch Nachrichten iiber seine eigenen Schicksale hinterlassen hatte. a ) Supplement-
band S. 269. *) I, 233. 4 ) Ein besonderer Titel, welcher iiber das von Wuster-
witz bekleidete Amt Aufschluss gabe, wird dem Empfanger des Schreibens von dem
Official nicht beigelegt. Das Schreiben beginnt mit den Worten: Officialis curie
Brandenb. honorabili viro domino Engelberto Wusterwitze (sic) sinceram in Deo
caritatem.
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Einleitung. 3
klagten mit diesen milder verfahren werden moge. Wusterwitz solle die
Namen der Mitschuldigen feststellen, Strobant und Kopenick die purgatio
canonica auferlegen und dann dem Official die Processacten zusendeu. —
Diesem Schreiben ziifolge muss Wusterwitz sich schon personlich in Berlin
befunden haben, als er den Auftrag empfing, die Mitsehuldigen jener beiden
Unruhestifter an Ort und Stelle zu ermitteln, denn von einer Aufforderung,
sich zu diesem Zwecke erst nach Berlin zu begeben, ist in dem Schreiben
des Officials nirgends die Rede. Die Veranlassung, welche damals Wuster-
witz nach Berlin gefiihrt hatte, ist ganzlich unbekannt, und nur darauf
diirfte hinzuweisen sein, dass weil der erwahnte Process in die zweito
Halfte des Jahres 1412 zu setzen ist, Wusterwitz' Aufenthalt in Berlin
mit dem ersten Erscheinen des Burggrafen Friedrich in dieser Stadt zeit-
lich zusammen fallen wiirde 1 ).
Bald nach dem Sturze der Quitzow'schen Partei in der Mark, welchen
Wusterwitz so anschaulich dargestellt hat, wurde dieser auf Grund seiner
praktischen Tiichtigkeit als Jurist von der Stadt Magdeburg zum Syndicus
ernannt. Die Magdeburger Schoffenchronik bemerkt zum Jahre 1418, dass
„in den Zeiten" die Stadt Magdeburg von „Wilke Goldschmidt und anderen
Leuten" bei dem konigl. Hofgerichte in einen Process verwickelt worden
sei und mit der Fiihrung desselben ihren Syndicus „Engelbert Wusterwitz
von Brandenburg" betraut habe, welcher dem Hofe nach Regensburg in
Baiern, nach Ungarn, Schlesien und Bohmen gefolgt sei und ein obsiegendes
Erkenntniss erstritten habe 2 ). In dieser Nachricht haben wir ein Zeugniss
von Wusterwitz' amtlicfter Thatigkeit in den Jahren 1419 und 1420, wenn
das angefiihrte Itinerar des „Hofes", wie kaum zu bezweifeln sein wird,
zugleich das des Kaisers Sigismund war. Sigismund verweilte bekanntlich
zu Constanz von Ende 1414 bis 1418 und unterbrach diesen Aufenthalt
auf langere Zeit nur durch eine Reise nach Spanienj Frankreich u. s. w.,
die vom 21. Juli 1415 bis zum 17. Januar 1417 wahrte. Nach der Be-
endigung des Conciles und einem kurzen Aufenthalte in Ungarn erschien
er am 29. Juni 1419 in Regensburg zu einem Hoftage und am 6. Januar
1420 in Breslau zur Berathung der gegen die Hussiten zu ergreifenden
Mafsregeln, und von hier zog er im Sommer 1420 mit einem Heere gegen
Prag. Wahrend dieser Zeit und an den genannten Orten muss also Wuster-
witz das Recht der Magdeburger vor dem Hofgerichte vertheidigt haben.
Die Zeit seiner Berufung nach Magdeburg wird in der Schoffenchronik
nicht angegeben, wahrscheinlich aber in das Jahr 1415 oder 1416 zu
setzen sein. Bei dieser Annahme wiirde sich der Umstand am leichtesten
erklaren, dass seine Chronik iiber wichtige Vorgange in der Mark in den
Jahren 1416 und 1417 mit Stillschweigen hinweggeht. Auch das Jahr
*) Nach Riedel, Zehn Jahre aus d. Gesch. d. Ahnherren des Preufs. Kdnigshauses
S. 66 u. 67 war der Burggraf in Berlin zwischen dem 23. Juni u. 8. Juli 1412; nach
S. 78 in der Mitte des August; und nach Riedel, Cod. dipl. Br. Supplem.-Bnd. S. 270
auch im October 1412. a ) Herausgegeb. v. Janicke, Stadtechroniken Bnd. VII.
1*
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4 Einleitung. '
seiner Riickkehr von Magdeburg nach Brandenburg, wo er das letzte De-
cennium seines Lebens zubrachte, ist nicbt bekannt. Als Syndicus wirkte er
nodi im September 1420, denn die Schoffenchronik berichtet zu diesem
Jahre, dass er von dem Rathe zu Magdeburg an den inzwischen zum Kur-
fiirsten erhobenen Burggrafen Friedrich gesandt wurde, urn diesen zur
Aufhebung der Belagerung des Schlosses Alvensleben nahe bei Magdeburg
zu bewegen, dessen Besitzer Heiso von Steinfurth den Zorn des Kurfiirsten
durch rauberische Einfalle in das Brandenburgische Gebiet gereizt, in
seiner Bedrangniss aber die Verniittlung der Magdeburger angerufen hatte.
Auch diesen Auftrag vollfuhrte Wusterwitz mit dem gewiinschten Erfolge,
so dass der Kurfurst schon nach funftagiger Belagerung am Gorgonius-
tage (9. Sept.), wie Wusterwitz selbst berichtet, nicht am Georgiustage,
wie die Schoffenchronik meldet 1 ), von Alvensleben wieder abzog.
Bald nach dem Jahre 1424 finden wir Wusterwitz in amtlicher Thatig-
keit wieder in Brandenburg. Ein Zeugniss dafiir bietet das seit 1419 im
Kloster Lehnin gefiihrte „Gedenkbuch iiber die Streitigkeiten des Klosters
mit seinen Nachbarn" 2 ). In dieser Schrift wird erzahlt, dass Lehnin mit
der Neustadt Brandenburg iiber den Besitz eines dem Kloster als Lehen
gehorenden Waldes, das Borselbruch genannt, und eines bei dem Dorfe
Priitzke belegenen Ackerstiickes in Conflict gerathen sei. Wald und Acker
waren in friiherer Zeit dem Geschlechte der Priitzke als Lehen ubertragen
worden; der letzte Nachkomme dieses Geschlechtes hatte seinen Grundbe-
sitz der Neustadt Brandenburg verkauft und war darauf im Jahre 1424
gestorben. Nach seinem Tode forderte das Kloster Lehnin unter Beru-
fung auf seine Lehensherrschaft Wald und Acker zuriick, wahrend die
Neustadt ihr Kaufrecht geltend machte. Von bdiden Seiten- strebte man
nach einer giitlichen Einigung in dem Streitfalle, die hinsichtlich des
Borselbruches auch wirklich zu Stande kam. Schwieriger gestaltete sich
der Einigungsversuch in Betreff des Ackerstiickes. Beide Theile kamen
endlich iiber ein, dass der Rath der Neustadt den Pfarrer Burgsdorf und
Meister Engelbert nach Lehnin senden sollte, damit sie die Lehenbriefe
des Klosters priiften 3 ). Die genannten Manner begaben sich darauf nach
Lehnin, iiberzeugten sich von der Richtigkeit der Lehenbriefe und er-
statteten an den Rath einen fur das Kloster durchaus gunstigen Bericht.
Dessenungeachtet zog der Rath durch Einwande aller Art die Sache in
die Lange, und Wusterwitz wurde noch mehrere Male veranlasst, eine
Reise von Brandenburg nach Lehnin zu machen 4 ). — Dieser Wirksamkeit
*) Vergl. dazu Mark. Chron. z. J. 1420, Anmerk. 2 ) Riedel, Cod. dipl. I,
10, 419—423. 8 ) Und vordingen una des eynes tydes yn dy stad Brandenborch,
dat sy Em Borchstorpe, oren Perher, und MeysterEngelbertum yn dat Closter
Lenyn bringen scholden; vor dy wolde wy unse privilegia, dy wy over den acker
hebben, leggen, deme Bade in der Nyenstad Brandenborg thu seggende der privilegia
ynholt. 4 ) Den weiteren Verlauf des Streitfalles zu schildern gehort hier nicht
zur Sache.
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Einleitung. 5
nach konnte Wusterwitz, den der Rath so vielfach in Anspruch nahm,
auch in Brandenburg das Amt eiries Syndicus bekleidet haben; im anderen
Falle miisste man annehmen, dass er als Privatmann in seine Vaterstadt
zuriickgekehrt und aus lebendigem Interesse an dem Wohle derselben fur
den Rath thatig gewesen sei. Die Angabe bei Hafftiz zum Jahre 1409,
dass er dem Domcapitel zu Brandenburg als Domherr angehort habe, wird
durch nichts bestatigt; aber auch fiir die von mir geaufserte Vermuthung,
dass er eine Zeit lang Pfarrer an der Katharinenkirche gewesen sei *), hat
sich kein Zeugniss vorgefunden.
In Brandenburg hat Wusterwitz seine letzten Jahre wahrscheinlich in
sorgenfreier Lage verlebt, denn er war vermogend genug, sein Andenken
durch die Errichtung eines Altares in der Katharinenkirche zu Branden-
burg zu verewigen und fand die Mufse zur Abfassung einer Chronik seiner
unruhevollen Zeit. Er starb am 5. December 1433 und erhielt seine letzte
Ruhestatte in der Katharinenkirche, in der noch im vorigen Jahrhundert
ein Gedenkstein meldete: Anno D. 1433 in profesto St. Nicolai obiit Engel-
bertus Wusterwitz, fundator hujus altaris, cujus anima requiescat in pace 2 ).
Ueber die von Wusterwitz hinterlassene Chronik konnen wir nur in-
soweit urtheilen, als sie. in den Ausziigen vorliegt, welche urn 1592 Andreas
Angelus fur seine Annales Marchiae Brandenb. und um 1595 Peter Hafftiz
fur sein nur handschriftlich iiberliefertes Microchronologicon oder Micro-
chronicon aus ihr entnommen hat, denn das Original der Chronik ist ver-
loren gegangen und nicht einmal eine Abschrift davon auf unsere Zeit
gekommen. Um das Jahr 1500 hatte der im Kloster Bosau lebende Monch
Paul Lange noch jenes Werk bei der Abfassung seines Chronicon Citizense
benutzt, demselben aber nur einzelne wenige Notizen fur seine eigene Ar-
beit entnommen 3 ). Die markischen Chronisten des 16. Jahrhunderts, welche
vor Angelus und Hafftiz schrieben, wie der Frankfurter Wolfgang Jobst und
der Osterburger Pfarrer Entzelt von Saalvelt, haben die Zeit der Quitzows
so oberflachlich und zugleich mit so vielen Irrthiimern geschildert, dass
ihren Darstellungen unmoglich Wusterwitz' Chronik als Quelle zu Grunde
liegen kann. Indem wir also ausschliefslich auf die Referate bei Angelus
und Hafftiz hinsichtlich dieses Geschichtswerkes verwiesen sind, ist es ge-
boten, zunacbst die Lebensverhaltnisse, historischen Studien und die wissen-
schaftliche Zuverlassigkeit dieser Autoren zu priifen, um zu einem Urtheile
iiber die Beschaffenheit und Glaubwiirdigkeit der von Wusterwitz hinter-
lassenen Aufzeichnungen zu gelangen.
*) Forschungen z. deutsch. Gesch. XVII, S. 526. 2 ) Kttster, Accessiones ad
Bibl. histor. Brandenb. S. 206. 8 ) Aufser der oben bereits angeftthrten Stelle des
Chron. Citiz. scheint noch eine zweite (bei Pistorius, S. 850) auf Wusterwitz' Chronik
zuruckzufuhren zu sein. Wie namlich der Burggraf Friedrich Wusterwitz „als von
der Ho he hergesandt" erschien, so bezeichnet jenen auch Paul Lange als einen
Fursten, qui tanquam coelitus missus oppressam Marchiam a tyrannide Quitzonum
— liberavit.
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6 Einleitung.
Andreas Angelus oder Engel, geb. am 16. November 1561, der jiingere
von beiden Autoren, entstammte einer wohlhabenden Biirgerfamilie zu
Strausberg bei Berlin. Sein Vater Georg Engel und sein Grofsvater Martin
Engel waren eine lange Zeit hindurch Rathsherren gewesen. Letzteren
raffte 1550 sammt alien Mitgliedern des Rathsstuhles, wie Angelus erzahlt 1 ),
eine pestartige Seuche hinweg. Sein Vater, seine Mutter, drei Briider und
zwei SchwQstern erlagen einer ahnlichen Krankheit im Jahre. 1575 2 ).
Andreas allein scheint damals dem Tode entgangen und dadurch in den
Besitz des ganzen Vermogens der Familie gekommen zu sein, denn er
redet in der Vorrede zu einer seiner Schriften von dem „ziemlichen Pa-
trimonium", welches er auf seine Studien habe verwenden konnen. Nach
Beendigung seiner Universitatsstudien zu Frankfurt bekleidete er 1585 ein
Lehramt in Strausberg und 1586 das Amt eines Conrectors in Branden-
burg a. d. Havel. Die Jahre 1587 bis 1590 brachte er auf Reisen in
Norddeutschland, besonders in Schleswig-Holstein zu, dessen Landes- und
Adelsgeschichte er mit Unterstiitzung des graf lichen Geschlechtes von Rantzau
durchforschte und in einer 1597 erschienenen Holsteinischen Chronik be-
schrieb. Vom Jahre 1590 bis 1592 wirkte er als Conrector am Gymna-
sium zum grauen Kloster in Berlin. Nachdem er sich hier mit der Tochter
des damaligen Berliner Probstes Jacob Kohler (Colerus) verheirathet hatte,
erhielt er das Pfarramt und geistliche Inspectorat zu Strausberg, und hier
ist er wenige Monate nach dem Erscheinen seines historischen Hauptwerkes,
der Annales Marchiae Brandenburgicae, am 9." August 1598, wie sein
Epitaphium meldete 3 ), einer epidemischen Seuche erlegen.
Als Chronograph hat er fur seine Zeit nicht Unbedeutendes geleistet.
Sein Vermogen, seine Reisen und ein reger Sammelfleifs ermoglichten ihm
die Aufbringung eines ausgiebigen historischen Materiales fur seine Arbeiten.
Wenngleich dasselbe vorwiegend nur aus Werken secundaren Ranges be-
stand, so begegnen uns daneben doch auch Quellenschriften von grofsem
Werthe, eine Anzahl wichtiger Urkunden und Inschriften und heute nicht
mehr vorhandener Chroniken und Annalen, wie die handschriftliche Chronik
des Diaconus Johannes Friedrich zu Konigsberg in der Neumark iiber die
Einfalle der Hussiten in die Mark Brandenburg, Wusterwitz' Mark. Chronik,
Annalen von Kottbus 4 ), ein vielfach von ihm citirtes Chronicon Straus-
bergense manuscriptum 6 ) u. a. — Unter seinen Schriften beziehen sich
drei auf die markische Geschichte. Zuerst verfasste er ein Werk unter
dem Titel Marchia, welches nie im Drucke erschienen und iiberhaupt nicht
erhalten ist. Wahrscheinlich ist es die Grundlage fur sein viel umfang-
reicheres Annalenwerk geworden und in dieses seinem wesentlichen Inhalte
nach mit aufgenommen, denn es wird haufig darin unter dem Titel Mar-
chia Autoris citirt. Die Annalen wurden im April 1596 abgeschlossen 6 )
*) Annal. March. Br. S. 341. a ) Ebend. S. 375. •) Joh. Levin Schlicht,
Horae subsecivae in schola Saldria II, 144. 4 ) Annal. S. 214. 8 ) Ebend.
S. 216, 377 u. a. a. 0, 8 ) Ebend. S. 435.
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Einleitung. 7
und erhielten noch wahrend des bis Ostern 1598 sich hinziehenden Druckes
Zusatze iiber die Ereignisse der Jahre 1596 bis 1598 *). Die Hauptarbeit
an diesem Werke hatte Angelus bereits vor dem Jahre 1593 vollbracht,
denn er veroffentlichte in diesem Jahre einen Auszug aus dem Manuscripte
der Annalen unter dem Titel Rerum Marchicarum Breviarium, welches
ebenfalls in annalistischer Form, aber in gedrangter Fassung die Haupt-
punkte der brandenburgischen Geschichte darbietet. — In diese beiden
Scbriften, die Annalen und das Breviarium, hat nun Angelus auch Wuster-
witz' Mark. Chronik aufgenommen und zwar in einer dem Umfange jeder
der beiden Schriften entsprechenden grofseren oder kiirzeren Form. In
den Annalen ist der Auszug aus der Mark. Chronik mit Notizen durch-
setzt, die anderen Quellen entnommen sind; aber Angelus hat die Angaben,
die er Wusterwitz verdankte, mit dem Namen dieses Autors oder mit der
Bemerkung Idem bezeichnet, so dass die einzelnen Theile der Mark. Chronik
leicht erkennbar sind und an einander gereiht eine fortlaufende Erzahlung
darstellen. Der Titel, den er dieser Quelle beilegt, ist: „Engelberti Wuster-
witzii clerici Brandenburgensis Bericht". Er benutzte das Werk zuerst
zum Jahre 1391 und zuletzt z. J. 1423, wahrend sein Correferent Peter
Hafftiz zwar auch vom Jahre 1391 an die Mark. Chronik ausschrieb, aber
auch zu den Jahren 1424 und 1425 einige Notizen gab, welche nach Form
und Inhalt der Darstellungsweise des Chronisten Wusterwitz entspreohen
und aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls dem Werke desselben ent-
nommen sind 2 ).
Peter Hafftiz, dem wir ebenfalls die Erhaltung der Mark. Chronik
verdanken, wurde in der Zeit von 1520 bis 1525 zu Juterbock geboren,
besuchte zuerst die Klosterschule zu Zinna bei Juterbock 3 ), dann die
Schule zu Pirna in Sachsen, studirte um 1547 in Frankfurt 4 ), erhielt
1549 eine Lehrstelle in Berlin, 1552 5 ) das Amt eines Baccalaureus an
der Marienschule und 1560, als der Rath zu Berlin jene Schule mit der
Nicolai-Pfarrschule vereinigte, das Amt eines Rectors an dieser Lehran-
stalt. Nach einigen Jahren jedoch trennte man die beiden Schulen wieder,
und Hafftiz blieb nun Rector der Nicolaischule bis 1574, in welchem Jahre
diese Lehranstalt in das Gymnasium zum grauen Kloster umgewandelt
wurde. Die Acten des Gymnasialarchivs zum grauen Kloster enthalten
eine fur Hafftiz wenig schmeichelhafte Schilderung der Zustande an der
unter seiner Leitung stehenden Nicolaischule und erweisen ferner, dass
man bei der Neugestaltung des Schulwesens weder seinen Rath nachsuchte,
noch seine Mitwirkung in Anspruch nahm. In Folge dessen schied er
*) Eine noch ungedruckte histor.-mystische Arbeit von Andreas Angelas, betitelt:
Angeli grtindlicher Bericht von Johann Hiltens Weifsagungen, (Strausberg, 1597) be-
findet sich in der Bibliothek des Magistrates zu Berlin, Handschriften Nr. 16. Angelus
bezeichnet Joh. Hilten als den Lehrer Luthers. 2 ) Das Nahere daruber enthalten
die Anmerk. z. d. Jahren 1424 u. 1425 am Schlusse dieser Schrift. 8 ) Riedel,
Cod. dipl. IV, 1, 102. 4 ) Ebend. S. 80. 5 ) Ebend. S. 113.
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g Einleitung.
aus 8einem bisherigen Amte, erhielt aber 1577 das Rectorat an der Petri-
schule zu Kolln an der Spree, dem er bis 1590 vorstand 1 ). Von dieser
Zeit an lebte er, wie er sich ausdriickt, „dienstlos", und die ihm gewahrte
Mufse veranlasste ihn dazu, sich als Chronograph Verdienste zu erwerben.
Schon in friiheren Jahren hatte er sich mit literarischen Arbeiten be-
schaftigt, bald nach 1571 eine Gedachtnissrede auf den in diesem Jahre
gestorbenen Kurfursten Joachim II., 1575 ein Buch de judicio extremo
und 1586 einen Tractat von dem Ursprunge des Adels verfasst. Auch
eine umschreibende Erlauterung eines Psalmes ist von ihm publicirt wor-
den 2 ). Die theologischen Schriften bekunden seine Neigung zum Morali-
siren, seine Sprache erinnert an den Kanzelton und bewegt sich gern in
biblischen Phrasen und Bildern, die zuweilen treffend gewahlt sind. Als
Theologe mag Hafftiz fiir seine Zeit nicht ohne Bedeutung gewesen sein.
Der Kurfurst Joachim II. zog ihn 1561 zu einer Disputation zwischen
evangelischen und katholischen Geistlichen herbei und fand an dem Buche
de judicio extremo ein solches Wohlgefallen, dass er ihn zur Uebertragung
desselben in das Deutsche veranlasste. — Um 1595 endlich verfasste
Hafftiz sein historisches Hauptwerk, das Microchronologicon oder Micro-
chronicon 8 ), eine Compilation, welche leider erweist, dass es dem Autor
an aller Befahigung zum Chronographen fehlte, denn er besafs weder reale
Geschichtskenntnisse noch gesundes Urtheil und Sinn fiir Genauigkeit bei
seinen historischen Angaben. Den Mangel an diesen Erfordernissen suchte
er durch moralisirende Reflexionen und Anecdotenjagerei zu ersetzen. Sein
Werk ist beinahe 300 Jahre hindurch nur handschriftlich erhalten worden,
bis Riedel es zum ersten Male vollstandig in seinem Cod. dipl. Brand,
abdrucken liefs 4 ). Um so zahlreicher sind dafiir die Exemplare von Hand-
schriften vorhanden, fiir deren Vervielfaltigung und Verbreitung noch Hafftiz
selbst sorgte, indem er sein Werk immer von neuem abschrieb, und die
Manuscripte, mit besonderen Vorreden versehen, theils an fiirstliche oder
adliche Gonner, theils an die Magistrate der markischen Stadte verschenkte
oder auch verkaufte 5 ). Den Vorreden nach empfingen Exemplare des
Microchr. der Kurfurst Joachim Friedrich von Brandenburg, die brandenb.
*) In der Chronik der Kollner Rathsschreiber (Schriften des Vereins f. d. Gesch.
Berlins S. 11) heifst es: 1577 den 12. April ist Magister Petrus Hafftitius — allhier
zu CClln pro Rectore solemniter introduciret. In Berlin hatte er bis 1574 25 Jahre
hindurch gewirkt (vergl. seinen Brief an Leonh. Thurneifser bei Mohsen, Beitrage
S. 11). In der Vorrede zu s. Microchr. redet er von einer 38jahrigen Lehrthatigkeit
uberhaupt; folglich hatte er das Rectorat in Kolln von 1577 bis 1590 inne. ^Er-
halten unter den altesten Programmschriften des Gymnasiums zum grauen Kloster.
8 ) Einige Handschriften des Werkes fuhren diesen, andere jenen Titel, ohne dass da-
durch eine Verschiedenheit des Inhaltes bedingt ware. 4 ) Biedel IV, 1, 46
u. fg. 6 ) Diese Beschaftigung hat Hafftiz bis zu seinem 1601 oder 1602 erfolgten
Tode fortgesetzt. Das letzte Datum, welches das Microchr. bietet, ist der 9. October
1601. Es findet sich in der Handschr. des Microchr., welche die Breslauer Univer-
sitats-Biblioth. besitzt. Vergl. Riedel a. a. O. S. 150.
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Einleitung. 9
Prinzen Christian Wilhelm und Johann Sigismund, der Graf Casimir von
Lynar, der Leipziger Patricier Peter Zeidler, die Rathsherren von Templin,
Spandau u. a. Communen. Unter Riicksichtnahme auf den Rang und die
Wiirde des Empfangers fertigte er kiirzere oder umfassendere Exemplare
des Microchr. an, so dass es Handschriften des Werkes giebt, welche mit
dem Jahre 1411, und andere, welche mit 1391 beginnen, wenn man von
den vorangeschickten summarischen Ruckblicken auf die Anfange der Mark
Brandenburg absieht. Die Kiirzungen treffen, wie man sieht, gerade Wuster-
witz' Mark. Chronik und zwar denjenigen Abschnitt derselben, welcher die
anarchischen Zustande in der Mark unter der Herrschaft des Markgrafen
Jobst von Mahren behandelte, so dass die mit 1411 beginnenden Hand-
schriften von ungleich geringerem Werthe sind als die mit 1391 an-
hebenden.
Fragen wir nun nach der Beschaffenheit und Bedeutung des Microchr.,
so muss vor allem eine Thatsache hervorgehoben werden, welche nicht
blofs auf die Art der (Seschichtsschreibung, sondern auch auf den Charakter
des Chronisten Hafftiz ein seltsames Licht wirft. Bei der Untersuchung
der fur das Microchr. benutzten Quellenschriften hat sich namlich ergeben,
dass dieses Werk der Hauptsache nach nur aus Wusterwitz' Mark. Chronik
fur die Jahre 1391 bis 1425 und aus dem 1593 gedruckten Breviarium
von Andreas Angelus besteht, welches Buch Hafftiz fur die Zeit von 1426
bis 1592 mit geringen Modificationen der Form und des Inhaltes abge-
schrieben und hin und wieder mit Zusatzen vermehrt hat 1 ). Grofse Par-
tien des Microchr. sind mit den entsprechenden Zeitabschnitten des Bre-
viarium wortlich gleichlautend und wiederholen sogar die in letzterem
befindlichen Hinweise auf die Quellenschriften, denen Angelus seine Notizen
entnahm; andere Stellen mit scheinbaren Abweichungen von Angelus er-
weisen sich als missverstandliche Um- und Ausdeutungen der Worte des
Breviarium; die erweiternden Zusatze endlich gehoren einigen wenigen
Schriften, wie der Europa des Aeneas Sylvius, der Tradition oder der
eigenen Erfahrung des Hafftiz an, beruhen aber nirgends auf eingehenden
geschichtlichen Studien und quellenmafsigen Forschungen. Hafftiz war,
wie es scheint, nur zum Abschreiben historischer Werke geeignet, ein
Umstand, auf den hier besonders zu verweisen ist, da man an mehreren
Stellen des Microchr. iiber den Zeitraum von 1391 bis 1425 bei ihm
umfassendere Nachrichten als bei Angelus findet und dieselben entweder
auf correcte Forschungen des Hafftiz oder eine grofsere Ausnutzung der
Mark. Chronik zuriickfiihren muss.
Die handschriftliche Reproduction des gedruckten Breviarium wird
man als ein von Hafftiz begangenes Plagiat betrachten diirfen, zumal da
derselbe das Microchr. unzweideutig fur sein geistiges Eigenthum erklarte
*) Vergl. daruber den Aufsatz: Zur Kritik des Microchron. von Peter Hafftiz
im XVIII. Bande der Forschung. z. deutsch. Gesch., S. 392 u. fg.
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10 Einleitung.
und in einzelnen Vorreden von seinen Leistungen als Geschichtsschreiber
mit vollem Munde redet 1 ). Sogar der nicht gewohnliche Titel seines
Werkes Microchr. scheint ntir eine Umwandlung des Namens Breviarium
in das Griechische zu sein und damit ebenso wie der Inhalt des Buches
auf Entlehnung zu beruhen. Vielleicht wird nun auch der Umstand be-
greiflicher, dass Hafftiz ungeachtet seiner zahlreichen Gonner nicht fiir
eine Publication des Microchr. durch den Druck Sorge getragen hat, denn
dieselbe hatte in kurzer Frist die Erkennung der von ihm abgeschriebenen
Quelle herbeifuhren miissen. — Den Rang einer brandenburgischen Ge-
schichtsquelle darf das ganze Microchr. fortan nicht mehr in Anspruch
nehmen, denn es besitzt nur theilweise den Werth einer selbstandigen
Arbeit oder der unmittelbaren Wiedergabe einer originalen Quellenschrift.
Das letztere ist der Fall in dem Abschnitte iiber die Jahre 1391 bis
1425, fiir welchen Hafftiz die Mark. Chronik entweder im Originate oder
in einer Abschrift vorlag, so dass er uns heute zu dem von Angelus ge-
lieferten Auszuge einen zweiten in selbstandiger FassUng mit abweichenden
Lesarten und mancherlei wesentlichen Erganzungen bietet. Bei Hafftiz ist
die Ausnutzung der Mark. Chronik sogar der Art, dass man ihm die Er-
haltung beinahe des ganzen Werkes oder wenigstens aller die branden-
burgischen Verhaltnisse betreffenden Nachrichten zuschreiben darf. Sein
Referat mit dem des Angelus zusammengestellt ermoglicht eine Controle
des einen durch den anderen und in Folge dessen die Wiedererkennung der
originalen Fassung der Mark. Chronik an vielen Stellen. — Bei der Her-
stellung der Ausgabe markischer Quellenschriften hatte es sich fiir Riedel
empfohlen, gerade auf diesen der Mark. Chronik entlehnten Abschnitt des
Microchron. das Hauptgewicht zu legen und zum Abdrucke eine Hand-
schrift zu wahlen, welche die Mark. Chronik in grofster Vollstandigkeit
enthielt. Riedel jedoch hat seinem Abdrucke eine Handschrift zu Grunde
gelegt, welche erst mit dem Jahre 1411 beginnt und iiber die Jahre von
1391 bis 1411 nur eine summarische Uebersicht giebt. Zu dieser Wahl
bestimmte ihn die Riicksicht, dass seine Handschrift 2 ) ein Autographum
des Hafftiz war und folglich einen authentischen Text zu liefern schien.
Dieser Vorzug wird jedoch reichlich durch den Ausfall der Nachrichten iiber
die Missregierung des Markgrafen Jobst in Brandenburg aufgewogen. Schon
aus diesem Grunde kann der Abdruck des Microchr. in Riedels Cod. dipl.
Br. nicht fiir geniigend erachtet werden. Fiir die Beurtheilung der im
*) In der Vorrede der Handschr. des Microchr. in der Kflnigl. Biblioth. z. Berl.
(Mnscr. fol. No. 24) bemerkt Hafftiz: „Wann dann mein Vater seliger, zu Berlin ge-
boren und erzogen, in der Marcke bei seinen Lebtagen viel gesehen, erfahren und
verzeichnet, ich auch in die 50 Jahre viel darin observirt, auch von m einen Dis-
cipeln, so hin und wieder — ansehnlichen Aemptern, auf dem Lande bey denen vom
Adel fiir praeceptoribus und Schreiber in Stadten, Flecken, Dorffern, Kirchen, Schulen,
Regimentern und anderen loblichen Aemptern — furstehen — allerhand glaub- und
denkwurdige nachrichtungen bekommen" u. s. w. 2 ) Jetzt im Besitze des K6U-
nischen Gymnasiums zu Berlin.
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Einleitung. 1 1
Microchr. iiberlieferten Mark. Chronik aber bietet er nicht den geringsten
Fingerzeig, geschweige denn einen kritischen Ausweis der echten Ueber-
lieferung des Wuisterwitz und der von Hafftiz herriihrenden Zuthaten. In
Riicksicht dessen ist hier der Yersuch gemacht worden, die Wiederher-
stellung jener wichtigen Quellenschrift dadurch anzubahnen, dass dem
Referate des Angelus der von Hafftiz iiberlieferte parallellaufeiide voll-
standige Auszug zur gegenseitigen Erganzung und Controle gegeniiber
gestellt wurde. Der Vergleich beider Referate ergiebt hinlanglich, dass
weder Angelus noch Hafftiz die Mark. Chronik ganz correct wiedergegeben
hat. Beide Chronographen mussten dieselbe aus der Sprache des 15. Jahr-
hunderts in die zu ihrer Zeit iibliche Redeweise iibertragen 1 ) und
einzelne Ausdriicke derselben sogar interpretiren, und dabei haben sie
sich Fliichtigkeiten und Irrthiimer zu Schulden kommen lassen, gliick-
licherweise nicht beide zugleich an denselben Stellen, so dass die Auf-
fassung des einen gewohnlich das Mittel bietet, den Irrthum des anderen
zu erkennen und zu berichtigen. Im Allgemeinen lasst sich das Verhalt-
niss beider zu ihrer Quelle dahin bestimmen, dass Angelus dieselbe im
Ganzen correcter als Hafftiz, dieser sie aber in weit umfassehderer Weise
ah jener uns iiberliefert hat. In dem Annalenwerke des Angelus bildet
der auf Wusterwitz. beruhende Bericht nur einen kleinen Bruchtheil des
Ganzen 2 ), in dem allerdings weniger umfangreichen Microchron. dagegen
den funften Theil des Werkes. Angelus ferner hat, wie schon bemerkt
*) Fur die Annahme Janickes (Stadtechron. VII, Einl. S. XXV), dass Wusterwitz
seine Chronik in niederdeutscher Sprache verfasst habe, ist ein Zeugniss nicht vor-
handen. Die Uebertragung eines niederdeutschen Werkes wurde aller Wahrschein-
lichkeit nach bei dem urtheilslosen Hafftiz viel zahlreichere Missverstandnisse erzeugt
haben, als so schon bei ihm nachweisbar sind. Auch die Abweichungen zwischen
8einem und Angelus' Referat mussten dann bedeutender hervortreten. Ich glaube
daher, dass die Mark. Chronik in dem Hochdeutsch geschrieben war, wie es urn 1400
in Brandenburg gesprochen wurde, und Angelus und Hafftiz im Wesentlichen nur die
Orthographie zu andern und einzelne Ausdriicke zu modificiren oder in die Sprache
des 16. Jahrhunderts zu iibertragen hatten. Das sprachliche Vernal tniss der Referate
zu dem Originate durfte vielleicht am deutlichsten ersichtbar werden, wenn man den
Wortlaut der Eidesformel, mit der die Brandenburger 1412 dem Burggrafen huldigten,
nach dem Brandenburger Stadtbuche und nach Angelus einander gegeniiber stellt.
Brand. Stadtbuch (Ried. II, 3, 195).
Wir hulden und sweren Herren Sigis-
munden und seinen erben, Marggraven zu
Brand., eine rechte erbhuldunge und hul-
den und sweren Herren Fridrichen und
seinen erben, Burggraven zu Nurenberg,
eine rechte huldunge zu seinen gelde
nach usswysunge seiner briffe getruwe
gewere und gehorsam zu sein ongeverde,
als uns gott helffe und die heiligen.
*) 23 von 453 Folioseiten.
Wusterwitz-Angelus.
Wir schweren und huldigen HerrnSigis-
mundo und seinen erben, Marggraffen zu
Brandenb., eine rechte erbhuldigung: Und
huldigen und schweren Herrn Friderichen
und seinen erben, Burggraffen zu Nurn-
berg, eine rechte huldigung zu seinem
gelde nach aufsweisung seiner brieffe,
getrewe, gewehre und gehorsam zu sein
ohn gefehrde, als uns Gott helffe und
die heyligen.
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12 Einleitung.
wurde, die Wusterwitz entlehnten Abschnitte durch Anfiihrung seines Ge-
wahrsmannes gekennzeichnet, Hafftiz dagegen des letzteren mit keiner
Silbe gedacht und ihn auch nicht als Chronisten genannt, als er zum
Jahre 1409 von ihm als einer handelnden Person zu erzahlen hatte. Er
hat im Grunde genommen die Mark. Chronik im Sinne eines Plagiators
fiir sich ausgenutzt. Wenn Angelus' Annalen nicht vorhanden waren, so
wiirde man von Wusterwitz kaum mehr als den Namen wissen und seine
Verdienste als Historiker Hafftiz zuschreiben. — Endlich ist hervorzuheben,
dass Hafftiz die Wiedererkennung des Originales durch die Zugabe fremder,
grofsteutheils dem Breviarium entlehnter Nachrichten, sowie durch die
Einflechtung eigener subjectiver Reflexionen erschwert hat. Diese Zusatze
sind in dem folgenden Abdruck seines Referates durch kleineren . Druck
kenntlich gemacht worden, wahrend durch gesperrten Druck abweichende
Lesarten und bemerkenswerthe Erganzungeu hervorgehoben werden.
Fiir den Abdruck des von Angelus iiberlieferten Referates sind, da
eine handschriftliche Ueberlieferung fehlt, die Annales March. Brand.
(Frankfurt a. 0. bei Joh. Hartmann 1598 erschienen) S. 169 bis 205 zu
Grunde gelegt. Die Arbeit erforderte nur eine Zusammenstellung der mit dem
Namen Wusterwitz oder einem Idem bezeichneten Stiicke, die Beseitigung
einer Anzahl sinnentstellender Irrthiimer und die kritische Priifung von
ein paar Stellen, welche auch ohne die Bezeichnung mit dem Namen des
Chronisten zu fiihren dennoch der Mark. Chronik entnommen zu sein
scheinen. Hinsichtlich des anderen Referates war eine zwiefache Aufgabe
zu losen; zunachst handelte es sich um die Feststellung eines vollstandigen
und richtigen Textes des Microchron. zu dem Zeitraume von 1391 bis
1425 auf Grand der Handschriffcen und sodann um die Absonderung der
von Hafftiz herruhrenden Zusatze.
Die Texteskritik des Microchron. erforderte vor allem die Vergleichung
einer moglichst umfassenden Anzahl von Handschriften. Dieselben sind
wohl an keinem Orte so zahlreich vorhanden wie in Berlin, denn die
Konigl. Bibliothek besitzt deren neun 1 ) und die Magistratsbibliothek drei
Exemplare 2 ). Ausser diesen sind von mir noch verglichen worden drei
Handschriften aus dem Nachlasse Friedrich Nicolai's, jetzt im Besitze der
Erben Gustav Parthey's, eine Handschrift im Privatbesitze des Professors
Dr. W. Hartmann in Berlin und endlich eine im Folgenden mit A be-
zeichnete, dem Berlinischen Gymnasium zum grauen Kloster gehorige Hand-
s ) Es sind Manuscr. in folio No. 23, 24, 28, 461, 475 u. 639, in qu. No. 24, 186,
187. Von diesen ist No. 187 ein Autographum des Hafftiz, welches mit dem von
Riedel benutzten abereinstimmt. Seine . Angaben reichen bis zu der „Woche nach
Bartholomai" 1600. Die Vorrede nennt das Datum des 1. November, aber keine
Jahreszahl. Das Datum ist mit anderer Tinte geschrieben als die Vorrede und
scheint nachtraglich beigefttgt zu sein. Die ubrigen Handschriften sind Copien. Un-
gewdhnlich fehlerhaft ist No. 639; Schloss Milow bei Rathenow heifst hier: Mietau;
Schloss Beuthen: PI u tow. Auch die Mehrzahl der Personennamen ist incorrect an-
gegeben. 2 ) Handschriften No. 4, 5 und 16.
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Einleitung. 13
schrift, auf deren Werth und Bedeutung ich sqhon in den Forschungen
z. deutsch. Gesch. XVII, S. 533 hingewiesen hatte. Die Mehrzahl aller
dieser Handschriften beginnt erst mit dem Jahre 1411 und war somit
zur Texteskritik nur des letzten Theiles der Mark. Chronik verwendbar.
Die vollstandigen, mit 1391 beginnenden Handschriften, welche fur den
Zweck dieser Arbeit besonders in Betracht kamen, waren folgenda sechs:
die Handschrift der Konigl. Bibliothek in fol. No. 475, der Magistrate
bibliothek No. 5, aus Nicolafs Nachlass No. 25 und 286, die Handschrift
des Professors Hartmann und die des Berlinischen Gymnasiums. Dieselben
stimmen sammtlich bis auf wenige, besonders die Namen betreflfende Ab-
weichungen iiberein. Unter ihnen hat jedoch die im Folgenden mit B
bezeichnete Handschrift der Konigl. Bibliothek No. 475 noch einen beson-
deren Vorzug, denn in ihrem Eingange bemerkt der Abschreiber oder
friihere Besitzer, dass er viele Handschriften des Microchron. verglichen
und nach ihnen sein Exemplar berichtigt habe. Diese Bemerkung ist in
der That bei ihm keine blofse Redensart, denn er hat die in anderen
Handschriften vorkommenden abweichenden Lesarten, namentlich die der
Namenschreibung fleifsig zusammengetragen und in seinem Exemplar an
der betreffenden Stelle iiber oder* unter der Linie angemerkt. Wenngleich
viele dieser Varianten sich nur als orthographische Abweichungen dar-
stellen, so sind doch auch mehrere darunter von bedeutsamen Werthe 1 ).
Ungeachtet der Menge von Correcturen findet sich jedoclf nirgends eine
Andeutung, dass dem Abschreiber Handschriften vorgelegen haben, die an
Inhalt noch reichhaltiger sind als A und die iibrigen vollstandigen Hand-
schriften, so dass also A und B im Wesentlichen den gesammten von
Hafftiz der Mark. Chronik entlehnten Stoff darbieten. ^
Die von demselben als fremde Bestandtheile noch abzilsondernden
Stiicke sind entweder Stellen des Breviarium 2 ) oder Betrachtungen und
Urtheile des Hafftiz. Jene lassen sich mit Hiilfe des Breviarium zweifellos
• i
*) Hervorzuheben sind folgende : In A und anderen Handschriften heifst (z. Jahre
1410) ein Rottmeister Dietrichs von Quitzow Lindenau, nach einer Urk. bei Fidicin,
Beitr. II, 99: Lubenowe (Lubenau); B giebt beide Lesarten durch die Zusammen-
stellung: Linde | Lubenau. — In A wird der Brandenburger Domprobst um 1400 Henzo
von Burgsdorf genannt, in der Urk. bei Riedel I, 11, 234: H. v. Gersdorf; in B
steht der richtige Name neben dem falschen. Ein Ort Loburden, den A erwahnt,
ist gar nicht vorhanden. Ich vermuthete (Forschungen XVII, S. 545), dass Loburg
bei Zerbst gemeint sei, und so findet sich der Name auch in B geschrieben. Indessen
bedarf auch B an mehreren Stellen der Correctur. In B heifst ein Berliner Burger
Nicolaus Wiese, der bei Angelus richtig N. Wynfs genannt wird. In B ist ferner
der richtige Name des Klosters Marienborn, in welchem Dietrich v. Quitz. begraben
wurde, in Marienburg durch Correctur verandert, einmal der Ort Wrietzen statt
Brietzen gesetzt u. dergl. 2 ) In Folge der Benutzung des Breviar. durch Hafftiz
stellte sich eine grofse Aehnlichkeit zwischen dem Inhalte des Microchr. und Angelus*
Annalen heraus. Da das Microchr. um 1595, die Annalen aber erst 1598 erschienen,
so schloss Klflden (Quitzows II, 18, Anmerk. 1), dem jene Verwendung des schon 1593
gedruckten Breviar. nicht bekannt war, dass Angelus seine Nachrichten dem Werke
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14 Einleitung.
feststellen, diese verrathen sich durch den Ton der Wehklage iiber Jobst
und die Quitzow's oder einen moralisirenden Inhalt. Indessen scheint
auch Wustorwitz selbst, wie aus Angelus' Referat hervorgeht, zuweilen in
den Ton der Klage verfallen zu sein, pid daher wird es bei manchen
Lamentationen zweifelhaft bleiben, ob sie von dem.Chronisten selbst oder
seinem Referenten herriihren.
Den beiden Ausziigen zufolge hat Wusterwitz, zu welchem wir uns
wieder zuriickwenden, seine Aufzeichnungen mit dem Jahre 1391, nicht,
wie die herkommliche Ansficht lautet, mit dem Jahre 1388 begonnen.
Die einleitenden Bemerkungen iiber die Verpfandung der Mark Branden-
burg an Jobst von Mahren im Jahre 1388, mit denen Angelus und Hafftiz
ihre Referate beginnen, sind in der vorliegenden Form nicht der Mark.
Chronik entnommen, sondern von Angelus verfasst, aus seinen Annalen in
das Breviarium ubertragen und aus diesem von Hafftiz beinahe wortlich
abgeschrieben, ein Beweis, dass beide Referenten den von Wusterwitz ver-
fassten Anfang der Mark. Chronik fur den Zweck ihrer eigenen chronistischen
Aufzeichnungen zu verwerthen nicht im Stande waren. Auch Uber die
Jahre kurz vor 1391 hatte Wusterwitz keinerlei Nachrichten hinterlassen,
denn Angelus schildert die ersten Kampfe zwischen der Mark Brandenburg
und dem Erzbischof Albert von Magdeburg urn den Besitz des Schlosses
Milow an der Havel, das Vorspiel der Ereignisse des Jahres 1391, unter
Berufung auf eine alte Sachsenchronik und eine Querfurter Chronik 1 );
ferner zum Jahre 1389 einen Kampf des Markgrafen Jobst mit Braun-
schweig-Liineburg nach Krantz' Saxonia und Bunting 2 ) und bemerkt erst
in der von ihm verfassten Einleitung zu der Mark. Chronik, dass er her-
nach Mittheilungen aus Wusterwitz' Chronik iiber die markischen Verhalt-
nisse bringen werde.
Die Grundlage dieses Werkes scheinen tagebuchartige Aufzeichnungen
des Verfassers gebildet zu haben, welche in spaterer Zeit eine Bearbeitung
erfuhren; denn obgleich dasselbe annalenformig angelegt ist, so registrirt
es doch nicht einfach die Ereignisse jedes Jahres, sondern nimmt in
friiheren Jahren schon Rucksicht auf die spateren, wie denn schon zum
Jahre 1400, in welchem die Quitzow's in die Mittelmark eingefuhrt .wurden,
die iiblen Folgen dieser Thatsache vorweg angedeutet sind 3 ). Unverkennbar
des Hafftiz entlehnt habe, eine Ansicht, die das gerade Gegentheil des wirklichen
Sachverhaltes darstellt.
') Annales S. 168. a ) Ebend. S. 170. •) Zum Jahre 1399 bemerkt Wust.
bei der fichilderung von Raubereien, welche damals von den Magdeburgern in der
Mark verubt worden waren, unter Hinweis auf die Zukunft, dass die Rauber „gleiche
Gerichteund Wiedergelt" erfahren wiirden„wie hernachwird vermeldetwerden".
In einem Berichte uber den deutsch. Orden z. J. 1410, den freilich Hafftiz allein,
nicht auch Angelus tiberliefert hat, scheint sogar eine unmittelbare Aufnahme von
Tagebuchnachrichten durchzublicken. Wusterwitz gedenkt namlich der Schlacht bei
Tannenberg (1410) und der darauf folgenden Belagerung des Schlosses Marienburg
durch die Polen mit den Worten, dass die„Creutzherren (das Schloss) noch inne
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Einleitung. 15
hatte Wusterwitz einen hoheren Z^eck bei seiner Arbeit im Auge als den,
nur chronistisches Material zu hinterlassen. Es kam ihm darauf an, das
was er selbst erlebt und gesehen hatte, die Ueberhebung und den Sturz
der Quitzow's, das bedeutungsvollste Ereigniss seiner Tage, in einem ab-
gerundeten Geschichtsgemalde zur Warnung fur die einen und zum Troste
fur die anderen zur Anschauung zu bringen. Diesem Plane gemafs begann
er seine Erzahlung mit einer kurzen Vorgeschichte uber die Jahre 1391
bis 1400, welche die Thaten des markischen Statthalters Lippold von
Bredow, seine Kampfe mit Magdeburg urn Milow, seine Gefangennahme
durch den Erzbischof, die Verwiistung der Stadt Rathenow durch die
Magdeburger, die Losung Lippolds von der „Bestrickung" und endlich die
Fehden der Marker mit den Magdeburgischen Stiftsvassallen umfasste. Die
Erzahlung ubergeht dabei eine gauze Reihe wichtiger Ereignisse, wie die
Mitregentschaft des Markgrafen Wilhelm von Meifsen-Thiiringen, welchem
Jobst 1393 fur ein Darlehen die Mark Brandenburg zum Unterpfande ge-
geben hatte, ferner das Verhaltniss der Mark zu den Herzogen von
Mecklenburg-Stargard u. a. m. Im Jahre 1400 fuhrte Lippold die Quitzow's
in die Mittelmark ein, indem er Johann v. Q. seine Tochter Agnes zur
Frau gab und ihm die Burg Plaue bei Brandenburg als Mitgift abtrat.
Von dieser Zeit an wird die Chronik reichhaltiger und die Darstellung
eingehender und lebendiger. Lippold von Bredow tritt von dem Schau-
platze zuriick, und an seiner Stelle erscheinen die thatkraftigen Gestalten
Dietrichs und Johanns von Quitzow, anfangs von den Markern mit Freuden
begriifst, bald aber gehasst und gefiirchtet als die schlimmsten Tyrannen
des Landes. Gliicklich in ihrem Streben nach Besitz, Reichthum und
Macht werden sie die Fiihrer einer Adelsverbindung, welche die ersten
Familien der Mark, die Putlitze, Rochow's, Holzendorfe u. a. umfasste,
und zugleich der Schrecken der Stadte und Dorfer, der benachbarten
Fiirsten und der von Jobst eingesetzten markischen Statthalter. Letztere
vermogen dem Unwesen des Faustrechtes nicht zu steuern und scheiden
enttauscht einer nach dem anderen aus dem schwierigen Amte. Als der
letzte von ihnen erscheint 1412 der Burggraf Friedrich von Niirnberg, ein
Fiirst von reicher politischer Erfahrung, und diesem endlich gelingt es
im Bunde mit den markischen Stadten und mehreren Reichsfursten, die
Burgen und den Uebermuth der Quitzow's zu brechen. Johann von Quitzow
wird 1414 als Gefangener des Erzbischofs von Magdeburg nach Calbe
abgefuhrt, sein Bruder Dietrich fliichtet in das Ausland und stirbt als
Geachteter zu Herbeck bei Helmstadt.
haben, wiewohl der Konig dasselbe hart belagert und treff lichen Schaden gethan
hat". Jenes „noch" deutet darauf hin, dass die Stelle niedergeschrieben wurde, als
das Schicksal des Ordens trotz der gliicklich bestandenen Belagerung der Marienburg
noch ein sehr schwankendes und unsicheres war. Der Friede zu Thorn im J. 1411
liefs das Ordensgebiet bis auf einen klcinen Verlust im Osten unversehrt.
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16 Einleitung
In diesem Abschnitte der Chronik bilden die Schicksale der Quitzow's
den Mittelpunkt der Darstellung, und darans erklart es sich, dass so
manche Begebenheiten der Zeit nur nebenbei beriihrt und viele andere
mit Stillschweigen iibergangen sind. Unter den letzteren diirfte am auf-
falligsten sein, dass Wusterwitz, wie aus dem Schweigen des Angelus und
des mittheilsameren Hafiftiz geschlossen werden muss, mit keiner Silbe der
in dem Chron. Magdeb. 1 ) erwahnten Thatsache gedenkt, dass am 4. De-
cember 1407 der brandenburgische Bischof Henning von Bredow von den
Magdeburgischen Stiftsvassallen Johann von Treskow und Wiprecht von
Barby gefangen genommen und langere Zeit im Gewahrsam gebalten
wurde. — Mit dem Sturze der Quitzow's war die Aufgabe, welche Wuster-
witz sich gestellt hatte, gelost, und man kannsagen, dass seine Chronik
mit der Darstellung jenes Ereignisses in der That abschliefst, wenn auch
nicht endigt, denn sie bietet auch noch zu den spateren Jahren, bis 1423
nach Angelus. und bis 1425 nach Hafiftiz, Mittheilungen iiber vereinzelte
Vorg&nge in der Mark dar, namentlich iiber die von dem Kurfiirsten
Friedrich mit Pommern und Mecklenburg gefiihrten Kriege und iiber die
in der •kurfurstlichen Familie vorgekommenen Geburten und Heirathen.
Die ersteren sind jedoch so allgemein gehalten, dass Angelus sich veran-
lasst sah, bei der Ausarbeitung seiner Annalen fur den Zeitraum von
1417 bis 1425 neben Wusterwitz auch noch andere, ausgiebigere Quellen,
wie Albert Krantz, der den Lubecker Chronisten Detmar und Rufus folgt,
und pommersche Autoren, zu Rathe zu ziehen. — Die letzten Mittheilungen,
welche Angelus und Hafiftiz der Mark. Chronik entlehnten, beziehen sich
nicht, wie man erwarten diirfte, auf den regierenden Kurfiirsten Friedrich I.,
sondern auf dessen altesten Sohn, den Markgrafen Johann. Wusterwitz be-
richtet, dass letzterem 1423 eine Tochter und 1424 ein Sohn geboren wurde
und dass johann 1425 die von den pommerschen Herzogen eroberte Stadt
Prenzlau in der Ukermark wieder eingenommen habe» Dass der Chronist
seine Aufinerksamkeit von dem von ihm hochverehrten Kurfiirsten ab- und
dem Sohne desselben zuwendete, kann nicht ohne Grund geschehen sein.
Es liegt nahe, daran zu erinnern, dass Friedrich I. am 13. Januar 1426
zu Rathenow seinem Sohne Johann die Regierung iiber die Mark Branden-
burg iibertrug und bald darauf fur immer von diesem Lande schied.
Wusterwitz musste also in Johann den zukiinftigen Landesfursten erblicken
und fur dessen Person und Familie Interesse gewinnen. Das Ende der
Mark. Chronik fallt zeitlich mit der Abreise des Kurfiirsten Friedrich aus
der Mark nach Franken zusammen, jedoch scheint Wusterwitz jene Ab-
reise selbst in seiner Chronik nicht erwahnt zu haben, denn Angelus ge-
denkt derselben in seinen Annalen und in seinem Breviarium, welchem
letzteren Hafiftiz folgt, unter Berufung nicht auf die Mark. Chronik, sondern
auf sein eigenes erstes Werk, die Marchia.
J ) Meibom: Script, rer. Germ. II, 352.
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Einleitung. 1 1
Die Bearbeitung der Mark. Chronik wird demnach in die Zeit von
1426 bis 1433 zu setzen sein, in die letzten Lcbensjahre des Verfassers.
In dem letzten Theile des Werkes wird man kauni mehr sehen diirfen als
tagebuchartige Notizen ohne inneren Zusamnaenhang. Ob dieselben als
eine Zugabe zu der bis 1417 reichenden eigentlichen Chronik oder als
die Grundlage fiir eine vollstandigere, von Wusterwitz nicht mehr ausge-
fiihrte Bearbeitung zu betrachten seien, das ist nicht zu entscheiden. Wie
das Ende der Chronik, so berechtigt auch der Haupttheil derselben zu
einigem Zweifel, ab das ganze Werk iiberhaupt einen formalen Abscliluss
erfahren habe. Einen solchen Zweifel legt die Art und Weise nahe, in
der Hafftiz stellenweise seine Quelle ausgeschrieben hat. Indem er nam-
lich zum Jahre 1409 eines langwierigen Processes gedenkt, welchen branden-
burgische Burger mit Caspar Gans zu Putlitz um den Besitz des Pretziner
Sees bei Havelberg fuhrten, schliefst er seinen Bericht mit den Worten:
„Wie aber die Sache geendet, wird man darnach erfahren". Ferner be-
merkt er hinsichtlich des 1414 in Gefangenschaft gerathenen Johann von
Quitzow: „Wie es ihm aber weiter ergangen, wird hernachmals gemeldet
werden". Trotz dieser Ankiindigung weiterer Berichte erfahren wir jedoch
iiber den Process und iiber die spateren Schicksale Johanns v. Q. keine
Silbe mehr aus Wusterwitz' Chronik > weder bei Hafftiz noch bei Angelus,
welcher letztere aber auch keineswegs fernere Nachrichtert zu geben ver-
heifst. Sollte nun Hafftiz gerade das in seiner Quelle iibersehen haben,
was er berichten zu wollen angekiindigt hatte? Er miisste dann ein Mann
von ungewohnlicher Schwache des Gedachtnisses gewesen sein. Ich glaube
vielmehr, dass er die obigen Worte in der Mark. Chronik vorgefunden
und nachgeschrieben hat, dass also Wusterwitz selbst willens gewesen, iiber
den Process und Johann von Quitzow in den spateren Abschnitten seines
Werkes mehr zu berichten, dazu aber nicht gekommen ist. Eine Kopf-
losigkeit bleibt Hafftiz' Verfahren auch bei dieser Annahme, aber sie wird
orklarlich bei einem Autor, der seine Quelle auch sonst blindlings abschrieb
und noch im Jahre 1595 melden konnte, was Wusterwitz oder ein anderer
Chronist fur seine Zeit berichtet hatte, dass der deutsche Ritterorden das
Schloss Marienburg noch inne habe!
Fragen wir schliefeKch nach dem historischen Werthe der Mark.
Chronik, so liegt derselbe vor allem darin, dass die Schilderung von Per-
sonen und Zustanden, welche sie darbietet, auf der unmittelbaren An-
schauung und der eigenen Erfahrung des kenntnissreichen Verfassers beruht.
In dieser Hinsicht iiberragt das Werk sammtliche geschichtliche Quellen-
schriften der Mark Brandenburg bis zum 17. Jahrhundert herab. Un-
mittelbar versetzt es uns durch treffliche Zeichnung in eine Zeit der
Drangsale in der Mark, wie sie schlimmer kaum ein anderes deutsches
Gebiet erfahren hat. Eine auf den Besitz machtiger Burgen sich stiitzende
Adelscoterie frondirte gegen einen Landesfiirsten von zweifelhaftem moralischen
Werthe und schlaffem Charakter, schadigte durch willkiirlich unternommene
2
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18 Einleitung.
Kampfe und durch Rauberei und Brandstiftung die Dorfor und die Stadte
und nothigte den Bauer und den Burger zur Selbsthiilfe, 89 dass ein Krieg
aller gegen alle entbrannte, in welchem das Land sich selbst verzehrte.
Im Hinblick auf solche Zustande musste eine Zeitgeschichte, von einem
Manne mit lebhaftem Rechtsgefuhle geschrieben, eine Anklage gegen den
energielosen Regenten werden, der dem Ungliicke des Landes nicht zu
steuern vermochte, und gegen den Adel, welcher in dem Fehdelebeu die
einzige Aufgabe seines Daseins zu finden schien. Merkwiirdigerweise aber
hat man gerade wegeu einer solchen Beurtheilung des Adels in neuerer
Zeit gegen Wusterwitz den Vorwurf der Parteilichkeit erhoben und seine
Chronik eine „triibe und parteiische Quelle" genannt. Es war G. W. von
Raumer, der sich berufen fiihlte, in einem besonderen Excurse seines Cod.
dipl. Brand. 1 ) einer Darstellungsweise der Zeit der Quitzow's entgegen zu
treten, die „gleichsam versteinert und ohne alle Kritik aus einem Buche
in das andere ubergegangen ist". Er stellte ihr eine Vertheidigung der
Quitzow's und ihrer Genossen entgegen, indem er ausfuhrte, dass wie
uberall in Deutschland so auch in Brandenburg der Adel das Fehderecht
bcsessen habe, d. h. das Recht der Selbsthiilfe unter Wahrung gewisser
Formalitaten als Nothwehr gegen Unrecht oder bei Rechtsverweigerung.
So unbestreitbar diese Behauptung im Allgemeinen ist, ebenso unberechtigt
ist ihre Anwendung zur Widerlegung des verdammenden Urtheiles, welches
Wusterwitz iiber die Quitzow's und ihre Anhanger gefallt hat, denn diese
Edelleute vertheidigten in ihreu Fehden eben nicht berechtigte Interessen,
sondern trieben unter dem Scheine einer solchen Vertheidigung und oft
sogar ohne denselben Strafsenraub und Gewaltthat im criminellen Sinne
des Wortes. Die in der Mark. Chronik ihnen zur Last gelegten Uebel-
thaten sind so gravirender Natur, dass sie kaum der ergauzenden Bc-
statigung durch die Urkunden jener Zeit bediirften, um die Gruudlage zu
einem Verdammungsspruche iiber die Quitzow's zu bilden. Auch der Vor-
wurf der Nichtsnutzigkeit, den Wusterwitz gegen Jobst von Mahren er-
hoben hat, war durchaus berechtigt, denn das schlaffe Regiment dieses •
Fiirsten zeitigte wenn auch nicht das Fehdewesen selbst, so doch die
Entartung desselben in der Mark Brandenburg. Von einer parteiischen
Darstellung der Geschichte seiner Zeit durch Wusterwitz kann daher so
wenig die Rede sein, dass man sich vielmehr freuen darf, in einer Zeit
des geschwachten Rechtssinnes iiber die verkommenen Zustande ein zu-
treffendes Urtheil zu vernehmen.
Ein anderer Vorzug der Mark. Chronik beruht in der Correctheit
ihrer Ueberlieferung. Mit Ausnahme von einigen wenigen Angaben findet
die in ihr gegebene Schilderung der Thatsachen eine Bestatigung durch
das Urkundenmaterial jener Zeit, wie sie selbst andererseits die bruch-
8tiickartige Ueberlieferung in den Urkunden erlautern und zu einem
! ) I, 35 u. fg. Vergl. dazu Forsch. z. d. Gesch. XVII, 560.
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Einleitung. 19
Geschichtsbilde zusammenfassen hilft. Ihre Mittheilungeu erweisen sich
auch da als echt und stichhaltig, wo man sie aus berechtigten Bedenken
and mit achtbaren Griinden zu widorlegen sich versucht fiihlte *). In dieser
Hinsicht stent die Mark. Chronik ebenbtirtig neben den besten norddeutschen
Geschichtsquellen des 14. und 15. Jahrhunderts, neben Detmar, Rufus, der
Magdeburger Schoffenchronik u. a., mit denen sie auch, bei aller Selb-
standigkeit, der Form nach eine gewisse Aehnlichkeit besitzt.
Diese allgemeine Anerkennung ihres Werthes schliefet jedoch nicht
aus, dass hin und wieder im Einzelnen ihr Urtheil iiber Personen, wie
iiber Jobst von Mahren und die Quitzow's, zu herbe und ihre Begriindung
der Thatsachen unzulanglich ausgefallen ist 2 ). Die Mittheilung von Selbst-
erlebnissen des Autors, welche ihr zum besonderen Vorzuge gereicht, be-
dingte hinwiederum auch eine gewisse Einseitigkeit ihres Inhaltes, insofern
der Verfasser nur dasjenige hervorhob, was ihn besonders interessirte und
woriiber er personlich Erfahrungen eingesammelt hatte. Der Ausgangs-
punkt seiner Schilderungen ist und bleibt die Stadt Brandenburg, seine
Heimath und sein Wohnort, und seine Umschau erstreckt sich wenig iiber
die Grenzen des Havellandes hinaus. Schon die Berliner Verhaltnisse
liegen seinem Blicko ziemlich fern, und Vorgange in anderon markischen
Stadten, wie in Rathenow, Strausberg und Nauen, erwahnt er nur, inso-
weit sie mit der Geschichte Lippolds von Bredow und der Quitzow's in
Beziehung stehen. Sein Geschichtswerk halt daher ungefahr die Mitte
zwischen einer Stadt- und einer Provinzial- Chronik. Wie jede Quellen-
schrift bedarf auch sie im Einzelnen der Berichtigung und im Grofsen
der Erganzung durch andere Quellen. Jene ist Sache der historischen
Kritik und diese die Aufgabe der umfassenden geschichtlichen Darstellung
der brandenburgischen Verhaltnisse in der Zeit von 1391 bis 1425.
J ) Vergl. d. Anmerk. z. d. Jahren 1400 und 1408 und Forschungen z. d. Gesch.
XVII, S. 568 u. fg. *) Ebend. S. 563 u. fg.
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Engelbert Wusterwitz' Markische Chronik.
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Angelus.
Hafftiz.
23
nnai.Mir- Im tausend drey hundert acht und acht-
biae Braa- zigsten jahr hat marggraf Jodocus in Mahr-
enb.s.i69. land die Marck Brandenburg, die er von
1388. seinem vettern, konige Sigismundo in Un-
gern empfangen, eingenommen und die-
selbe angefangen aufszusaugen. 1 ) Denn
die gantze zeit uber, weil er diefs land
inn en gehabt, hat er nichts anders gethan,
denn das er eine schatzunge nach der
andern von den armen leuten genommen,
da er doch hette bedencken sollen, boni
pastoris esse tondere pecus, non deglubere,
wie Tiberius zu seinen hofleuten hat pfle-
gen zu sagen. Weil er aber selbest per-
sfinlich nicht hat kOnnen oder wollen hier
zu lande hof halten, hat er immerdar seine
stathalter darinn gehabt. Und sonderlich
hat er anfanglich darinn zum stathalter
verordnet herrn Lippolt von Bredaw rit-
ter a ), welcher eine lange zeit mit den
bischoffen zu Magdeburg, ftirnemlich aber
mit herrn Alberto von Querfurt, viel fahr-
licher feindtschafft gehabt, dass sie offt-
mal einander geschlagen haben, wie her-
nach aus Engelberti Wusterwitzii, Clerici
Brandenburgensis, bericht wird angezeiget
werden. 1 )
Alfs der durchlauchtigste hochgebohrne Microchron.
furst und herr, herr Sigismundus, mark- 1388.
graff zu Brandenburg, ein sohn Caroli IV.,
ist konig in Ungarn worden und am palm-
sonntage (wie Mechovius lib. IV. c. 49
schreibt '); andere aber sagen am h. pfingst-
tage) im 20. jahre seines Alters gekrdnt,
hat er seinen vettern Jodoco Barbato und
Procopio, Johannis Henrici, seines vaters
bruders sohnen, umb eine gewisse summa
geldes, so er zum ungerischen kriege, das-
selbe konigreich einzunehmen, darin sich
Carolus von Neapolis mit gewalt gesetzt
hatte, benotigt war, die Brand enburgische
Marck abgetreten und tibergeben und hat
markgraff Jodocus dieselbe zu regieren
angefangen a. Christi 1388 und verordnet Nach Ange-
zu einem general-obersten hauptmann der- lua 1 Brevi-
selben herrn Leopolt von Bredow ritter*), arium.
welcher eine lange zeit mit dem bischoff
zu Magdeburg, herren Alberto von Quir-
furth viel gefahrliche feindtschafft gehabt,
die auch lange zeit gewehret, in welcher
zu beyden theilen feindtlich genug gestrit-
ten, viel verwundet und allenthalben unter
den streitenden erschlagen und getddtet
worden. — ' Ehe wier aber zu diesen ge-
schichten kommen, ist dies sonderlich zu
mercken, dafs anno Christi 1389 ist in der
Marck Brand, das aureum seculum, die
guldene zeit, gewesen, dafs man ein schaf
hat gekaufft umb 4 witten, eine kuhe umb Breviarium.
3 schillinge (verstehe lubische schillinge,
deren ein jeder 12 marckische pfenninge
gegolten), 1 scheffel rogken 11 pfenninge,
1 tonne bier 4 schillinge, 1 mandel eyer
1 pfenning, 1 pfund butter 2 pfenninge,
und einem tagelOhner sind des tages samt
essen und trincken 3 heller zum tagelohn
gegeben.")
') Keiner der beiden Chronographen hat uns den Anfang der Mark. Chronik ttber-
liefert. Angelus giebt in seinen Annalen u. in s. Breviarium nur eigene Reflexionen
uber Jobst's Regierung, und Hafftiz hat seine Einleitung unter Benutzung von Angelus*
Breviarium S. 72 niedergeschrieben, mit dem sie beinahe wOrtlich ubereinstimmt und
die Berufung auf Mechovius oder Matthias von Miechow gemeinsam hat, den 1523
gestorbenen Verfasser einer Chronica Polonorum. Den Anfang der Mark. Chron. werden
wahrscheinlich autobiographische Notizen des Verfassers und eine Darlegung seines
schriftstellerischen Planes gebildet haben, die weder Angelus noch Hafftiz fur den Zweck
der eigenen chronistischen Arbeit verwenden kounte. a ) Lippolt von Bredow, bei
Hafftiz auch Leopolt und Lupolt genannt, gehorte einem altmark. Adelsgeschlechte an,
das im Havellande ansassig war. 1369 war er Marschall des Markgr. Otto v. Brandenb.
u. am 20. Dec. 1381 markgraflicher Voigt (Riedel: Cod. dipl. Brand. I, 20, 312). In den
Urk. vom 25. Febr. 1383 u. vom 14. Marz 1384 (Riedel a. a. 0. S. 316 u. 317) nennt
er sich Hauptmann der Mark Br. Jobst scheint ihn bei Uebernahme der Mark 1388
in dieser Wurde nicht bestatigt zu haben, den*er verbtindete sich am 28. Aug. 1390
(Riedel I, 10, 14) mit dem Erzbischofe Albert von Magdeburg (1383—1403), Lippold
das Sen 1 088 Plaue bei Brandenburg a. d. Havel zu entreifsen, in dessen Besitz dieser,
wir wissen nicht bei welcher Gelegenheit, gekommen war. Statthalter in der Mittel-
mark war 1391 der Bohme Pothan von Chastolowitz , und Jobst bemerkt in einem
Schreiben an die mark. Stande (Riedel II, 3, 114): wann wir euch doch keinen andern
Hauptmann ny (!) gesetzt hebben, denn den egenanten Pothan. Erst 1392 scheint Jobst
Lippold als Statthalter bestatigt zu haben. In dieser Wurde amtirte er im August 1392
nach Riedel I, 23, 131. 8 ) Diese Notiz hat Angelus in die Ann. aufgenommen
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24
Angelas.
Hafftiz.
1391. In diesem jahr hat herr Lippolt
von Bredaw, stathalter in der Chur
und Marck Brandenburg, viel vom
adel und biirgerschafft der Marck ge-
samlet in meinung, dass er das fleck-
lein Mylaw 2 ), bey Ratbenaw gelegen,
einnehmen, schleiffen und zerstoren
wolte. Hat demnach viel geschiitz
und gewapnete manner in kahnen und
andern schiffen iiber den Havelstrom
gebracbt und ist er selber personlich
niit dem reisigen zeuge zu lande da-
hin gezogen und hat gemeltes fleck-
lein Mylaw belagert. Da sie nun
angefangen zu sturmen, ist im ersten
geschos einer buchsen eine funcke
feuer ins fass, darin das kraut 3 ) (wie
es die kriegsleute nennen) oder das
biichsenpulververwaret gewesen, kom-
men, dass dasselbige angangen und
verbrand, also dass sie hernachmal in
raangelung des pulvers nicht mehr
habeu schiefsen konnen. Da nun sol-
ches graff Johans von Barby, der sich
. mit vielen adelfspersonen aus dem
ertzstifft Magdeburg auff dem schlosse
Jerichaw 4 ) enthalten, vermercket, dass
die Marcker durch solchen empfan-
genen schaden gehindert wiirden, ihre
furnemen zu volnbringen, hat er sich
Anno Christi 1391 des mittwochs 139., 4
in der meint ^-woche, als herr Lupolt
von Bredow versamlet hatte viel von
adel und burger der Marck Branden-
burg, hat er sich unterstanden zu
stiirmen und einzuraumen a ) ein stadt-
lein, Milow 2 ) genannt, bey Rathenow
gelegen; und also geriist mit kahnen
und andern schiffen iiber die Havel
buchsen und gewapnete manner zu
bringen; er aber ist selbst mit den
reisigen zu lande gezogen, und solch
stadtlein Milow belagert; da sie nun
angefangen zu stiirmen, ist im ersten
schuss einer biichse ein funcklein feuer
ins pulverfass gekommen, und so ver-
brandt, dass sie keinen stein mehr
aus den buchsen zu schiefsen ver-
mocht, dadurch graff Hanfs von Barby,
der sich mit vielen von adel der kir-
chenb) zu Magdeburg auf dem schlosse
Jericho 4 ) enthalten, bewogen, da er«)
vermercket, dass die Marcker also ver-
hindert, dass sie nicht konten voll-
bringen, wass sie angefangen und bey
sich beschlossen, hat sich mit den
a) einzunehmen? b) A der Kiichen, was nur ein Schroibfehler des Copisten sein kann.
c) A sie, mit Beziehung auf die Adlichen, aber gegen die Construction des Satzes.
unter Berufung auf Entzelts Mark. Chron. (1579), in seine zu Brandenburg 1587 ge-
haltene Oratio valedictoria (b. Kfister: Collectio opuscul. hist. March, illustr. II, 2, 232)
aber mit der Bemerkung: Annales Saxonici memorant. Sie stammt also nicht aus
Wust. Mark. Chron.
J ) Meintwoche far gem eine Woche, welche am Sonntage nach Michaelis, also
anfangs des October begann.
2 ) Milow, stidlich von Rathenow an der Westseite
der Havel gelegen und 1385 von dem Erzbischofe von Magdeburg befestigt (s. Magd.
Schoffenchron. ed. Janicke z. J. 1385), war ein militairisch wichtiger Uebergangs-
punkt von Magdeburg her in das Havelland geworden. ■) Kraut, niederrhein.
Kruyt, bezeichnete im 14. Jahrh. (nach Weigand, deutsch. Worterb. I, 860) wie heute
noch im Danischen Schiefspulver. Im 16. Jahrh. war „Kraut und Lot" noch
ein ublicher Ausdruck fur Pulver und Blei. 4 ) Jerichow, Stadt und Schloss, zu
Magdeburg gehdrig, am rechten Elbufer, sttdostl. von Tangermiinde.
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Angelas.
Hafftiz.
25
i39i. alfsbaldegestarcketa) und istzuihnen
eingefallen und hat den stathalter
Lippolt von Bredaw samt dreyen biir-
gern von Brandenburg, Fritzen von
Priitzke, Hansen Schultzen und Clau-
sen Neumann gefangen bekommen 1 )
und ihnenviel plage angeleget. Einer
aber mit nahmen Andreas Quibe c ),
so den stathalter gefangen bekommen,
hat ihn alfsbald dem ertzbiscfaoff von
Magdeburg, herrn Alberto von Quer-
furt, zugeschickt, und zur verehrunge
etliche bauerhofe im dorff Derben bey
der Elbe zu lehen vom ertzbischoffe
bekommen. Der von Bredaw aber
hat vier jar lang und etliche monat
in bestrickung sein musseta. Engel-
bertus Wusterwitzius.
1393. Anno Christi 1393, da hen* Die-
derich von der Schulenburg, bischoff
zu Brandenburg 2 ), inschwerer kranck-
heit gelegen, haben ihm die fursten
seinen gestarckta), ist zu ihnen ein- 1391.
gefallen und den hauptmann herrn Lip-
polden mit drey biirgern von Bran-
denburg, nemlich Fritze Priitzke,
Hanfs Schulten, Clawes Nieman und
vielen knechten mit vielerley ange-
legter plage gefangen. 1 ) Einer aber,
genannt Andreas Trube, der den
hauptmann Lippolden gefangen, hat
ihn herrn Alberto, dem bischoff zuMag-
deburg, iiberantwortet, dass er von
ihm sein gefangnisgelubde und sicher-
heit nahme, welches er auch also ge- '
than, und hat ihn der bischoff 4 jahr
lang auff sein gethan geliibnis in
der bestrickung behalten und Andreas
Triiben etliche Hofe zu seinem theil
im dorffe Derwen an der Elbe ge-
geben.
Anno Christi 1393 im letzten jahre 1393.
des lebens herrn Dieterichs von der
Schulenburg, bischoffs zu Branden-
burg 2 ), alfs er in schwerer kranck-
heit gelegen, haben die fursten zu
a) Sichstarken = animum corroborare oder confirmare, Muth fassen, sich entschliefsen ;
B hat die Umschreibung : so haben sie sich verstarcket. c) Riedel hat in seinem Abdrucke
der Ausziige des Angelus (Cod. d. IV, 1, 24) statt des Namens Qui be ebenfalls Trube setzen lassen.
*) Die Gefangennahme Lippolts und seiner Genossen erfolgte vor dem 22. October
1391, denn an diesem Tage verschrieb der Erzbischof Albert dem Ritter Ludolf von
Alvensleben fur seine Mitwirkung bei der Gefangennahme L.'s die Summe von
400 Schock bohm. Groschen und ttberliefs ihm als Unterpfand dafttr das Gut Neuen-
hof (Biedel I, 24, 389). Jene 400 Schock sollten spater aus dem von den Gefangenen
zu zahlenden Losegelde an Ludolf von Alvensl. entrichtet werden. Dieselbe Urk.
giebt auch eine vollstandigere Liste der zu Milow gefangenen Marker als Wusterwitz.
Sie nennt: Peter von Bredow, Claus Rybbeke, Claus Schere, Coppeke Wynter, Heinrich
Beyer, Fricke von Pentzeke, Albrecht Welle, Gottschalk Homsti, Heinrich Schlabern-
dorf, Nytze von der Dosse, Jacob Blumenthal, Claus Nyemann und Claus Prittzke.
Die letzteren beiden scheinen die vonWust. genannten Brandenburger zu sein, jedoch
ist die Differenz in dem Vornamen Prtitzkes nicht zu tibersehen. Der Name des
dritten Biirgers Hans Schulte fehlt in der Urk. des Erzbischofs. Der Kampf zwischen
Magdeburg und der Mark wahrte noch bis in die ersten Monate des Jahres 1392
fort. Am 3. Jan. 1392 nahm der Erzbischof noch mehrere Ritter in seinen Dienst gegen
die Mark (Riedel, Cod. dipl. Supplem.-Bnd. S. 47). Am 20. Febr. 1392 gelobte er,
sich einem Schiedsspruche des K6nigs Wenzel ftigen zu wollen (ebend. S. 48). Auf
Grund eines solchen scheint Lippold im Sommer 1392 die persdnliche Freiheit erlangt
zu haben, aber noch in der „Bestrickung" des Erzbischofs geblieben zu sein. a ) Er
war im Amte von 1365 bis zu seinem Tode am 27. April 1393.
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26
Angel us.
Hafftiz.
1393. von Anhalt wegen grofser feindschafffc,
die sie wider die marggraffen zu
Brandenburg eine lange zeit hero ge-
habt, grofsen unverwindlichen scha-
den im lande Zyeser *) zugefuget.
Aber er, der bischoff, hat die fiirsten
widerumb mit geistlicheni zwange ge-
drungeri, dass sie ihm solche erlittene
schaden genugsam haben erstatten
miissen. Eng. Wusterwitzius.
1394, 4. Oct. Folgendes jahres an S. Barbaren-
tag, in der nacht, haben ertzbischoff
Albrecht zu Magdeburg, fiirst Sigis-
mundus zu Anhalt und herr Johannes,
edler herr zu Querfurt, die stad Ra-
thenaw, weil sie vermercket, dass die
mauren durch dienachlassigen wechter
iibel verwaret und bewachet wurden,
unversehens, durch verratherey Jo-
hanes Trefskowen iiberfallen und
eingenoramen, darin denn von den
kriegfsgurgeln grofser ubermuht mit
verunehrung ehrlicher frauen und
jungfrauen und viel ander bofsheit,
so sie ungQstrafft geiibet, begangen
worden. Als nun der ertzbischoff die
stad eingenommen, haben ihm die
arme leute alfsbald huldigen und
schweren miissen, und hat der ertz-
bischoff dahin zum hauptmann ver-
ordnet Friederich von Alvenfsleben 3 ),
der die stad bifs infs ander jahr ein-
gehabt. Nach geschehener huldigung,
als die leute nun vermeinten sicher
zu sein, weil sie dem ertzbischoff die
huldigung geleistet, haben sie ihre
beweglichen giiter, die sie zuvor aus
furcht verstackt und verborgen ge-
Anhalt wegen der feindschafffc, so sie 1393.
mit dem markgraffen zu Brandenburg
gehabt, wieder Gott, recht und alle
billigkeit genanten herrn bischoff un-
iiberwindtlichen schaden im lande
Zigeser 1 ) gethan; jedoch sind die-
selben fiirsten zu Anhalt von ihm, alfs
viel er mochte und ionte, mit geist-
lichem zwange zur erstattunge des
schaden gedrungen und gezwungeu
worden.
Anno Christi 1394 an S. Barbaren 1394.4
tag in der nacht hat Albertus, bischoff
zu Magdeburg, samt herrn Sigismundo,
fiirsten zu Anhalt, seiner sch wester
sohn 2 ), und herrn Johann grafen
zu Querfurt, die stadt Rathenow
vermittelst unfleifses und iibelver-
wahrung der mauren von wachtern
(dass ich nicht sage durch verratherey
Johansen Treschkowen) ausgepucht
und eingenommen; da denn viel laster-
liche bofsheiten und iibelthaten durch
die knechte und soldaten im gantzen
stadtlein geiibt, alfs entehrung der
jungfrauen und ehelichen weiber; und
dergleichen viel mehr siinde und
schande ungestrafft begangen und ein
jeder nur nach seiner lust und willen
gethan hat, was ihm gefallen; er war
edel oder unedel, es ward ihm nichts
gesagt: warumb thustudisoderjenes?
und das doch wunderlich von dem
bischoffe zu sagen ist. Alfs er die
stadt einbekommen und die huldung
von den armen einwohnern genom-
men, und sie nun vermeinten, dass
sie mit ihren beweglichen giitern, so
sie zuvor hatten verheelet, sicher wiir-
*) Zigeser oder Zyeser ist das heutige Ziesar bei Brandenburg, frttber die
Residenz der brandenburgischen Bischdfe. 2 ) Die Richtigkeit dieser Angelus' Dar-
stellung erganzenden sachlichen Angabe bestatigt Kloden : Quitzows I, 341 nach Dressers
Sachs. Chron. S. 381. 3 ) Ueber Friedrich von Alvensleben, dessen Hafftiz an
dieser Stelle nicht gedenkt, vergl. Wohlbruck, Alvensleben I, 352.
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Angelus.
Hafftiz.
27
1394. halten, wider herfiir gesucht, und sich
nun wie andere ehrliche leute, wider-
umb haben ernehren wollen: da hat
fiirst Sigismundus von Anhalt im ab-
wesen des ertzbischoffs (welches doch
ohn seinen raht und willen nicht sol
geschehen sein), ein offentlich edict
und gebot lassen aufsgehen, dass ein
jeder burger und einwohner der stad
bei gethaner pflicht und eyden, so sie
dem ertzbischoff geleistet, mit ihren
waffen und wehren im freyen felde
dem ertzbischoff entgegen ziehen sol-
ten, weil er mit seinen reutern zu
Rathenaw ankommen wiirde, und zu
befurchten, es mochte ilin das Marcki-
sche kriegfsvolk iiberfallen auffm
wege. Als nun die manfspersonen
und gewehrten burger alle hinaus
kommen, hat man das thor hinter
ihnen zugeschiossen, und keinen derer,
die hinausgezogon gewesett, wider
hinein gelassen: ja man hat auchihre
weiber und kinder hernach gejaget
und zum thor hinaus getrieben und
stracks von der stad hinweg ziehen
heifsen. Da hat man ein jammerlich
seuffzen, schreien, winseln und weh-
klageu der armen betriibten leute
gehoret. Denn alte und betagte, auch
krancke, schwangere und sechswoch-
nerinnen und dergleichen personen
sind mit ihren armen, elenden, nacken-
den kinderlein im harten kalten win-
ter so erfroren, dass sie auch gestor-
ben und also auff dem wege, ehe sie
zu andern leuten in der nachbarschafft
haben kommen konnen, tod blieben
sind 2 ). Da ist keinem hungerigen ein
bifslein brot, keinem durstigen ein
den seyn, darumb dass sie den eyd 1394.
der huldung, pflicht und treue geleist,
und die giiter wieder herfur brachten,
in meinung, dass sie desfalfs wiirden
gesichert seyn, so ist in abwesen des
ertzbischoffs (aber nicht ohne seinen
rath und willen) von vorbenannten
herrn Sigismundo, der sich der be-
trieglichkeit beflissen, ein offentlich •
geboht in der stadt ausgangen, dass
alle burger und einwohner bey ge-
thanen eydespflichten mit ihren waffen
und wehren dem bischoff im felde
entgegen ziehen sol ten; denn erwolte
mit seinen reutern zu Rathenow ein-
kommen und befurchte sich sehr
grofser und starker verfolgung der
Marcker. Da sie nun alle auf diese
weise hinausgebracht und gefuhrt
worden, hat man die thor geschlossen
und keinen von burgern wieder hinein
gelassen, und hat vorgedachter Sigis-
mundus, fiirst zu Anhalt, auff befehl
des ertzbischoffs (dass doch erbarm-
lich ist zu gedencken), ihnen alien
urlaub gegeben, dass ein jeder mit
seinem weibe und kindern aus dem
thore getrieben hinginge und zoge,
wo es ihnen geliebte. wie eine schreck-
liche that! wie falsche rahtschlage iiber
der menschen kinder! wie hat sich da-
rn als verhalten die bischflffliche wtirde und
barmhertzigkeit, da sie wieder unschuldige-
und verarmte leute also ungerecht wtiten-
de und grausamlich gehandelt! welch ein
schreyen und seuffzen muss alda gewesen
sein! wer kans beschreiben? 1 ) Nachdem
die schwangeren und kindsbetterin
mit ihren nackenden kindern also
sind geangstet worden von des winters
kalte und frost, und die armen elen-
J ) Diese Lamentationen rfthren meines Erachtens nicht von Wusterwitz, sondern von
Hafftiz her, welcher uberhaupt die Arbeit des ersteren mit moralisirenden Beflexionen
durchsetzte. * 2 ) Diese Schilderung bestatigt Detmar (bei Grautoff I, 364 und 365).
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28
Angelus.
Hafftiz.
1394. triincklein wasser, dem krancken keine
erquickung gegeben, den miiden keine
ruhe gelassen worden. Ein theil, so
sehr im aufstreiben bedrenget, ge-
schlagen und verwundet worden, sind
in ohnmacht gefallen und also mit
tode verblichen. Etliche aber haben
sich zu ihren sonderlichen freunden
in der nachbarschafft gewendet und
da bey ihnen trost, raht und hiilff
gesuchet.
Da nun die armen leute also weg-
getrieben gewesen, sind alfsbalde viel
reuter und fuisknechte und andere
leichtfertige, gottlose personen, so dem
ertzbischoffe, der lieber sein befohlen
hirtenampt hette sollen in acht neh-
men, zugestanden, gen Rathenaw kom-
men, und haben alle bewegliche giiter,
so sie aUda gefunden, weggenommen,
und haben iiber hundert wagen, mit
haufsrath beladen, nach Magdeburg
geschickt. Nachdem nun die giiter
also hinweg gebracht, hat sich der
ertzbischoff sampt seinen reutern und
knechten in die vornehmste heuser
gemacht, und was von essen und
trincken noch vorhanden gewesen,
verzehret, und von den aufsgetruncke-
nen fassen des abends ein freuden-
feuer gemacht (ey ein schfln bischofflich
werckl), dazu sie denn auch tische,
bencke, thiiren, breter und derglei-
chen gebrauchet. Des herrn marg-
graffen von Brandenburg gemahlete,
insignia und wapen haben sie mit
den menschen weder ein biMein brods 1394.
noch tropfflein getrancks zu ihrer er-
quickung mit sich haben tragenmogen.
Und furwahr ingleichen ward da nicht
gegeben die ruhe den miiden, dass
eins theils von des winters kalte sind
gestorben, eins theils grausamlich ge-
schlagen, verwundet, oder von den
schlagen verwundet auff dem wege
mit tode abgegangen, etliche zu ihren
sonderlichsten freunden, so sie hactten,
sich gewendet. Da sie also ausgetrie-
ben, bald denselben tag, umb der ge-
fahrlichkeit willen sind viel reuter und
fufsganger desselben ertzbischoffs und
andere leichtfertige persohnen umbher
gelauffen in bemeldter stadt, und die
dinge und bewegliche giihter, so da ge-
funden, weggenommen, und wafs ein
jedervonden genommenen giihtern be-
kommen, mit sich getragen, also dass
man glaubwiirdig gesagt, dass sie iiber
hundert wagen mit genommenen giih-
tern und haufsgerath gegen Magde-
burg gefuhrt haben. Alfs nun die
giihter weggebracht, hat sich der ertz-
bischoff mit seinen reutern, wie es
einem jedern (sic!) beliebte, in son-
derliche hauser, daraufs sie die ein-
wohner vertrieben, gesetzt, und was
alda noch vorhanden gewesen, ge-
braucht, verzehrt, ihnen zugeeignet,
und da sie alles getranck, so da be*
fanden, ausgetruncken, haben sie die
fasser auf den abendt mit sonder-
lichen freuden verbrannt, und ein
freuden feuer gemacht nach der weise
der schloss-junckern und landt-sassen,
blocke, bretter, tische, bancke, stiihle
und andere dinge zu vermehrung des
feuers angelegt, und was zuvor nicht
die wiirme gefressen, hat das feuer
verzehrt, und weil diese unsinnigkeit
gewahrt, sind alle gemahlde, insignia
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Angelus.
Hafftiz.
29
1394. koht greulich beworffen, auch sonst
frevendlich geschmehet und aufsgo-
leschet. Wusterwitzius und Chroni-
con Saxoniae. 1 )
Nach einnehmung und boraubung
der stad Rathenaw ist der ertzbischoff
sampt seinem kriegfsvolck ins frucht-
bare Havelland (welches etliche Marchi-
cam Chersonesum nennen) gefallen und
hat dasselbige wie auch die umblie-
gende gegenden greulich verheeret
und verwiistet mit brennen, rauben,
brandschatzen, wiirgen und morden:
also dass auch da der armen blindcn,
tauben, lahmen und dergleichen leu-
ten, so sich bettelns ernehren miissen,
nicht ist geschonet worden.
Doch sind die Marcker in solcher
bedrengnis unverzaget gewesen, und
haben ihren feinden, so viel immer
miiglich gewesen, ritterlichen wider-
stand gethan, und sind mit ihrem
reisigen zeuge widerumb in das mag-
deburgische land gefallen und haben
darin sehr grofsen schaden gethan, fast
in die zwei jahr nach einander, weil
die Magdeburgischen die stad Rathe-
naw eingehabt. Wusterwitzius.
und wappen des marggraffen zu Bran- 1394.
d^enburg mit koht besudelt oder durch
etliqhe reuter mit frevel, hohn und
schmach gar ausgeloschi
Nach der stadt Rathenow einneh-
mung ist bald darauf erfolgt die zersto-
rung des fruchtbahren ohrtes, das Ha-
vellandt genannt, mit den umbliegen-
den gegenden, in welchen das gewap-
nete volck des gemeldten ertzbischoffs,
weder Gottes noch der welt achtung
habende, mit brennen, rauben, be-
schatzung und verherung der acker,
die menschen und einwohner feindt-
lich getodtet, und die blinden, tauben,
lahmen und dergleichen arme gebrech-
liche persohnen und leute, die allein
aus ungewisser betlerey ihre nahrung
haben suchen miissen, beraubt, weder
das alter noch geschlecht der men-
schen verschont, auff barbarischer
weise lasterliche bofsheit getrieben.
Fiirwarwunderbahrlich underschreck-
lich sind die dinge zu sagen. Wer
hatte gedacht, dass solch elend, noth-
tiirfftigkeit, armuht und jammer iiber
die Brandenburger Marcke solte ge-
kommen sein, die doch zur zeit des
Caroli IV. in grofsen frieden ist bo-
schiitzt worden 2 ). Jedoch haben die
Marcker nicht verzagt, spndern so
viel sie mochten, denselben wieder-
standt gethan, und wiederumb mit
ihren reisigen ins magdeburgische
landt oinfallende uniiberwindlichen
schaden gethan und eingefiihrt, dass
also die schreckliche vorwirrung nahe
bei zwei jahren gewehrt und mitler-
weile die Magdeburgischen das ge-
nannte stadtlein Rathenow inne go-
habt haben.
l ) Welcho Qiiellenschrift in diesem Chron. Sax. Angelus vorgelegen hat, ist mir
bis jetzt unbekannt geblieben. 2 ) Auch hier haben wir es wahrscheinlich nur
mit einer Beflexion des spatereu Hafftiz zu thun.
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30
Angelu8.
Hafftiz.
Johan Trefskowen abcr und den
andern, so dazu geholffen, hat der
ertzhischoff ihren gebiirlichen lohn
gegeben, also dass er ihnen geboten,
mit weib, kindern und gesinde aus
dem lande zu ziehen und gesaget, er
were gesinnet, dasjenige nach gelegen-
heit an ihnen widerumb zu thun, was
sie an andern umb seinetwillen ge-
than hatten 1 ). Idem Wusterwitzius.
1396. Da nun der kayser gesehen, es
wiirde endlich gar iibel aufslauffen,
hat er den ertzbischoff, der damals
sein cantzler gewesen 8 ), zu sich gen
Prag in Behemen beschieden und ihn
daselbst so lange arrestiret, bifs
er von seinem vermeinten recht an
der stad Rathenaw abtrete. Solches
hat nun der ertzbischoff angelobet
i. Nov. und hat im 1396. jar umb aller hei-
Anno Christi 1396 ist das carthaus zu 139*
Franckfurth an der Oder gestifftet und ist
Johannes III., bischoff zu Lebus, zum ersten Bwtu
conservator und patronen vom kayser Wen-
ceslao dariiber verordnet worden.
In diesem jahre a ), den 9. tag des brach- 9. j^
monats, haben in der neuen stadt Branden-
burg nachbeschriebene stadte, alfs alte-
und neue stadt Brandenburg, Berlin, Colin,
Franckfurth a. d. 0., Drossen, Mtinche-
berg, Straufsberg, Landsberg, Mittenwalde,
Neustadt-Eberswalde, Bernau, Spandow,
Treuenbrietzen und Belitz eine zusammen-
kunfft gehalten, auff welcher sie sich ver- Brev .
einigt, sich wieder alle ihre feinde zu
schutzen und die rauber allenthalben zu
iiberziehen und auszurotten.
In demselbigen jahre umb aller hei- 1. >'•*
ligen tag und fest aus anordnung des
herrn Wenceslai, zu der zeit romischen
und behmischen konigs, aus gunst
und zuneigung herrn Jodoci, marg-
graffen zu Brandenburg, des konigs
angebohrnen freundes, hat herr Al-
bertus von Querfurt, ertzbischoff zu
Magdeburg, der zu des konigs cantzler
war angenommen 8 ) und (sich) we-
') Die Ursachc wesshalb der Erzbischof seine Gesinnung gegen Johann von
Treskow andcrte, ist nicht bekannt. Letztcrer gehorte zu den fehdelustigsten Edol-
leuten des Havellandes, und .sein Name wird von Wusterwitz haufig genannt. Wahr-
scheinlich hat er sich gegen den Erzbischof nicht treuer bewiesen als gegen seineu
fruheren Landesherrn Jobst von Mahren. 2 ) Diese Vereinigung der mittelmark.
Stadte fallt nicht in das Jahr 1396, sondern 1399, wie das Breviarium und Angelus
Ann. S. 174, ferner auch die Einigungsurk. selbst bei Fidicin (Beitrage II, 123), die
auch Angelus aufgenommen hat, richtig angeben. Dass Hafftiz aber die ganze Notiz
dem Breviar. entlehnte und nicht etwa 1595 schon das Manuscript von Angelus Ann.
benutzte, ergiebt sich aus Folgendem: In dem lctzteren Werke S. 174 hat Angelus
in der betreffenden Notiz den Namen der Stadt Strausberg ausgelassen, aber der
obigen Urk. gemafs in das Brev. aufgenommen, und von hier aus ist der Name in
das Microchron. iibergegangen. 8 ) Ueber Albert von Magdeburg als Kanzler
Wenzek vergl. Theodor Lindner, Gesch. des deutsch. Reiches unter Kon. Wenzel II, 208.
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Angelus
Hafftiz.
31
1396. Kgen tag horrn Lippolden von Bredaw,
stathalter in der Marck Brandenburg
wider lofs gegeben *) und daneben ge-
dachten von Bredaw brieffe mit an
seinen hauptman zu Rathenaw, Frie-
derichen von Alvenfsleben, gegeben,
dass er ihm die stad Rathenaw wi-
derumb iiberlieffern und einreumen
solte: welches auch geschehen. Weil
aber die von Magdeburg hievon nichts
gewust, hats ihnen sampt den andern
vasallen und lehnsverpflichteten zum
hefftigsten verdrossen, dass der haupt-
man solches ohn ihre ersuchung, be-
wust und bewilligung gethan, und
haben die sache dahin gearbeitet, dass
er fur einen verrahter und ehrlosen
declariret und gehalten ward. Da es
aber der hauptman vermercket, hat er
als ein geschickter und verstendiger,
ehrliebender man seines herrn des
ertzbischoffs schreiben an alien enden
und in bequ^men stellen offentlich
ablesen lassen, dadurch er denn die
zugemessene schuld abgelehnet und
als ein rittermessiger man fur jeder*-
man bestanden, dass man iiberall mit
ihm wohl zufrieden gewesen. Wuster-
witzius.
sentlich beym konige enthalten, 13&6.
herrn Lippolden von Bredow, haupt-
mann der Marcke Brandenburg, da-
selbst personlich erscheinende,
seiner gefangnis (wie gemeldt) quit,
ledig und frei zu handen des herrn
koniges gegeben x )und gedachten herrn
Lippolden seine offentliche briefe zum
hauptmann Friedrich von Alvensleben,
die stadt Rathenow wiederzugebeu,
gereicht, welche, da er sie in grofser
eyliiberantwortetjhat gedachter haupt-
mann Friedrich von Alvensleben alfs
ein gehorsahmer seines herren befehl
getreulich erfullet, welches die burger
zu Magdeburg *uid andere vasallen
und lehnsverpflichteten der kirchen in
unwillen aufgenommen, dass Friede-
rich, sie unersucht, solches gethan,
und haben sich beflissen, ihn alls einen
verrahter und ehrlosen zuerklaren und
zu erkennen; aber derselbe Friede-
rich, alfs ein geschickter und beschei-
dener 2 ) mann, hat die briefe von sei-
nem herrn ihnen zugesandt, wohl ver-
wahret, an alien enden und bequemen
stadten ofifentlich lesen lassen, dass er
dadurch die zugemessene ehrlosigkeit
mochte abwenden und derselbigen ent-
gehen und qrledigt seyn, damit er
auch, als einem rittermafsigen ge-
ziemet, wohl bestanden ist.
Seine Berufung fallt in den Febr. 1395. Was Angelus von seiner Arrestirung
berichtet, ist eine ganz incorrecte Wiedergabe der Mark. Chronik. Hafftiz berichtigt
hier seinen Correferenten Angelus durch eine genauere Relation. In dem Breviar.
umschreibt ttbrigens Ang. den Begriff der Arrestirung dahin : „Hiertiber hat der kayser
W. den ertzbisch. von Magd. zu sich gen Prag in Boehmen beschieden und hat ihn
nicht ehe wollen von sich lassen, bis er — Rathenaw wieder abtrete." Auch
das ist noch ungenau.
J ) Mehreren Urk. zufolge war Lippold v. Br. v. 1392 bis 1396 personlich frei
und Verweser der Mittelmark (s. Forschung. z. deutsch Gesch. XVII, 5G9 u. fg.\
seine Freiheit aber eine ihm nur bedingungsweise zugestandene. In Prag wurdo er
endlich auch von der „Bestrickung u frei. 2 ) bescheiden = kjiug, kenntnissreich.
Diese Bedeutung des Wortes hat sich noch erhalten in dem Ausdrucke „Bescheid
wissen".
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32
Angelus.
Hafftiz.
1396
1399.
Da nun durch herrn Lippolden von
Bredaw die stad Rathenaw wider er-
langet, sind etliche von den einwoh-
nern, so zuvor herausgetrieben waren,
widerumb zu ihrer haab und giitern
kommen, die aber sehr geschmalert
und goringert gewesen, wie leichtlich
zu erachten, dieweil sie die feinde
in ihrer possession gehabt. Wuster-
witzius.
Bald darauf *) sind die Marckischen
mit den Magdeburgischen zu Zieser
auf dem schlosse zusammen kommen,
einen fried zu machen, allda sie zu
beyden theilen ihre ambasiatores und
abgesandten gehabt, und durch Gottes
gnad einen ewigen fried mit einander
gemacht, der aber doch nicht lange
geweret. Denn ob er wol mit ver-
willigung und stipulation eines jedern
theik befestiget worden, so haben
doch etliche vasalleh und lehensver-
wandten a ) dess ertzbischoffs zu Magde-
burg, als Ludewig von Neuendorf
im schlo8S Plote, einer von Wulffen 2 )
im schlosse Grabaw und Werner
Kracht im schlosse Parchen 3 ) woh-
nende, welche grofse feinde der Marck
waren und sonderlich der stad Bran-
denburg, denselben fried nicht wollen
annemen, sondern haben sich mit
. Da nun also durch herrn Lippolten 1396.
von Bredow die stadt Rathenow wieder
erlangt, sind etliche von den einwoh-
nern, so zuvor vertrieben, zu ihren
giihtern und eigenthumb (wie wohi
sie wenig und geringe geworden) wie-
der gekommen.
Da aber der zwiespalt und zwio-
tracht noch lange darnach gewehrt,
sind endlich die Magdeburgischen mit
den Marckern friede zu machen auf
dem schlosse Zigeser durch ihre am-
basiatores und gesandten zusammen
kommen, und durch Gottes gnade ein
bestandiger friede gemacht, der mit
bewilligung und stipulation eines je-
den theils confirmiret und bestatiget
ist, ausgenommen etliche vasallen
und lehnsverpflichtete der mannen des
herrn Alberti, ertzbischoffs zu Magde-
burg, als Andres von Neundorff im
schlosse Plote, Cuno von Wolffen
auf dem schlosse Grabow 2 ) und Wer-
ner Kracht im schlosse Parchen 3 )
wohnende alfs sonderliche creaturen
in feindschaft und zwietracht ernehrt
wieder die Marcke und sonderlich
wieder die beyden stadte Branden-
a) Anu. March. S. 175 und danach in Kiedols Abdruck a. a. O. S.
In don Corrigenda am Sehlusse dor Ann. daftir: vorwandten.
Lohnsvertrauten.
*) Diesen Abschnitt der Mark. Chron. lasst Angelus in den Ann. S. 175 nach
dem 9. Juni 1399 folgen. *) Die Namen dieser Yassallen hat k einer der beiden
Referenten vollstandig richtig angegeben. Der Ritter von Neuendorf hiefs nicht Andreas,
sondern Ludwig, wie Angelus gelesen hat, denn im Folgenden nennt denselben Mann
auch Hafftiz mit dem Vornamen Ludwig. Aufserdem ist der Name bezeugt durch
eine Urk. der Altstadt Brandenb. (Riedel I, 9, 107), in welcher uber Lodewich van
Eyndorp Klage gefuhrt wird. (Das anlautende n ist hier nach dem Worte „von" aiis-
gefallen). Richtig .ist andererseits der von Hafftiz (iberlieferte Name Cuno von
Wolffen. Angelus, der einer von W. setzte, scheint den Vornamen an dieser Stelle
der Mark. Chron. nicht haben entziffern konnen. In den folgenden Berichten nennt
auch er denselben Mann Cuno v. W. 8 ) Die genannten Schlosser lagen bei Genthin
(.Plote) und bei Burg (Parchen und Grabow).
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Angelu8.
Hafftiz.
33
1399. ihrcn rottgesellen , als Thile Spel-
hovel, Herman Konig, Heinrich Win-
nick und vielen andern biirgern der
alten stad Magdeburg montags vor
7. Nov. S. Elisabeth von ihren schlossera be-
geben und sich an die umbliegende
dorffer der alten stad Brandenburg
geraacht. Dariiber haben die herrn
in der alten stad Brandenburg ihren
biirgern alsbald auffgeboten 1 ). Aber
weil die burger ungeiibet und zum
streit nicht unterwiesen gewesen, ha-
ben sie ihren feinden ungliicklich
nachgejagt. Denn da sie mit den
feinden bei dem dorffe Martzan ein
treffen gethan 2 ), sind viel fiirneine 4 )
burger aus beyden stadten Branden-
burg gefangen und auffs schloss Plate 5 )
gefiihrt worden, als Johannes Fruche-
nicht 6 ), Caspar Ketewelle 7 ), und
Peter Langen aus der alten stad,
burg, den frieden nicht angenommen. 1399.
Diese benannte lehnsverpflichte oder
manne mit andern ihres teilfs gesellen,
alfs Thiele Spielhofel, Herman
Konig, Hinrich Winnick und viel an-
dere burger der alten stadt Magde-
burg, unangesehen, dass der vertrag
des friedes (wie obsteht) unter einen
guten glauben geschehen, haben nichts
desto weniger denselben vergessende
anno Christi 1399 montags kurtz vor 17. Not.
S. Elisabethtag sich von ihren schlos-
sern zu rauben begeben, und in den
umbliegenden dorffern der alten stadt
Brandenburg einen einfall gethan,
welches, alfs es die Brandenburgischen
inne worden, haben sie bald in bey-
den stadten auffgebohten *); weil aber
die burger zum streit noch nicht ge-
nug unterrichtet und abgerichtet wa-
ren, haben sie die feinde ungliicklich
verfolgt. Denn alfs sie zusammen
kommen, mit wehr und waffen abge-
fertigt, haben sie bei den bergen des
dorfes Marzan a) hefftig gestritten 2 ).
Aber das gliick hilfft nicht allewege
den kiihnen und freudigen. 8 ) Denn
die Magdeburgischen haben etliche
marckische 4 ) burger, als Johan-
sen Fiirchtenicht 6 ), Caspar Titel
Welle 7 ) und Peter Langen aus der
a) A. Margau, ein Scbreibfehler des Copisten.
*) Hafftiz erganzt hier Angelus durch die Mittheilung, dass ebenso wohl die
Neustadter wie die Altstadter zum Kampfe ausgezogen waren. Nach dem Berichte des
letzteren begreift man gar nicbt, wie bei Marzan auch neustadt. Burger gefangen ge-
nommen werden konnten. a ) Marzan nordl. von Brandenb. Die von Hafftiz er-
wahnten Berge von Marzan sind nach Klodcn ^Quitz. I, 445) der Raben-, Sand- und
Fuchsberg. 8 ) Freudig oder eigentlich freidig = tapfer. 4 ) Von den beiden
Lesarten: fttrnehme B. und Marck. B. verdient erstere den Vorzug; denn dass die
Brandenburger Marker waren, versteht sich von selbst; dagegen war die Bezeichnung
ihrer Stellung als Patricier von Werth. 5 ) Plate fttr Plote nur eine andere
Schreibweise. fl ) Fruchenicht statt Fttrchtenicht beruht auf einem Versehen des
Angelus. Der letztere Name ist in den Urk. der Stadt Brand, nicht selten. Nach
Riedel I, 9, 65 war 1384 Hans Forchdynicht Mitglied der Schdffenbank in der Altst.
Brandenb. 7 ) Beide Lesarten des Namens scheinen verderbt zu sein. Sollte
3
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34
Angelus.
Hafftiz.
1400,
25. Marz
1399. Eckard von Lindaw, Johannes Bentz-
dorff 1 ), Nicolaus Rauch 2 ), Peter
Maletzin, Simon Bogewitz, Gerardus
Pausing Jacobus Vinelterue 3 ), Jo-
hannes Zabel, Nicolaus Becker, Jo-
hannes Brugge, Simon Dreger und
etliche mehr aus der neuen stad Bran-
denburg, die auch bifs auf Annuntia-
tionis Mariae folgendes jahres haben
miissen gefanglich seyn und bleiben.
Wusterwitzius.
Dieweil nun (wie kurz zuvor ge-
meldet) die Brandenburger mit denen
von Magdeburg so iibel dran gewesen,
haben sie sich mit Wichard von Ro-
6. Jan. chaw 4 ) am tage der dreyen konigen
sampt einer grofsen anzahl kriegfs-
volck und einer sonderlichen gesell-
schaft auflgemacht, sind in das stifft
Magdeburg gefallen und haben im
dorffe hohen Sedyn 6 ), nicht weit von
Burg, gebrand und hinweg genomen,
was sie haben uberkommen konnen.
Als ihnen aber die drey burggesessene,
derer droben gedacht, mit den ihren
nachgefolget, der meynung, was die
Marcker gewonnen, ihnen dasselbe
alten stadt, Eggart von Lindow, Jo- 1399.
hann Borgstorff *), Nickel und Jo-
liann Rauh 2 ), Peter Maltzin, Simon
Bogewitz, Gerhart Pausin, Jacob Vi-
velterne 3 ), Johann Zabel, Nickel
Becker, Johann Brugge, Simon Dreger
mit sich gefiihrt und einen als Peter
Barrith mit einem spiefse durch-
stochen und getodtet; und sind die
burger in der gefengnis auff dem
schlosse bifs zum feste der verkiin- i#j,
digung Mariae gesessen. — In diesem 25 m
jahre ist ein so kalter winter gewesen,
dass man auff der Ostsee von Lubeck bifs
gegen Sunde und von dannen bifs in Den-
marck zu fufse hat gehen konnen. Brem^
Mittlerweil haben die burger von
Brandenburg mit Wichart von Ro-
chow 4 ) den 6. januar 1400 mit einer 6. j*»
grofsen anzahl krieges volck und be-
quemer 5 )geseHschafft einen zug gethan
in das magdeburgische landt, und im
dorffe hohen Sedin 6 ), bey dem stadtlein
Borch, gebrandt und weggefiihrt, wass ,
sie haben bekbmmen konnen, denen
die drey schlosssassen sind nachge-
jagt, sie zu verhindern, den raub und
wass sie genommen, zu lassen; aber
Gott hat gegeben, dass die Marcker
mit streitbahrer hand 36 wieder ge-
fangen und auff das schloss Goltzow
weggefurt; da dies geschehen und die
vielleicht zu lesen sein: Caspar Tile Welle? Eine Familie Welle im Brandenburgi-
Bchen um diese Zeit ist bezeugt in der Urk. R. I, 24, 389, woselbst z. J. 1391 ein
Albrecht Welle genannt wird.
*) Ein Burger der Neustadt Br. Namens Johann Bentzdorf wird erwahnt in den
Urk. Riedel I, 9, 100 u. 101. 2 ) Ein Claus Rauch war 1394 Burgermeister der
Altst. Brand. (Riedel I, 8, 371); am 18. Jan. 1399 erneuerte ihm und seinem Sonne
Hans der Markgraf Jobst das Schulzenamt in der Neustadt Brand. (Riedel I, 9, 78).
Vater und Sohn werden auch zusammen erwahnt in einer Verkaufsurk. v. 7. Dec.
1404 (Riedel I, 8, 383). *) Die Lesart des Namens bei Angelus scheint ein Druck-
fehler zu sein. Der Name Vivelterne, den Hafftiz angiebt, ist im Brandenburgischen
nicht selten gewesen und hier der richtige. 4 ) Ueber Wichard von Rochow,
Besitzer der Burg Golzow bei Brandenburg, vergl. Riedel, Zehn Jahre u. s. w. S. 345.
6 ) bequem in der alten Bedeutung von tauglich. 6 ) Hohen Sedyn, heute Hohen-
seeden, bei Burg gelegen, gehorte 1400 Werner Kracht auf Parchen.
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Angelus.
Hafftiz.
35
hoc wider abzujagen, hat unser herr Gott
denBrandenburgischen gliick gegeben,
dass sie wider sechfs und dreifsig mann
mit streitbarlicher hand gefangen und
mit sich auff das schloss Goltzaw ge-
fiihret haben. Da das geschehen und
die Magdeburgischen die vergleichung
der gefangenen gesehen, haben sie
durch mittel etlicher personen, als
herrn Heinrichs von Bodendick bi-
schoff 1 ) und herrnHeintze von Gerst-
dorff 2 ), probsten zu Brandenburg,
eine vereinigung gemacht auff diese
weise, als nemlich, dass die burger
beyder stadte a ) Brandenburg zu frey-
ung ihrer burger, so von den Magde-
burgischen gefangen waren, solten
geben sechtzehen hundert schockboeh-
mischer groschen und von den Mag-
deburgischen gefangen eilffe, die durch
sie begeret und ernennet wtirden, frey
und lofs zu geben 8 ). Dieser vertrag
hat einen fortgang gehabt, aber mit
grofsem schaden und beschwerung der
brandenburgischen burger, welche
gleichwohl ihre hoffnung zu Gott
gesetzet, der wiirde ihre unschuld
retten und die anstiffter dieses un-
gliicks wol zu finden und zu richten
wissen, wie denn auch geschehen, also
dass dieMarcker den Magdeburgischen
darnach mit gleicher miintz bezalet,
wie weiter folgen wird. Wusterwitzius.
Magdeburgischen die vergleichung in hoo.
den gefangenen gesehen, haben sie
vermittelst etlicher persohnen, alfs
dtirch: herrn Henricum Bodendick
bischoff 1 ) und herrn Hentzen von
Borchstorff 2 ), probst zu Branden-
burg, eine vereinigung gemacht auff
diese weise, dass die burger beyder
stadte Brandenburg zu erledigung
und freyung ihrer burger solten geben
1000 schock bohmischer groschen und
von den Magdeburgischen gefangenen
51 persohnen, die sie begehrten und
nenten, frey zu geben. 8 ) Dieser ver-
trag hat zwar einen ziemlichen fort-
gang gewonnen, aber einen grofsen.
schaden und beschwerung den bran-
denburgischen biirgern gewirckt; ha-
ben doch allewege ihre hoffnung zu
Gott gestelt und ihrer gluckseeligkeit;
denn etliche dieser bofsheit ertichter
und anstiffter haben hernach gleiche
gerichte und wiedergelt von den biir-
gern und Marckern empfangen, wie
hernach wird vermeldet werden.
a) Annal. S. 175 und bei Riedel IV. 1, 27: bey der Stadt; nach den Corrigenda: Stadte,
wonach sich die richtige Lesart: „ bey der Stadte" ergiebt.
') Er war Bischof von Brandenburg von 1393 bis 1406. 2 ) Den richtigen
Namen des damaligen Domprobstes von Brandenburg giebt Angelus an. In ciner
Urk. fur Mittenwalde vom 7. Juni 1392 (Riedel I, 11, 234) nennt der Probst sich
Hentzo 6!e Gherkstorp, praepositus ecclesiae Brand. 8 ) Der Wortlaut des Ver-
trages ist bei beiden Referenten sprachlich und sachlich gleich unklar. Man durfte
eine Auswechselung aller von beiden Seiten gemachten Gefangenen und aufserdem
noch eine Geldzahlung der Brandenburger erwarten, da sie angesehene Patricier gegen
einfache Kriegsknechte auszulosen hatten. Warum aber sollten, nach dem Einen, von
36 Magdeburgischen Gefangenen nur 11 befreit werden, und wie konnten, nach dem
3*
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36
Angelus.
Hafftiz.
Nachdem herr Lippolt von Bredow
alt worden 1 ) und die marck Branden-
burg als ein hauptman und vorweser
nicht mehr regieren konnen, hat er
seine tochter Agnetam in diesem
1400. jahr nach Christi unsers selig-
maclaers geburt Johansen von Quitzaw,
Cunouis von Quitzaw sohn, zur ehe
gegeben und ihm eine gewisse sunima
geldes als acht hundert schock boh-
mischer groschen, dafiir er ihm das
schloss Plawen eingesetzt 3 ), zum
brautschatz versprochen und folgen-
des gar abgetreten und iibergeben,
und hat sich darauff auff sein erb-
schloss zu Kremmen 4 ) begeben und
sich allda enthalten bifs zu seinem
tode. 1st also Johan von Quitzaw
stathalter worden an seines schwehers
Lippolt von Bredaw stat, wiewol er
solch ampt nicht lange verwaltet sei-
ner tyranney halben. Wusterwitzius.
Damach alfs herr Lippolt vonBre- i*x>.
dow, offte genannt, veraltert 1 ) und
die brandenburger Marcke alfs ein
hauptmann und vorweser nicht mehr
konnen verwalten, hat er seine toch-
ter Agnes Johann von Quitzow, einem
sohneCunow von Quitzow, des alt en
hofflichen 2 ) reuters, zur ehe ver-
heurahtet und eine summa geldes, alfs
800 schock bohmischer groschen, da-
fur er ihm das schloss Plaue einge-
setzt 3 ), zu einer mitgifft derselben
seiner tochter versprochen und nach-
malfs das schloss Plauen fur das geld
der mitgifft ihme verheischen, uber-
geben und abgetreten, und hat sich
auf sein erbschloss, Kremmen ge-
nannt 4 ), begeben und sich darauff ent-
halten bifs zu seinem tode. Durch
diesen weg hat herr Lippolt die
Quitzowen von der festung Quitzhofel
bey dem stadtlein Werben erstlich
Mittelmarck (wiewohl untreg-
zur
Anderen, 51 gefordert werden? — An dieser Stelle scheint die Mark. Chron. eine
Schwierigkeit geboten zu haben, die weder Angelus noch Hafftiz zu losen vermochte.
') Da er schon 1369 das Marschallsamt unter Markgr. Otto bekleidete, so mag
er um 1400 gegen 70 Jahre alt gewesen sein. Am 24. Nov. 1403 war er noch als
Mitglied der mark. Stande in Berlin anwesend (Riedel II, 3, 166). Das Jahr seines
Todes ist unbekannt a ) = hSfisch, d. h. nach der Weise der alten Bitter lebend.
8 ) Ueber die Gesch. des seit 1250 genannten, westl. von Brandenburg belegenen Schlosses
Plaue handelt Riedel I, 10, 1 u. fg. Das Erzstift Magdeburg besafs wohlbegrundete
Anspriiche auf Plaue, wie Karl IV. bei der Erwerbung der Mark Brandenburg fur
sein Haus 1373 auch anerkannte (Riedel II, 2, 539). In den folgenden Jahren kam
Lippold von Bredow aus nicht bekannten Grunden in den Besitz des Schlosses.
Sigismund erkannte ebenfalls am 10. April 1387 (Riedel II, 3, 95) das Recht des
Erzbischofs auf Plaue an, aber Lippold blieb Besitzer des Schlosses. Jobst verband
sich sogar mit Albert von Magdeburg, Lippold aus Plaue zu vertreiben, und wenn
der Markgraf selbst auch nichts zu diesem Zwecke that, so war doch der Erzbischof
um so ruhriger, wie die oben gedachten Kampfe zwischen ihm und Lippold darthun.
Nach langem Streiten einigten sich beide am 24. Dec. 1399 (Riedel II, 3, 131) dahin,
dass Lippold das Schloss dem Erzbischofe fur die Zahlung von 1200 Schock bohm.
Grosch. abtreten sollte. Von dieser Summe hatte der Erzbischof 800 Schock sogleich
zu bezahlen. 400 Schock sollten als Hypothek auf Plaue verbleiben und Lippold als
Unterpfand dafiir die Halfte dieses Schlosses inne behalten. In diesen Pfandbesitz
trat nun 1400 Johann von Quitzow ein. 4 ) Kremmen, westl. von dem heut. Oranien-
burg, an einem sumpfigen Wiesenterrain, welches von Kremmen aus von zwei Dammen
durchschnitten wurde.
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Angelus.
Hafftiz.
37
lich) *) gefordert und eingefiirth. 2 ) hoo.
Und ist also Johann von Quitzow
stadthalter der Marcke an stadt sei-
nes schwahers, herrn Lippoldts von
Bredow, worden. Ob nun wohl die
Marcker verhofft, dass Johann von
Quitzow zu einer guten stunde und
gliickseeligkeit der Marcke in ab-
wesen herrn Jodoci, marggraffen,
solte zu ihnen gekommen seyn, so
hat sich doch (weifs nicht, wie sichs
begeben) so viel befunden, dass er
dem vater aus angebohrner natur in
alien sitten und furhaben nicht allein
nachgeschlacht, sondern auch weit
iibertroffen. Derowegen, da er das
schloss Plaue erlangt, hat ers also
practiciret und sich beflissen, mit den
Magdeburgischen den alten zwie-
tracht, so sie mit den Marckern zu-
vor gehabt und schwerlich vertragen,
*) untreglich = unzutraglich oder was Nachtheil stiftet. a ) Der Stamm-
sitz der Quitzow's war nach Wusterwitz Quitzhofel bei Werben, nach Riedel's
urkundlichen Forschungen (I, 2, 196) dagegen das Dorf Quitzow bei Perleberg,
welches kurz nach 1319 die Briider Johann und *Cunow von Quitzow besafsen. Als
der erste dieses Namens wird um 1295 ein Dietrich v. Q. genannt. Kloden (d. Quitzow's
u. ihre Zeit I, 24) leitet nach einer Angabe der Mark. Chronik z. J. 1402 die Quitzow's
von dem Geschlechte der Grafen von Lindow ab; allein die betreffende Stelle ist
ohne Zweifel corrumpirt. Vergl die Anmerk. z. J. 1402. Ganz unhaltbar ferner ist
die Annahme, dass die Quitzow's ein altwendisches Adelsgeschlecht gewesen seien,
denn nur noch eine einzige der markischen Adelsfamilien , die der altesten Besitzer
von Friesack, war zur Zeit der Anhaltincr urkundlichem Erweise zufolge slavischer
Abkunft (Riedel I, 7, 42 und I, 1, 18 und 269). Der mark. Chronist Entzelt von
Salvelt, der fiber die Herkunft des deutschen Adels der Mark beachtenswerthe Nach-
richten enthalt, gedenkt der Einwanderung der Quitzow's aus dem Frankenlande.
Die Familie war von geringem Adel, rittermafsig zwar, aber nicht eigentlich edel
nach damaligem Begriffe. Sie stand in Lehensabhangigkeit von den Putlitz in der
Priegnitz, den Grafen von Lindow - Ruppin und den Bischofen von Havelberg. Ueber
100 Jahre war sie ohne Bedeutung und Ruhm und bis 1375 nach dem Ausweise des
Mark. Landbuches ohne den Besitz einer Burg. Erst 1375 erhielten die Briider Claus,
Cuno und Thideke und ihr Vetter Claus von Quitzow zu gesammter Hand die Burg
Kleetzke in der Altmark zum Lehen. Von den verschjedenen Linien des Geschlechtes
kam die Cunos von Quitzow, durch die mark. Anarchie begunstigt, am meisten empor.
Cuno selbst war ein fehdelustiger, tapferer Ritter und hatte vielfach Kampfe mit
den Fursten von Lauenburg und von Braunschweig -Luneburg zu bestehen. 1391
musste er das Schloss Kleetzke gegen ihre Angriffe vertheidigen (vergl. Detmar bei
Grautoff I, 349). Er starb 1394 und hinterliefs mehrere Sonne: Dietrich, Johann,
Conrad und Heinrich, von denen der zweite der Schwiegersohn Lippolds v. Bredow
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38
Angelus.
Hafftiz.
1401,
13. Juli.
Im tausend vierhundert und ersten
jahr nach Christi geburt, am tage der
heiligen jungfrauen Margaretha, hat
Johann von Quitzaw (auff den die
Maroker all ihre vertrauen gesetzt,
er wiirde im abwesen defs marggraffen
Jodoci zu gliick in die Marck kom-
men seyn und seinen schweher mit
schutz und beforderung defs landes
nachgefolget haben) denen von Bran-
denburg iiber drey hundert schweine
vor der neuen stadt weg getrieben.
Wusterwitzius.
Wiewol nun aber marggraf Jodo-
cus durch vielfeltiges schreiben der
Marcker, seiner armen unterthanen,
ersuchet worden, dass er ihnen sagen
oder schreiben lassen solte, an wen
sie sich halten oder bey wem sie
trost und schutz haben und suchen
solten, so hat er ihnen doch weder
wieder zu erwecken und zu erneuern,
und hat derowegen darauff anno
Christi 1401 am tage S. Margreten
iiber 300 schweine fur der neustadt
Brandenburg mit den Magdeburgi-
schen geraubt; und es hats keiner
vermerckt, ist auch nie vernommen,
dass herr Jodocus, marggraff zu
Brandenburg, zu der zeit so gantz
unversehens *) gelassen oder sie zu
jemandes zuflucht befbhlen, auch ir-
gents einen in der wiederwertigkeit
durch schrifften getrost hatte, wie
wohl viel und mannigmahl I. F. G.
die stadte der marcke durch bohten
und brieffe ersucht; sondern bald
darnach hat der allmachtige giitige
Gott von tage zu tage durch seine
grundlose barmhertzigkeit und nicht
durch jemandes verdienst der grau-
sahmen menschen gemiihter gesanfft-
wurde. Was die Statthaltcrschaft desselben in der Mittelmark anbetrifft, so stent
fest, dass durch Jobst niemals ein solches Amt Johann v. Q. ubertragen worden ist,
dass vielmehr 1400 der Bischof Johann IV. von Lebus und 1401 u. 1402 die Herzoge von
Mecklenburg-Stargard Hauptleute in der Mittelmark waren (vergl. Forschungen XVII,
S. 571 u. fg.). Daneben aber bestand bis 1403 noch die Hauptmannschaft Lippold's
von Bredow fort, denn der Abt Heinrich Stich von Lehnin erzahlt in seinen Auf-
zeichnungen (Riedel I, 10, 415) z. Jahre 1401: In den tyden was eyn hovetmann yu
der nyen marke (heutige Mittelmark) genomet her Lyppolt van Bredow — darna (1403)
geschach, dat dy greve van Swartzeborch hovetmau wart in Lyppoldes stede. Auf
Grund dieser Mittheilung und des Wustcrwitzischen Berichtes diirfte nun anzunehmen
sein, dass Lippold zwar nominell, sein Schwiegersohn Johann aber factisch und unter
Anerkennung des einen Theiles der mark. Stande die Hauptmannschaft gefiihrt habe,
wahrend der andere Theil, zu dem der Abt von Lehnin und die Stadt Brandenburg
zu rechnen sind, ihm opponirte. Ein dem analoges Verhaltniss der Stande zu Johann
v. Q. ist wenigstens fur eine spatere Zeit sicher bezeugt, denn der Abt Heinrich
Stich sclbst erzahlt, dass 1404 Berlin und ein Theil der Stande Johann v. Q. den
Schutz des Landes fur eine jahrliche Besoldung von 800 Schock b. Grosch. ubertrugen,
die ubrigen Stande aber, wie Brandenburg, die Rochow's und der Abt von Lehnin
sich dagegen erklarten „umme deswillen, dat unse herre (Jobst) des och nicht wolde
vulborden." Keinem Zweifel ferner unterliegt es, dass Johann und auch Dietrich
v. Q. ah Hauptleute der Mittelmark Steuern erhoben haben, denn der Abt Heinrich
Stich berichtet (a. a. O.), dass ihm von jenen beiden Brudern vorgeworfen sei, er
habe ihnen „twe Landschote (zweimal den Landesschoss) vorbeholden van synen gu-
deren, don sy (die Quitzow's) in der nyen marke hovetlude weren."
') Unversehens hier = ohne Aufsicht; zu erganzen ist ein Object: sie, die Be-
drangten. Der Satz enthalt ttbrigens einen Widerspruch. Dass die Marker ohne Auf-
sicht waren, das merkten sie sehr wohl.
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Angelus.
Hafftiz.
39
hoi. darauff geantwortet, noch ihnen son-
sten helffen und rahten lassen. End-
lich hat ihm gleichwohl unser herr
Gott sein hertz erweichet, dass er
aus erbarmung gegen den armen be-
drengten leuten herrn Johansen und
herrn Ulrichen, beyde hertzogen von
Mechelburg, zu hauptleuten und stat-
haltern in der Marck verordnet 1 ),
welche in ihrem regiment iiber diese
lande viel ungliicks und widerwertig-
keit haben aufsstehen niiissen. Wuster-
witzius.
1402. Iiq selben tausend vierhundert und
andern jahr haben sich zusamen ver-
bunden hertzog Suantiborus zu Stetin
mit seinen beyden sohnen Ottone und
Casimiro, desgleichen auch hertzog
Barnimus und WartiJslaus zu Wol-
gast, sampt den beyden grafen zu
Lindaw und Ruppin, herrn Giinthero
und Ulrico 2 ), dass sie mit gewapneter
miitiget, dass der herr Jodocus, marg- hoi.
graff zu Brandenburg, durch weh-
klagen und schreyen der armen ver-
driickten zu gnade und erledigung
ermuntert, die durchleuchtigen fursten
herrn Johann und herrn Ulrichen,
hertzogen zu Mecklenburg, durch
offentliche brieffe zu hauptleuten
und verwesern der Marcke mit genug-
sahmen mandat und vollkommlicher
gewalt gesetzt und verordnet 1 ), und
die hertzogen haben viel wiederwer-
tigkeit in ihrem regiment dieser lande
erlitten, denn hertzog Schwantibar 1402.
zu Stettin mit seinen sohnen Otten
und Casimiro und dann hertzog Bar-
nimb und Wertschlaffen, hertzogen zu
Wolgast, und dann herrn Ulrichen
und Giinthern, grafen zu Lindow und
Ruppin, mit handtgeHibden einen
bundt gemacht 2 ) wieder die Marcke
zu streiten und derowegen darauff
*) Ueber diese Fursten vergl. Boll, Gesch. des Landes Stargard II, 90 u. fg. u.
Rudloff, Pragm. Handb. d. Meckl. Gesch. II, 526. Von den bei Hafftiz erwahnten
offentl. Briefen ist eine am 25. Nov. 1402 zu Berlin von Jobst vollzogene Bestallung
der HerzOge zu Hauptleuten der Priegnitz auf 6 Jahre fur eine Besoldung von jahrl.
400 Schock b. Gr. erhalten (Riedel II, 3, 157). Nach Rudloff a. a. O. S. 546 soil
ihnen dies Amt schon 1401 ubertragen sein. Die Bestallung ware ihnen dann erst
im Nov. 1402 ausgefertigt, weil Jobst nicht fruher als in dieser Zeit in die Mark
gekommen war. Die Uebertragung der Hauptmannschaft auch ttber die Mittelmark
ist durch eine Urk. nicht bezeugt, aber aus folgenden Griinden wahrscheinlich. Am
10. Juni 1403 schloss das Erzstift Magdeburg einen Frieden mit „herrn Johanse,
herzoge zu Mecklenburg, von der ganzen neuen Marke (d. h. der Mittelmark) und
der Pregenitze wegen" (Riedel I, 3, 161). Ferner weilte Johann von Mecklenburg
fast das ganze Jahr 1402 hindurch in der Mittelmark. Im Herbste 1402 nahm er
Dietrich v. Q. bei Trebbin gefangen. Sein Marschall Henning von Manteuffel schlug
„unter dem Banner" des Herzogs von Mecklenb. die Magdeburger am WaldeWernitz
bei Brandenburg, und endlich brachte Herzog Johann persOnlich am 8. Marz 1403
der Stadt Brandenburg Hulfe gegen Johann v. Quitzow. Vergl. dazu den Brief des
Herzogs Johann von Meckl. an den Rath von Berlin ttber den Frieden mit Magde-
burg im J. 1403 bei Fidicin, Beitr. IV, 80. — In dem Briefe a. a. 0. S. 82 bittet
der Rath Von Juterbock die Berliner umVerwendung „by unserm hern zu Meck-
lenburg" wegen Ruckerstattung von Gutern, welche einem Biirger zu Juterbock von
den „Markischen" geraubt worden waren. 9 ) Ueber die genannten Fursten von
Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast und ihr Biindniss mit den Grafen von Lindow
handelt Barthold, Gesch. von Rugen und Pommern III, 546 u. fg. Die HerzOge einigten
sich zu einem Einfalle in die Mark schon im Januar 1402, die Grafen von Lindow
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40
Angelus.
Hafftiz.
H02. hand wolten die Marck Brandenburg
iiberziehen. Darauf haben sie umb
25. juii. St. Jacobstag das schloss Botzaw aufs-
gepochet, auff welchem zur selben
zeit Gerhardus von Holtzendorff ge-
wohnet. Es sind aber ernandte fursten
und herrn damit noch nicht ersettiget
gewesen, sondern sind mit Diederich
von Quitzaw, dem unruhigen heer-
fiihrer, noch im selben jahr auff
21. sept. Sanct Matthaitag 1 ) recht im
mittage fur mein vaterland *) Straufs-
berg geriickt, haben feurige pfeil hin-
eingeschossen und nachmahls einge-
nommen und angesteckt, die einwoh-
ner herausgetrieben und dem lande
auffm Barnim, fast bis an Ber-
lin, 3 ) grofsen schaden zugefuget.
Sie haben auch damals fast alle pri-
vilegia von Straufsberg mit sich hin-
weg genommen.
Nicht lange darnach ist Diederich
von Quitzaw, als er bey dem berge
14".
25. U
anno Christi 1402 umb St. Jacobstag
das schloss Botzow ausgepucht, auf
welchem zu der zeit Gerhart von
Holtzendorff gewohnt, und daran sind
erwahnte fiirsten und herren nicht
ersatiget gewesen, sondern mit Diete-
rich von Quitzow bald hernach in
selbigem jahre mittwochs fiir St.
Matthaeus des apostels tag 1 ) umb 20. s*
mittag in das stadtlein Strausberg
feurige pfeile geschossen und dasselbe
mit einem edlen oder reifsigen zeug
und krieges volck erfullet, durch-
brandt und verderbet, alle privilegia
hinweg genommen, die eiuwohner von
ihren giihtern vertrieben und grofsen
schaden in dem land, in dem Bar-
nimbgenannt,umblangderstadt
Bernau eingefuhrt. — Sonderlich aber
ist's wohl zu mercken,das8 damalfs uber 600
biirger sind zu Straufsberg gewesen, dagegen
itziger Zeit wegen der grofsen vielfaltigen Brerur
kriege und verwahrlosung der brandt-
schaden nicht mehr denn 200 biirger inner-
halb der ringmauer wohnen, welches war-
lich ein grofser abschlag ist.
Zuletzt ist der vermessene, iiber-
miitige Dieterich von Quitzow des fur-
traten ihrem Bundc erst am 2. April 1402 in dem Vertrage zu Gnoyen bei (Riedel
I, 4, 84). Die Angabe des Rufus ^Grautoff II, 463), dass auch der Herzog Ulrich von
Meckl.-Stargard an dem Bttndnisse theil genommen und 1402 die Orte Freudenberg
und Strausberg mit erobert habe, beruht auf einem Irrthum in Folge einer Verwechse-
lung jenes Ulrich mit dem Grafen Ulrich von Lindow. Im Jahre 1401 freilich hatten
die Herzoge von Meckl.-Stargard die Mark bekampft, aber bereits am 27. August 1401
war durch Bischof Johann IV. von Lebus mit ihnen ein 3jahriger Friede abgeschlossen
worden. Vergl. Rudloff a. a. 0. S. 546 und Boll, Gesch. d. Land. Starg. II, 92.
') Das richtige Datum hat Hafftiz; bei Angelus ist die nahere Bestimmung„Mittwochs
vor" St. Matth. ausgelassen. a ) Die Bezeichnung Strausbergs als „mein Vaterland" ruhrt
nicht von Wusterwitz, sondern von Angelus her, denndieser, nicht jener war zu Strausberg
geboren. 8 ) Auch die Worte „auffm Barnim fast bis an Berlin" dUrften auf Angelus
zuriickzuftthren sein, der in Strausberg auf dem Barnim lebte,als er dieselben schrieb. Die
entsprechenden Worte bei Hafftiz sind aufserdem sachlich genauer, denn die Verwustung,
welche die pommerschen Schaaren anrichteten, traf gerade die Gegend bei Bernau und
Strausberg. Eine Anzahl damals verbrannter Dorfer ist nicht wieder aufgebaut. Ihre
Namen s. bei Kloden, Quitzow's u. s. w. II, 85. Ueber den Kampf urn Strausberg
vergl. auch Wohlbruck, Gesch. d. Bisth. Lebus II, 99 u. fg.
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Angelus.
Hafftiz.
41
1402. Thiire 1 ) geraubet, von herrn Johann,
hertzoge zu Mechelburg, mit hiilff der
burger zu Spandaw gefangen und ins
Gefengniss und der bestrickttng biss
auff des marggrafen Jodoci ankunfft
gehalten worden. 2 ) Wusterwitzius.
10. Nov. Im selbigen jare freytags vor Mar-
tini sind Hans von Steinforde, 3 ) Jor-
danus von Alvenfsleben, 4 ) Busso von
Alvenfsleben, 5 ) Heinrich von Niit-
ze, 6 ) Hans Trefskaw 7 ) mit andern
lebensgenossen des herrn Alberti,
ertzbischoffes von Magdeburg, und
einer grofsen schar gewapneter nach
ihrer gewonheit ins Havelland zu
rauben und zu nehmen aufsgezogen
nemens und vermeinens,diegantze welt 1402.
mit seinen krafften zu driicken und
seiner herrschung zu unterwerffen
(wie das menschliche gemtit allewege mehr
zu habeu und sich mit seinen ortern und
von Gott gegebenen giihtern nicht geniigen
zu lassen geneigt) bey dem berge Thiire
bey Trebin *) nach einer kleinen zeit,
da er in meinung zu rauben in die-
selbe gegendt gezogen, von herrn Jo-
hann, hertzoge undfiirsten zu Mecklen-
burg, mit hiilffe der biirger zu Spandau
gefangen und in der gefangnis bifs zu
der zukunfft herrn Jodoci, marggraffen
zu Brandenburg, unter seinem glauben
und bestrickung enthalten worden 2 ).
In demselbigen jahre freytags negst 10. Nov.
fur S. Martenstag sind Hasse von
Steinfurt 3 ), Jordanus von Alvens-
leben 4 ), Hartwich von Nutze 6 ) und
Johann Treschkow 7 ) mit andern
lehnsgenossen des herrn Alberti, ertz-
bischoffs zu Magdeburg, mit einer
grofsen schaar der gewapneten nach
ihrer gewohnheit ins Havellandt, in
meinung zu nehmen und zu rauben.
*) Thiire ist das heutige Thiirow bei Trebbin, 4 Meilen siidwestl. von Berlin.
Auch die Magdeburger Schflffenchron. z. J. 1403 verlegt Thiire in die Landschaft
Teltow nahe dem Orte Trebbin; Kltfden, Quitzow's II, 99 dagegen in die Nahe des
Dorfes Tremmen, nordostlich von Brandenburg. 8 ) Die Gefangenschaft Dietrich's
von Q. muss bis gegen das Ende des Nov. 1402 gedauert haben. Nach Riedel II, 3,
157 war Jobst am 25. Nov. 1402 in Berlin. 8 ) Hasse von Steinfurth, nicht Hans
v. St. — die Magd. Schoff.-Chr. z. J. 1420 nennt ihn Heise v. St. — war in der
Magdeburg. Borde angesessen und Besitzer der Burgen Alvensleben und Egeln.
4 ) Ein Jordan von Alvensleben existirte um 1402 nicht, wie Wohlbruck, der Ver-
fasser einer urkundlichen Gesch. dieses Geschlechtes (I, 405) nachgewiesen hat. Der
Theilnehmer an dem Raubzuge hiefs nach Wohlbruck's gut begriindeter Vermuthung
vielmehr Jordan von A Isle ben. Er war ein in der Priegnitz um 1402 angesessener
Edelmann. Die Uebereinstimmung der beiden Referenten hinsichtlich des Namens
Alvensleben beweist, dass schon Wusterwitz denselben ungenau uberliefert hatte.
6 ) Busso von Alv. ist von Hafftiz oder seinem Abschreiber nicht erwahnt, obgleich
Hafftiz spater der Gefangennahme und Ermordung Busso's gedenkt. 6 ) Hart wig,
nicht Heinrich vou Niitze (vergl. Wohlbrtick a. a. 0.) fiihrte seinen Namen nach dem
Dorfe Uetze in der Luneburger Yoigtei Meinersen (die Schreibung des Namens Niitze
beruht auf einer Attraction des n in dem Worte „von"). Er war braunschweigischer
Erzkammerer und wohnte zu Erxleben. 7 ) Ueber Johann von Treskow s. die
Anm. z. J. 1394.
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42
Angelus
Hafftiz.
H02. und sind bifs ins dorff Tremmen, *)
welches auff halbem weg zwischen
Brandenburg und Spandaw ligt, kom-
men. Diesen sind begegnet Heinrich
Monteufel, hertzogs Johansen in
Mechelburg marschalck, sainpt den
biirgern beyder stadte Brandenburg,
Hans von Schlieben 2 ), difsmal auff
dem schlosse Frysack, und Hanfs
Zicker, auff dem schlosse hohen Nawen
bey Rathenaw 3 ) wohnende, und vielem
havellandischen landvolck, und haben
mit den Magdeburgischen, ihren fein-
den, bei dem walde Wernitz 4 ) ein
treffen gehalten und hefftiglichen ge-
stritten, und sind in diesem schar-
miitzel auff der Marcker seiten umb-
kommen Heinrich von Stechow, so den
vorzug gehabt und feme an der
spitzen gehalten und defs herrn von
Mechelburg diener einer, mit namen
Barstorff. Die Marcker aber haben
denen aus dem ertzstifft Magdeburg
iiber sechtzig abgefangen und dieselbe
mit ihren waffen, harnisch und pfer-
den in die neue stad Brandenburg
mit triumph gefiihret. Und Busso
von Alvensleben ist hernach aus
hitzigem, zornigem gemiihte am leben
gestrafft und getodtet worden 6 ), un-
ins dorff Tremmen *) gezogen. Es hat 1402.
aber einer zu der zeit, Henning Man-
teuffel genannt, des fursten Johan-
sen, hertzogs zu Mecklenburg, mar-
schalck, mit dem bannyr desselben
fursten und den biirgern beyder stadte
Brandenburg und vielen mehr der
mannschafft im vorgenannten lande,
alls Johann von Schlieben 2 ) auff dein
schlosse Frysack, und Johann Zicker
auff dem schlosse hohen Nauen 3 ) bey
Rathenow wohnende, bey dem walde
Wernitz 4 ) eine schlacht gehalten; ha-
ben alda hertiglich mit ihren wehren
gefochten und gestritten, da von den
Marckern Henning von Stechow, an
der spitze den vorzug haltende, und
einer, genannt Borstorff, ein diener
des hertzogs von Mecklenburg, daselbst
sind erschlagen worden. Aber Gott,
der den unschuldigen ein wahrhaff-
tiges mittel und artzney gewesen, hat
den Marckern gnade verliehen, dass
sie der Magdeburgischen iiber 60 ge-
fangen, mit ihren waffen, harnisch und
pferden in die neustadt Brandenburg
mit triumph gefiirt und Busse von
Alvensleben ertodt 5 ), welcher (wie
man gesagt) sein persohn zu freyende
1000 schock boehm. grosch. bittende
*) Tremmen, ein Dorf nordostl. von Brandenburg. 2 ) Hinsichtlich des Vornamens
Johann oder Hans, den der Ritter von Schlieben gefuhrt haben soil, scheint Wuster-
witz an dieser Stelle, durch die Namen Johann von Meckelnb. und Hans Zicker
verleitet, einen Irrthum begangen zu haben, denn er selbst nennt z. J. 1409 den
Pfandinhaber des Schlosses Friesack Balthasar von Schlieben, welcher Name auch
urkundlich bei Worb's (Inventar. diplom. Lusatiae infer. S. 207) und bei Riedel (II,
3, 166) bezeugt ist. Wust. schildort ihn als einen „ehrlichen, getreuen und streit-
baren Ritter", und dieses Lob kennzeichnet zugleich die den Brandenburgern freund-
liche Haltung des Mannes in jenen fehdereichen Tagen. Demzufolge wird man kaum
irren, wenn man in demselben den Theilnehmer an dem Gefechte bei dem Walde
Wernitz erblickt. Balthasar v. Schlieb. war im ubrigen Besitzer der Herrschaft
Baruth bei Berlin, welche 27 Dorfer umfasste. 8 ) Hohennauen, heute ein Dorf,
liegt eine Meile nordl. von Rathenow. 4 ) Der Wald Wernitz, der heute nicht
mehr vorhanden ist, lag westlich von dem nahe bei der Stadt Brandenburg befind-
lichen Beetzsee. 6 ) Die Ermordung des gefangenen Busso von Alvensleben in
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Angelus.
Hafftiz.
43
1402. angesehen, dass er zu seiner befrey-
ung tausend schock boehmischer gro-
schen geboten, daraus folgendes nicht
wenig hass und widerwillen erwach-
sen. Wusterwitzius.
1403. Diesen schimpf und schaden zu
rechen, sind die Magdeburgischen mit
Hanfs von Quitzaw und sonst vielen
reutern und fu&volck im tausend vier-
s. Marz. hundert und dritten jahr donnerstages
nach Invocavit, bey nachtschlaffender
zeit heimlich in die kirche zu S. Nico-
lai aufswendig der alten stad Bran-
denburg komenund habendesmorgens
die stadt durch etliche wollen lassen
anlauffen, der meynung, die burger
wiirden sich heraus machen und ihnen
nachjagen, alfsdenn wolten sie die
hinterstelligen erschnappen*) und mit
sich gefanglich hinweg fiihren. Aber
der raht und die burger haben den
braten gerochen, und ist Ahitophels
raht zu nichte geworden und das ge-
schoss Jonathae 3 ) hinter sich gangen
und die schifsenden selber verwun-
det. Denn die burger in der stad
seumeten sich und folgten ihnen nicht
balde nach, sondern riisteten sich und
schickten unterdefs eilends einen rei-
tenden boten zum herrn Johansen,
hertzogen in Mechelburg, der damals
im closter Lehnin, zwo meilen von Bran-
gebohten, wiewohl umbsonst, denn 1402.
das zornige gemiiht hat keine barm-
hertzigkeit erzeigen wollen, und hat
derwegeu aus hitzigem gemuhte des
wiedertheilfs 1 ) sterben miissen,
daraufs nicht geringer hass und
widerwille erwachsen.
Alfs die Magdeburgischen sich ver- 1403.
meinten zurachenund ihre gefangenen
wieder zu erlosen, haben sie einen rath
gehalten mit Johann von Quitzow in
versamlung vieler leut und fufsganger
und haben sich anno Christi 1403 8. Marz.
donnerstags nach Invocavit in S. Nico-
laus kirche auswendig der alten stadt
Brandenburg mit den pferden gelegt,
die fenster der kirchen .zerbrochen,
und etliche von den ihrigen an der
alten stadt anlauffen lassen, des ver-
hoffens, die burger wiirden ihnen fol-
gen und also in die hande kommen,
damit sie dieselben gefanglich an-
nehmen mochten; aber dies thun ist
nicht verheelet gewesen den biirgern,
und Ahitophels raht ist zu nichte
worden und das geschos Jonathans 3 )
hinter sich gangen und die anschie-
fsenden verwundt. Denn da die bur-
ger verzogen, indem dass sie sich
riisteten, schickten sie eilendt einen
reitenden bohten nach hertzog Johann
zu Meckelburg, der im kloster Lenin
verharte, und nach Wichart von Rocho w
zu Goltzow; da sie kamen, folgten sie
Brandenburg erwahnt auch die Magd. Schoff.-Chronik z. J. 1403 mit den Worteu: do
wart Busse van Alvensleben vor Arkesleve erslaghen. /Statt vor ist in dieser Stelle,
wie auch Janicke, der Herausgeber jener Chronik, (S. 313) annimmt, van zu lesen,
denn es handelt sich hier nur um die Notiz, dass Busso von der Erxlebener Linie
der Alvensleben abstammte.
J ) Des Wiedertheils =* seiner Gegner, der erbitterten Brandenburger. Bei Angelus
fehlt dieser Genetiv, und dadurch ist diese Stelle in seinem Berichte unklar geworden.
8 ) Der Sinn ist: Die den Feind verfolgenden und von der Stadt sich entfernenden
Burger sollten von den in der Kirche befindlichen Leuten im Rucken angegriffen
werden. 3 ) Vergl. 2 Sam. 17, 1, 2 u. 23; und 1 Sam. 20, 18 — 22.
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44
Angelus.
Hafftiz.
1403. denburg 1 ), lag, und zu Wichard von
Rochaw zur Golsen, und da die an-
kamen, folgten sie ihnen fein eintrech-
tiglich mit gesamleten hauffen und
stelleten also den alten strafsenrau-
bern, als Ludovico von Neuendorff, Jo-
hannTrefskawen, NickelnvonWet-
tyn, Heinrich von Isenburg und an-
dern vornemen mannern fleifsig nach
und brachten noch vor essens iiber
viertzig manner, die nicht geringer
gewalt, geschlechts und adels waren,
gen Brandenburg. Da sahen die alte
und neue gefangene einander mit be-
triibten und wehklagenden angesichten
an, und ward dem raht in der alten
stadt Brandenburg befohlen, dass sie
die gefangenen annemen, zu bande
und in die hafft bringen und wohl
verwahren, auch folgendes ihres ge-
fallens schatzen solten. Hat demnach
genandter Ludewig von Neuendorff
tausend schock boehmischer groschen
zu seiner erledigung zu geben ange-
lobet und einen sonderlichen termin,
sich wider einzustellen und demsel-
ben also nachzukommen ernennet, und
difs bei seinen treuen und glauben
unvorbriichlich, stet und fest zu hal-
ten, zugesaget, aber hernachmal treu
und glauben hindan gesetzt und
aufsen blieben. Doch hat er acht
hundert schock genandter groschen
zu seiner erlosung bezalet, und fur
das andere zweene biirgen gesetzt,
unter welchen einer auch ein mitge-
eintrachtig und stelleten den alten im
strafsenraubern nach, Ludewich von
Neuendorff, Johann Treschkowen 2 ),
Heinrich von Isemburg und andern
viel furnehmen mannern und brachten
noch fur essens gegen Brandenburg
eingefiihrt 40 mann, nicht geringer
gewalt und adels, da ein gefangener
den andern mit betriibtem angesichte
undwehklagenderstimme gegriifstund
empfangen; die lieber vom raht der
alten stadt Brandenburg angenommen,
sind hart in stock gesetzt, und also
hat der genante Ludewig von Nein-
dorff sich zu losen 1000 schock boeh-
mischer groschen zu geben gelobt und
zugesagt, und darauff einen termin
sich zu stellen, demselben nachzu-
kommen, auff seinen glauben und
treue genommen. Aber er hat her-
nach treue und glauben vergessen und
sich nicht wieder eingestellet, jedoch
800 schock genannter groschen zu
seiner erlosung bezalt, biirgen gesetzt
zu Zerbst,Loburga) undBorch 3 ).
Darnach hat ein gefangener burger,
a) A, Loburden; allein ein solcher Ort existirt nicht. B und die Handschriften des Ber-
liner Magistrates No. 5, und des Nicolai'schen Nachlasses No. 25: Loburg, nahe bei Zerbst.
J ) Dass die Lage des Klosters Lehnin in dieser Weise von Wusterwitz bezeichnet
worden sei, scheint mir durchaus zweifelhaft, denn seine sonstigen topographischen An-
gaben lauten einfach: Milow bei Rathenow, Thttre bei Trebbin u. s. w. Jene Bemerkung
kennzeichnet sich durch ihre Fassung vielmehr als ein fttr das grofsere Publikum
bestimmter erklarender Zusatz des Angelus. ■) Nickel von Wettin ist von Hafftiz
ubersehen. 3 ) Borch, das heutige Burg bei Magdeburg.
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Angel us.
Hafftiz.
45
1403. fangener biirger mit uamen Hanfs 1 )
Schiiler gewesen, und dieser hat hun-
dert schock wegen erwehnten Lude-
wigs bezahlet. Die andern hundert
schock sind unbezalet blieben. Denn
ob wol Ludewig von Neuendorf von
den Brandenburgern durch schelt-
brieffe, so zu fiirsten und stadten ge-
schickt, und angeschlagen worden, zur
zahlung ermahnet und treulich fur
schaden gewarnet worden 2 ), jedoch
hat er sich weniger denn nichts da-
ran kehren wollen. Es ist auch Johann
Trefskawmitvielen andern gefangenen
in verheischung ihrer ehren treulofs
worden, und hat sich auff angesetzten
termin nicht wider eingestellet. Daher
ists endlich kommen, dass sie alle
schmelich abgemahlet worden, in
einem tanz mit blauen handen 3 ),
und Ludewig von Neuendorff als vor-
tantzer forne an mit einem weifsen
hute, mit einer rohten schnur umb-
geben, wie die scharffrichter pflegen
zu tragen. Wusterwitzius.
Niclas 1 ) Schiiler genannt, fiir den 1403.
genannten Ludewig bezalt 100 schock,
aber die iibrigen 100 hat er nicht
bezahlt, obwohl er offtmalfs durch
Schuldbrieffe, zu fiirsten und stadten
geschickt, und angeschlagen, von bur-
gen ») dazu ermant und gewarnt 2 ).
Er hat aber nichts darauff gegeben,
sondern ist in der treulosigkeit ge-
blieben; daraus folgt, wer den glau-
ben verleuret, der mag und kann
nichts hohers verlieren. Es ist auch
Johann Treschkow mit vielen andern
gefangenen alda in der vergessung
ihrer ehren treulohs worden, sich auff
angesetzte termin nicht wieder ein-
gestellet; darumb sind schuldbrieffe
angeschlagen, darin sie abgemahlt
alle in einem tantze mit blauen h e m b -
den*>) 8 ) und Ludewig von Neuendorff
alfs vortantzer mit einem weifsen hut
und einer rohten binde, alfs der hencker
pflegt zu tragen, vorgereyet.
a) Hndschr. No. 25 bei Nicolai: von den Bttrgern. b) B und die Handschriften
der Konigl. Bibl. z. Berlin No. 639 und des Nicolai'schen Nachlasses No. 25 und 286: mit
blauen Badehemden.
*) Wer die Differenz in den Vornamen Schulers verursacht hat, ist nicht mehr zu er-
mitteln. a ) Nach Hafftiz' Referat wiirde Ludewig v. N. zweimal an sein Ehrenwort ge-
mahnt worden sein, erst durch die Burgschaft leistenden Burger zu Zerbst u. s. w., und
sodann durch die Brandenburger. Die Bezeichnung ihrer Schmahbriefe durch Schelt-
und Schuldbriefe erklart sich, wenn man von der Annahme ausgeht, dass der originale
Ausdruck bei Wusterwitz Scholdebriefe geheifsen habe. Mit diesem Worte naralicb
bezeichnete der Burggraf Friedrich v. Niirnberg in einem Schreiben vom 1. Sept 1412
(Wohlbruck, Lebus II, 34) einen von dem Berliner Burger Hans Berkholz gegen den
Bischof Johann IV. von Lebus gerichteten Schmah brief, welcher auf Befehl des Burg-
graf en widerrufen werden musste; das Schreiben des Letzteren beginnt mit den
Worten: „Wir Friedrich u. s. w. thun kundt mit diesem brief, das uns furbracht hatt
herr Johanns, bischof zu Lubuss, solche Scholdebrieff, als Hans Berkholz ihn ge-
scholden und dese brieve an den pranger zum Berlin geschlagen hat." Bei der
Interpretation des Wortes Scholdebrief yerfiel Hafftiz irrthumlich auf Schuld brief,
wahrend Angelus rich tig Scheltbrief ubersetzte. 8 ) Die Lesart: blaue Hemden
oder gar Badehemden bei Hafftiz ist nur eine aus Unkenntniss der hier auszu-
druckenden Beziehung hervorgegangene Conjectur und durchaus zu verwerfen. Die
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46
Angelus.
Hafftiz.
1403,
21. Sept.
Im selben tausend vier hundert und
dritten jahr nach Christi geburt umb
S. Matthaei ist Jodocus, marggraff zu
Brandenburg und in Mahren, gen
Berlin ankomraen 1 ) und hat die hert-
zoge von Mechelburg, Johansen und
Ulrichen voin ampt der hauptmann-
schafft widerumb enturlaubet und an
ihre stat herrn Giintheruni, graffen
zu Schwartzburg,verordnet 2 ), inhoff-
nung und zuversicht, die Marck wiirde
umb graff Giinthers willen mit dem
Magdeburgischen lande zu friede und
einigkeit gebracht werden, weil des
genannten graffen Giinthers sohn,
auch Guntherus genand, zu der zeit,
nemlich des andern tages nach
Johannis Baptistae dieses 1403
jares, zum ertzbischoff zu Magdeburg
erwehlet war.
ii. Nov. Darnach, umb St. Martinitag 3 ), als
marggraffe Jodocus etliche gelde in
der Marck gesamlet, ist er widerumb
1403,
In demselbigen jahre umb S. Mat-
thaeus tag ist herr Jodocus, marggraff 21 " Sept
zu Brandenburg, aus Mahren gegen
Berlin kommen l ) und (hat) die hert-
zogen von Meckelburg abgesagt von
der hauptmannschafft der Marcke und
an ihre stadt verordnet herr Giinthern,
graffen zu Schwartzburg*), in hoff-
nung, dass die Marcke mit dem Magde-
burgischen lande zu verbindunge des
friedes mochte gebracht werden, um
herrn Gunthers willen, der ein sohn
des genannten graffen und zu der
zeit (zum) ertzbischoff zu Magdeburg
erwehlet war
Darnach, umb Martini 3 ), alfs herr n. n«t
Jodocus, marggraff zu Brandenburg,
seinen beutel gefullt, ist er wiederumb
Abbildung der treulosen Ad lichen mit blauen Handen enthalt namlich eine An-
spielung auf den von ibnen begangenen Meineid und den alten Glauben, dass dem
Falschschworenden die Finger er schwarz ten, wie J. Grimm (Deutsche Rechts-
alterthum. S. 905) sich ausdrtickte.
*) Am 18. Aug. 1403 war Jobst in Luckau nach Riedel I, 23, 141; am 28. Oc-
tober 1403 in Tangermunde nach Ried. I, 17, 264 u. I, 3, 409. In der Zwischenzeit
beruhrte er Berlin, wohin er von Tangermunde auch wieder zuriickkehrte. a ) Die
Hauptmannschaft ttber die Priegnitz behielten die Herzoge von Meckl.-Starg. und iibten
sie noch am 18. Juni 1404 aus (Rudloff, Pragm. Handb. II, 552). Am 28. Octob. 1403
ubertrug Jobst die Hauptmannschaft ttber die Altmark zu Tangermunde den Grafen
und Vettern Heinrich und Gttnther v. Schwarzburg (Riedel II, 3, 162), nicht dem
letzteren allein, wie Wust. angiebt; am 24. Nov. 1403 bestellte er zu Berlin dieselben
auch zu Verwesern der Mittelmark „nach unser herren, mannen und stede rat, wissen
und vplbort" (Riedel II, 3, 165) An demselben Tage verburgten die Landstande der
Mittelmark den Grafen die Riickerstattung aller Kosten, die ihnen aus ihrem Amte
erwachsen wurden (ebend.). Unter den zu Berlin versammelten Standen werden ge-
nannt die Bischdfe von Lebus, Brandenburg und Havelberg und von bekannten Per-
sonen: Wichard von Rochow, Lippold von Bredow, der fruhere Statthalter, Balthasar
von Schlieben, Poppo von Holzendorff u. Hans Zicker. Dagegen fehlten Dietrich und
Johann von (juitzow, welche, wie der folgende Bericht ergiebt, gegen die Schwarz-
burger waren. — Wie Wusterwitz gedenkt auch der Abt Heinrich Stich von Lehnin
in seinen Aufzeichnungen (Ried. I, 10, 415) der Hauptmannschaft nur eines Grafen
v. Schwarzburg. 8 ) Am 24. Nov. 1403 war Jobst noch in Berlin, am 5. Dec. aber
bereits zu Freiberg in Sachsen (Riedel II, 3, 167). '
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Angelas
Hafftiz.
47
H03. ins land Mahrea gezogen und hat die
Marcker in irrung und triibsal, wie er
sie gefunden, gelassen. Wusterwitzius*
Da nun graff Giinther von Schwartz-
burg im anfange seiner verwaltung und
hauptmannschafft gen Tangermiinde
Ziehen und iiber die Elbe schiffen
wollen, hat er mit seinem gesinde, des-
sen er viel bey sich gehabt, nicht zu-
gleich konnen zu schiff treten und
hiniiber fahren, dais also ein theil
nothwendig difseit der Elbe hat blei-
ben miissen, bifs das schiff wider her-
iiber kame. Was geschiehet aber?
weil der graff mit etlichen den seinen
zu schiffe sitzet und sich iiber die
Elbe setzen lesset, machet sich Died-
rich von Quitzaw mit den seinen aus
den buschen und gestreuch, darinn
er sich verborgen, iiberfelt des graf-
fen hinterstelliges volck difseit der
Elbe und nimpt die besten kleinodien
gedachtes graffen hinweg. Derhalben,
als der graff sihet, dass er schaden
nimpt, da er frommen haben sol, iiber-
gibet er seine hauptmannschafft kurz
hernach *). Wusterwitzius.
Als nu (wie aus dem vorigen zu
entnehmen) die Marcker ohne haupt
und regenten waren und sahen, dass
sie iiberall in schaden blieben und
sich ihre sachen nirgend bessern wol-
in Mahren gezogen; die Marcke in uoa.
irrunge und triibseeligkeit, wie er sie
gefunden, gelassen.
. Herr Giinther aber zu Schwartzen-
burg, nachdem er verweser und haupt-
mann der Marcke war worden, und
anfanglich gegen Tangermiinde Ziehen
wolte und sein gesinde auff einmahl
iiber die Elbe nicht mochte gesetzt
werden,hatsichDieterich vonQuitzow,
in den piischen und strauchen ver-
haltende, eilendts iiber graff Giinthers
gesinde, so difseit der Elbe war, ge-
macht, dasselbe beraubt und diebesten
kleinodien des graffen genommen,
welcher, alls er geseben, dass er bey
seiner hauptmannschafft mehr schaden
als frommen nehmen solte, hat er in
betrachtung, dass dem anfang fur zu
kommen, denn das bose durch ein-
wurzeln zuzunehmen lassen, raht*
sahmer sey, seine hauptmannschafft
kurz darnach ubergeben. 1 )
In diesem jahr soil Sigismundus, konig
in Ungarn, die Neumarcker den Polacken
verpfandet haben urn 10,000 polnische
marck, wie etliche meinen. Brevianum.
Affs aber die armen Marcker, da
sie keinen regenten oder haupt hatten,
sahen, dass sie in schaden blieben und
ihre sachen sich nicht besserten, haben
sie mit den graffen zu Lindow und
*) Die Zeit des Ueberfalles Gunthers von Schwarzburg an der Elbe ist nicht
uberliefert. Hidden (Quitzow's II, 134) giebt den 10. Januar 1404 an, aber keine
Belegstelle dafiir. Dass Gunther in Folge des Ueberfalles auf die Hauptmannschaft
verzichtet habe, wie Wust. meldet, ist unrichtig, denn er ftihrte dieselbe noch im
Sommer 1405. Am 16. Jani 1405 verbanden sich mit ihm als „einem Vorstender
der Marcke z. Brand." die Herzdge Rudolf und Albrecht von Sachsen-Wittenberg und
der Erzbischof Giinther von Magdeburg zu gemeinsamer Bekampfung der Rauber in
ihren Landschaften (Ried. II, 3, 169). Noch am 14. Juli 1405 fungirten Heinrich und
Gunther v. Schw. als „Vorstendere der Marcke z. Br." zu Tangermiinde (Ried. 1, 17, 265).
Dass nur Heinrich, nicht aber Giinther v. Schw. bald nach dem Ueberfalle auf das
Amt des Verwesers verzichtet habe, wie Klflden a. a. 0. S. 135 Wusterwitz* Bericht
corrigirt, ist hiernach ebenfalls nicht richtig. Erst am 18. Mai 1406 iibertrug Jobst den
Grafen Ulrich und Giinther v. Lindow den Schutz der Mark Br. bis Weihnachten unter
Ueberlas8ung der landesherrlichen Einkitnfte aus der l^ittelmark (Ried. 1, 4, 87 und 90).
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48
Angelus.
Hafftiz.
1404,
17. Sept
1407,
11. Nov.
1403. ten, machten sie mit den graffen von
Lindaw und denen von Quitzaw einen
fried. Da das geschehen, hat alsbald
Diederich von Quitzaw eine andere
sache erfunden und hat den hertzogen
von Stettin und Wolgast entsaget 1 ),
hat auch mitwochs vor Sanct Matthai
tag die stadt Straufsberg, welche er
zuvor im tausend vierhundert und
andern jahr hatte helffen einnemen
und verwiisten, aus der pommerischen
fursten hande geriefsen und wieder-
umb zur Marck gebracht und also das
vergossene muhs wider aufflesen wolleu*
Item er hat auch einen eyd gethan,
dass er der Marck in alien nohten
treu seyn und derselben wider alle
ihre feinde hiilff und raht mittheilen
wolte 2 ). Nach diesem eyd sind ihm
die Marcker anhengig geworden und
haben ihn mit geschencken und
erzeigung manchfeltiger ehren hoch
erhoben. Wusterwitzius.
Im tausend vier hundert undsieben-
den jahr 3 ) um S. Martinitag hat marg*
Quitzowen frieden gemachet; da das 1403.
geschehen, hat Dieterich von Quitzow
eine sache erticht und den hertzogen
von Stettin und Wolgast entsagt 1 )
und anno Christi 1404 mittwochs zu- i*><
negst fiir S. Matthaus tag das stadt- ltm ^
lein Straufsberg, so er zuvor selbst
au8gestritten und verwiistet, wieder-
umb gewonnen und zur Mar eke ge-
bracht, und da er seine rauberey nicht
also mehr mochte iiben, hat er das
verschiittete muefs wieder wollen auff-
lesen und hat einen eydt gethan, der
Marck in alien nohten getreu zu seyn
und wieder alle feinde und wieder-
wertigkeit hiilfe, raht und beystandt
zu leisten 2 ), nach welchem ihm auch
die Marcker anhangig sind geworden,
und mit geschencken und ehren man-
nigfaltig gezieret, wiewohl er von
seinen fiichsischen tiicken und hinder-
listen nicht abgestanden ist
Anno Christi 1406 3 ) an S. Mer-
tens tag, alfs herr Johanfs zu Meckel-
140^.
11. >V
*) Herzog von Pommern - Stettin war Suantibor, Nachfolger des im Marz 1404
kinderlos gestorbenen Bogislav VIII. Die Herzflge von Pommern -Wolgast hiefsen
Barnim VI. und Wartislaw VIII. Vergl. Barthold, Gesch. v. Rugen-Pomm. Ill, 564
u. 568. 2 ) Auf diese Verbindung der Marker mit den Quitzow's bezieht sich
wahrscheinlich die an die Erwahnung der Hauptmannschaft Gttnthers v. Schw. sich
anschliefsende Mittheilung des Abtes von Lehnin (Riedel I, 10, 415), dass die Stande
der Mittelmark zu Berlin den Quitzow's 800 Schock b. Gr. jahrlich zahlen wollten,
wenn sie die Beschutzung der Mark ubernehmen wiirden , gegen welches Abkommen
sich aber Brandenburg, die Rochow's, andere „Mannen und Stadte" und endlich auch
Jobst erklart hatten. Dass trotz dieser Opposition die Quitzow's eine den Wiinschen
der Majoritat der Stande entsprechende Stellung in der Mark erhielten, beweist ihr
von den Stadten lebhaft unterstUtzter Angriff auf Strausberg. Die Theilnahme der
Frankfurter an diesem Unternehmen bezeugen die Memorabilien des Frankf. Stadt-
schreibers Stajus (Riedel IV, 1, 322): ,,1404 Herfart auf Strauspergk, die Zeit, wie
T. Quitzow Strauspergk den Stetten ubergeben, ist Frankfurt allein aufgegangen
469 Schock 10V 2 Groschen."
8 ) Ueber das Jahr 1405 und ebenso uber das folgende
(denn was Hafftiz zum J. 1406 meldet, gehort in das J. 1407) scheinen sich bei Wuster-
witz keinerlei Nachrichten gefunden zu haben. Auch aus anderen Quellen hat Angelus
in seinen Annalen zum Jahre 1405 keine Mittheilungen gemacht. Aus Peter Beckers
Zerbster Chronik z. J. 1405 erfahren wir, dass Johann v. Q. den Grafen Albrecht von
Anhalt gegen dessen Neffen Waldemar unterstutzte, und ihm die von diesem ein-
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Angelus.
Hatftiz.
49
1407. graff Jodocus zu Brandenburg und
Mahren hertzog Johan in Mechelbnrg
zu sich gen Berlin erfordert und be-
scheiden 1 ). Als nun hertzog Johan
dahin hat kominen wollen, haben ihm
Diederich und Hanfs von Quitzaw ge-
briidere ini wege bey Liebenwalde
auff dem dienst gewartet, und haben
ihn da gefangen genommen, unange-
sehen, dass er des marggraffen frey
und sicher geleite hatte, und haben
ihn auffs schloss Plawen gefiihret und
ihn daselbst lenger denn ein jahr in
harten, schweren gefengniifs erhalten.
Es haben ihm aber die burger der
neuen stad Brandenburg nottiirfftige
zehrung zugeschickt in betrachtung
der vorigen wolthaten, so sie zuvor,
da er iiber die Marck hauptman ge-
wesen, von ihm empfangen hatten.
Wusterwitzius.
Im selben winter haben auch ge-
melte zweene briider Diederich und
Hanfs von Quitzaw zwey schlosser,
als Saremund und Koepenick, welche
marggraff Wilhelm zu Meifsen,
burg von marggraff Jodocus zu Bran- ho6.
denburg gefordert 1 ), gegen Berlin
hat ziehen wollen, ist er von Dieterich
und Hanfs' von Quitzow gebriidern
auff dem wege bey Liebenwalde ge-
fangen, unangesehen, dass er des
marggraffen frey und sicher geleit
hatte, und auf das schloss Plaue ge-
fuhrt, langer alfs ein jahr in schwerer
gefangnis gehalten und erbarmlich
bewahret, da er mancherley elend er-
litten; aber die biirger der neustadt
Brandenburg, in betrachtung der wol-
thaten, so sie zuvor v6n ihme, da er
iiber die Marcke hauptmann war,
empfangen hatten, haben ihm noht-
diirfftige zehrunge geschickt.
In demselben winter haben Diete-
rich und Hanfs gebriidere von Quitzow
mitgewaltausgestritten zweene schlos-
ser, alfs Saarmundt und Koepenick,
und ist der winter so hart und kalt
genommene Burg Dessau wiedererobern half. Albrecht verpf&ndete ihm dafiir Schloss
und Dorf Hundeluft, ostlich von Zerbst. — Hinsichtlich des Jahres der Gefangennahme
des Herzogs Johann weichen Angelus und Hafftiz wesentlich yon einander ab. Der
eine verlegt sie in das Jahr 1407, der andere in das Jahr 1406. Auch im Breviarium
nennt Angelus das Jahr 1407. Die Prufung ergiebt 1407 als das richtige Jahr; beide
Autoren namlich berichten, dass Johann langer als ein Jahr in Plaue gefangen ge-
sessen habe. Seine Freiheit aber erhielt er urn Weihnachten 1408 wieder durch Aus-
wechselung mit Johann v. Q., welcher im Octob. 1408 in die Gefangenschaft Ulrichs
von Meckl. gerathen war. Bei der Annahme, dass der Herzog im Nov. 1406 gefangen
genommen sei, wurde derselbe iiber zwei Jahre sich in Gefangenschaft befunden
haben. Ferner berichten beide Autoren, dass der Winter, den Johann von Meckl. in
Plaue zubrachte, von ungewohnlicher Strenge gewesen sei; durch eine scharfe Kalte
aber zeichnete sich der Winter 1407/8 aus, denn der Lubecker Chronist Rufus (Grau-
toff II, 472) schreibt daruber: Jn demesulven wyntere was en hard langh vrost by
der zee, de begand in sunte mertens dage und durete wente to mitvasten. Alle watere
weren so hard gevroren, dat men se ryden und varen mochte also uppe deme lande. *
*) Dass Jobst sich um den 10. Nov. 1407 in Berlin aufgehalten habe, ist durch
eine Urk. nicht zu erweisen; nach Aschbach (Sigismund I, 537) wurde er 1407 von
Wenzel nach Bautzen und Gcrlitz gesandt, um hier Unruhen beizulegen.
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Angelus.
Hafftiz.
1407. mit dem zunamen der einaugige,
umb8 1398. jahrzu sich gekaufft
hatte 1 ), mit gewalt erstritten und
eingenommen. Und ist der winter in
diesem jahr so hart und kalt gewesen,
dass manner von achtzig jahren be-
kandt, sie hetten ihr lebetage keinen
hartern winter erfahren. Wuster-
witzius.
1408, Im tausend vier hundert und ach-
2. Febr. ^ m j a ^^ ^^ Purificationis Mariae in
der nacht, ist hertzog Johan aus Me-
chelburg aus der custodien und ge-
fengniifs zu Plawen durch hiilff eines
armen beckerknechts, derauffmschloss
Plawen gedienet, iiber die mauren her-
aus kommen und gangen auff dem
eyse bifs zu dem pusche, in hoffnung,
dass er allda etliche von den seinen
finden wolte, die auf ihn warteten und
ihn annemen wiirden, wie es denn mit
ihnen zuvor verlassen und abgeredet
worden 8 ). Es wird aber versehen
und warteten die seinen auff einem
gewesen, dass manner von 80 jahren 1406.
bekannt, dass sie ihre lebtage keinen
hartern winter erfahren hatten.
Anno Christi 1408, umb Purifica^ i4os,
tionis Mariae, alfs die Brandenbur- 2 " Febr
gischen in der nacht auff ihre feinde
gehalten und gewartet, ist herr Jo-
hans zu Meckelburg durch hiilffe eines
armen beckerknechts, der auff dem
schlosse Plauen diente, aus dem ge-
fangnis kommen iiber die maure bils
zum pusche auff dem eyse bey der
Havel, in hoffnung, dass er daselbst
wiirde etliche von den seinen finden,
die auff einem andern orth seiner
warten 2 ). Und weil der genante
hertzog barfufs mit geringer kleidung
angethan (das von solchen henm erbarm-
*) Eine Urk. tiber diesen Kauf ist nicht bekannt. 2 ) Die Flucht des Herzogs
Johann aus Plaue setzte Riedel (Cod. dipl. I, 10, 5) in das Jahr 1407 und nicht in
1408, weil nach einer Urk. bei Boll (Land Stargard II, 350) am 2. Februar 1408
Johann und sein Bruder Ulrich zu Neubrandenburg im Lande Stargard die Errichtung
einer Kapelle in Friedland zu Ehren der heil. Katharina beschlossen zur Erftillung
eines Gelubdes, welches die Bruder nach einem am Katharinentage (25. Novemb.)
1399 tiber die Marker in der Ukermark errungenen Siege abgelegt hatten. Es ergebe
sich daraus also, so urtheilte Riedel, dass Herzog Johann am 2. Febr. 1408 bereits
persdnlich frei gewesen sei. Dieser Einwand ist jedoch nicht stichhaltig, weil um
1400 nicht mehr mit Sicherheit auf die Anwesenheit eines Fursten an dem Orte ge-
schlossen werden kann, den seine Urk. nennt. Das Siegel Johanns, das die Urk. tragt,
konnte auch von Ulrich angehangt sein. Dazu kommt, dass die Losung jenes Ge-
ltibdes nach 8 Jahren an dem von Wust. genannten Fliichttage Johanns nicht ohne
Zusammenhang mit dem wohl vorbereiteten Rettungsversuche gedacht werden kann.
Die so lange vernachlassigte heil. Katharina sollte offenbar fur das Unternehmen
gunstig gestimmt werden. Demnach scheint das -Datum des 2. Febr. 1408 ein nur
nominelles zu sein, wofttr auch spricht, dass an demselben 2. Febr. 1408 bereits
zu Wittstock (!) der Bisch. Otto von Havelberg den in Neubrandenburg gefassten Be-
schluss der Erbauung einer Kapelle zu Friedland durch eine Urk. genehmigt (Rie-
del I, 25, 54). Vergl. Forschungen XVII, 573 u. fg. Die hier geaufserte Meinung,
dass der Ausstellungsort der Urk. vom 2. Febr. 1408 nicht Neubrandenburg, sondern
die Neustadt Brandenburg a. d. Havel gewesen, mflchte ich desshalb auch nicht auf-
recht erhalten, zumal da unter den Zeugen nur Mecklenb. Namen genannt werden.
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Angelus.
Hafftiz.
51
H08. andern ort auff ihn. Da nun gemelter
hertzog niemand fand und in der
grofsen winterkalte auch iibel fort-
kommen kundte, weil er barfufs und
mit geringer kleidung angethan war,
legte er sich als ein verlassener und
der sich allerley befahren musste, im
pusche nider. Wie nu Johan von
Quitzaw erfuhr, dass der hertzog weg
were, machte er sich alfsbalde mit
seinen knechten, jagern und hunden
auff, jagte ihni nach und suchete ihn
s allenthalben, bifs er ihn'antraff. Idem.
Nun waren aber eben zu derselbigen
zeit die Brandenburgischen vor (von?)
etlichen verwarnet worden, sie solten
sich vorsehen, sintemal ihre feinde
nicht weit weren. Darauff machten
sich die burger beyder stadte Bran-
denburg eben auff denselbigen tag,
da Hanfs von Quitzaw den hertzog
suchte, auff in meynung, ihren feinden
zu begegnen und warteten auff sie
auff dem felde vor der alten stadt.
Und da nun ihre vorreuter etliche
vom gesinde Johansen von Quitzaw
innen wurden und reiten sahen, ge-
dachten sie, es weren ihre feinde und
jagten mit gewalt hinter ihnen her.
Da sie aber nahe zu ihnen kamen und
vernamen, dass sie Johan von Quitzaw
angehorten, liefsen sie von ihnen
wider abe'und beschadigten niemand.
Indess kompt Johan von Quitzaw
selbest personlich und fellet grau-
samlich mit feindseligen geberden in
die Brandenburgischen und schlagt
etliche todt, etliche nimpt er gefangen 1 ).
lich ist zu horen) niemandt fand und
nicht fiirder gehen konte, hat er sich
alfs einer, der verlassen, in dem pusche
niedergelegt. — Da aber Johann von
Quitzow erfuhr, dass der hertzog weg
war, machte er sich auff mit seinen
knechten, jagern und hunden und
suchte ihn bifs auff den morgen.
Auff denselben tag waren die bur-
ger beyder stadte Brandenburg (wie
obstehet) ausgezogen und warten auff
ihre feinde auff dem felde vor der
alten stadt, und ihre auslauffer oder
vorreiter sahen etzliche vom gesinde
Hanfs von Quitzow was (sic) reiten,
meinteu, sie waren von ihren feinden
und jagten sie; aber da sie nahe bei
ihnen kamen und horeten, dass sie
Johann von Quitzow angehorten, und
liefsen sie frey Ziehen, kam Johann
von Quitzow personlich mit seinen
reutern und fiel grausamlich mitfeind-
lichen geberden auff die Branden-
burgischen, nam etliche gefangen, et-
liche ertodtete er 1 ), nam zur Ursach
*) Die Angabe, dass die Burger der Alt- und Neustadt Brandenburg in Folge
einer seltsamen Verflechtung der Umstande gerade auch am 2. Februar 1408 gegen
ihre besonderen Feinde ausgezogen und durch einen Irrthum verleitet mit den Reitern
Johanns v. Q. in Conflict gerathen seien, findet in den Urkunden keincrlei Bestatigung.
Vielmehr stand die Aussendung der brandenb. Reiter ebenfalls in Beziehung zu der
Flucht des Herzogs Johann, welchen jene von Plane nach Brandenburg geleiten sollten.
4*
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52
Angelus.
Hafftiz.
H08. Sein behelff war difs, als warteten sie
darumb an den ort, dass sie den hert-
zog von Mechelburg annemen und aus
seinen handen erledigen wolten. Es
hat sich aber folgendes anders befun-
den, sin£emal sich darnach der hert-
zog, weil er sich der kalte halben im
pusche uicht lenger erhalten konnen,
selber gemeldet und offenbahret 1 ).
Idem.
Diese gewaltsame that <less von
Quitzaw haben die Brandenburgischen
iibel angenommen (wie billig) und
haben sich solches hochlichen be-
schweret. Aber bald hernach haben die
aus der alten stad mit (den) Quitzawen
gehandelt, dass sie ihre gefangene
mit pferden und allem, was sie da-
mals, da sie gefangen worden, bey
sich gehabt, balde wider bekommen,
und haben sich also die altstadter von
den biirgern der neuen stad abgeson-
dert und Johan von Quitzaw ange-
hangen 2 ). 1st derowegen eine grofse
zwiespalt und trennung zwischenihnen
(wie wohl nicht mit wahrheit), dass 140s.
sie darumb alda hielten, dass sie den
herrn von Meckelburg wolten anneh-
men und aus seinen handen erledigen;
dis hat sich aber viel anders befun-
den, denn da gemelter hertzog wegen
der grofsen kalte im pusche sich nicht
langer vermochte zu bergen, hat er
sich selbst gemeldt und offenbahret 1 ).
Die burger der neuen stadt Bran-
denburg haben dis sehr iibel auff-
genommen (wie nicht unbillig), aber '
die burger der alten stadt haben ge-
handelt, dass sie ihre gefangenen mit
pferden und allem balde gefreyet,
haben sich von den biirgern der neuen
stadt abgesondert und Johami von
Quitzow angehangen 2 ); derowegen
eine grofse meuterey unter ihnen ent-
Dies ergiebt sich aus einem Schreiben Johanns v. Q. (Riedel, Zehn Jahre u. s. w. S. 343)
an die Brandenburger, worin er klagt, dass ihre Reiter die seinigen bis Plaue gejagt
hatten, trotzdem ihnen durch seinen Rottmeister Gotz Predohl Auskunft darttber er-
theilt worden ware, dass sie es mit Quitzow'schen Truppen zu thun hatten. Ferner
erklarten die Altstadter in einer, spater dem Kurfiirsten Friedrich I. eingereichten
Beschwerdeschrift (Riedel I, 9, 109—113), dass die Neustadter urn das Complott zur
Befreiung des Herzogs gewusst und durch die Vorspiegelung von Gefahren, welche
der Altstadt von auswartigen Feinden drohte, auch die Altstadter zur Aussendung
eines Wachtcommandos gegen Plaue veranlasst hatten, wobei sie mit Johann v. Q.
zusammengerathen seien. Eingehendere Erorterungen iiber den Vorgang s. Forschungen
XVII, 575-578.
l ) In dem Breviarium S. 80 giebt Angelus die ebenfalls der Mark. Chronik des
Wusterw. entlehnte, erganzende Nachricht, dass der wiedereingefangene Herzog auf
das Schloss Botzow (heute Oranienburg bei Berlin) gebracht worden sei, „da er auch
in langwieriger bewahrung mancherley elend hat ausstehen mussen. u
2 ) Die Altstadter benutzten ihre ehrliche Unbefangenheit den Vorgangen am 2. Febr.
1408 gegenttber dazu, Johann v. Q. eidlich ihre Nichtbetheiligung an dem Complotte
zu beweisen, worauf sie ihre Gefangenen zurttckerhielten ; die Neustadter, welche kein
so gutes Gewissen hatten, unterliefsen die Anwendung dieses Mittels, erhielten daher
auch ihre Gefangenen nicht wieder und bescbuldigten ohne Grund die Altstadter der
Hinneigung zu Johann v. Q.
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Angelus.
Hafftiz.
53
1408. erwachsen, also, dass sie auch in
zechen, collationibus und andern ver-
samlungen einander gescholten und
iibel aufsgemacht. Welche uneinig-
keit dadurch viel hefftiger worden,
dass die burger der alten stadt Jo-
hansen von Quitzaw speise und andere
notturfft verkaufft und ihm auf das
schloss Plawe haben zufiihren lassen.
Denn die neustadter habens fur un-
billig gehalten, dass sie einen feind
in ihrem schofs auffziehen solten,
sintenial es zuletzt doch pfleget zu
. gehen, wie demjenigen, davon in Fa-
bulis Aesopi stehet, dass er eine
halberfrorne schlange mit sich anheim
getragen, die ihm aber hernach iibel
gelohnet hat. Haben demnach am
griinen donnerstage die stadthor zu-
t schliefsen lassen, dass niemand von
den biirgern beyder stadte ohn er-
laubniifs weder aus noch eingekundt
sovemb. bifs auff Katharinentag *). Idem.
Mitler zeit hat marggraff Jodocus
zu Brandenburg und Mahren das
schloss Drewkow belagert und fast
den gantzen sommer mit merklichen
unkosten und grofser beschwerung
der stadte in der Marck dafur ge~
legen, und hat doch wenig ausgerich-
tet *). Idem.
standen und erwachsen; wenn (weil?) hos.
die burger der alten stadt haben Jo-
hann von Quitzow speise und andere
hothdurfft verkaufft und zufiihren
lassen auff das schloss Plauen. Dis
hat den biirgern der neuen stadt ^gr-
drossen, meinten, es ware unbillig,dass
sie einen feind solten aufferziehen
und in ihrem schofse haben. Derhal-
ben haben sie in demselbigen jahre
am griinen donnerstage die thore der
stadt zugesperret, also dass niemandt
von biirgern beyder stadte ein oder
ausgehen hat konnen ohne erlaubnis
oder verstehlende und heimlich, und
sind die thore versperret blieben bifs
auff S. Sabinen tag 1 ). 27. October.
Da diese dinge geschehen,hat marg-
graff Jodocus zu Brandenburg umb-
leget das schloss Dreweckow und hat
fast den gantzen sommer mit krie-
gerischer zubereitung und mercklicher
riistung der stadte in der Marcke zu
grofser beschwerung dafur gelegen.Und
doch wenig ausgerichtund gewonnen 2 ).
*) Das richtige Datum scheint der Katharinentag zu sein, denn der Markgraf
Jobst, welcher den Conflict der Brandenburger beilegte, war am 22. Nov. und am
30. Novemb. 1408 in Berlin anwesend nach Riedel 1, 12, 79 und I, 9, 398. *) Schloss
Drewkau oder Drebkau, ein beruchtigter Aufenthaltsort von Raubrittern, lag in der
Niederlausitz zwischcn Spremberg und Kalau (J. A. E. Kohler, Gesch. d. Oberlausitz,
S. 124). Urn 1395 war Johann von Kottbus Besitzer desselben (Worbs, Inventar. diplom.
Lusat. infer. S. 208). Im Sept. 1408 wurde das Schloss erobert und so griindlich zer-
stdrt, dass man heute den Platz nicht mehr kennt, auf welchem es gestanden hat.
Das Urtheil des Wusterwitz ttber die Belagerung ist daher unrichtig und ungerecht.
In Verbindung mit dem lausitzischen Voigte Johann von Kittlitz raumte Jobst im
Sommer 1408 so energisch unter den Raubburgen und Raubrittern in der Nieder-
lausitz auf, dass ihm am 18. Sept. 1408 vierzehn Adliche, darunter drei Mitglieder
der Familie Kdckritz, Urfehde und Gehorsam schwuren (Worbs a. a. O. S. 217). Ueber
diese Vorgange war Wusterw. entweder nicht genugend unterrichtet, oder er urtheilt
uber sie nach einer vorgefassten Meinung hinsichtlich des Markgrafen Jobst.
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54
Angelus.
Hafftiz.
1408, Am tage der sieben briider hat
10. Juh. jj an f s von Q u jtzaw bey dem dorff
Glyne 1 ) im streit erschlagen Cuno
von Wolffen vom schlosse Grabaw,
und ist er selbst audi widerumb mit
eineni spiefs ins auge gestochen wor-
den, dass er einaugig worden. Als
er aber ein wenig besserung befun-
2. October, den, ist er am montage in der ge-
meynen wochen in's herzogthumb
Mechelburg gefallen, in meynung, da-
selbst sein streiffen, wie er solches
zuvor gewohnet, zu thun. Aber hert-
zog Ulrich hat ihn mit vielen reutern
uberraschet und gefangen und zu Ly-
25.Decemb. chem 2 ) bifs auff Nativitatis Christi
gefanglich gehalten. Daselbst ist auch
Johann Hoppenrade, herrn Hennii igs 3 ),
des bischoffs zu Brandenburg, haupt-
mann, erschlagen worden. Durch difs
gliick ist hertzog Haufs von Mechel-
burg aus deren von Quitzaw gefeng-
niifs gefreyet worden. Idem.
23. October. Des montags nach S. Ursulon tag 4 )
hat sich herr Henning von Bredaw,
bischoff zu Brandenburg, mit Diede-
richen von Quitzaw und andern aus
der Marck unterstanden, im Magde-
burgischen lande zu streififen. Und als
ihnen die Magdeburgischen mit einem
starcken heer bey dem dorfife Glynicke
nahe bey Zyeser 5 ) begegnet und da
feindlich und ernstlich mit einander
gestritten, haben endUch die Magde-
burgischen den Marckern den Riicken
In demselbigen jahre am tage der no».
7 briider hat Hanfe von Quitzow bey 10 ' M
dem dorfife Gloine 1 ) streitende er-
schlagen Cunow von Wulfifen vom
schlosse Grabow, und er ist auch wie-
der mit einer lantzen in ein auge ge-
ront und verwundt, dass er einaugig
worden.
Hieran ist's nicht genug gewesen, 2. oct*^
sondern am montage in der gemeint
woche, alfs er ein wenig besserung
verspiirt, ist er eingefallen in das hert-
zogthum Meckelburg, seine reuterey
zu iiben; aber er ist von herrn Ulrich
zu Meckelburg mit vielen reutern ge-
fangen und zu Liechem 2 ) gefanglich
gehalten bife auf Nativitatis Christi; 25. d*«
daselbst ist auch erschlagen Johanues
Hoppenrade, hauptmann herrn Hen-
nings 3 ), bischoffs zu Brandenburg.
Durch dis gefangnis ist hertzog Hanfs
von der Quitzowen gefangnis gefreyet.
In demselbigen jahre montags post 23. oet->
undecim millium virginum 4 ) hat Die- j
terich von Quitzow, dieweil sein bra- '
der noch gefangen war, mit herrn
Henning, bischoff zu Brandenburg, und
andern aus der Marcke sich unter-
standen, zu ziehen und zu rauben in
das Magdeburgische landt. • Es sind
ihm aber die Magdeburgischen mit
einem starcken heer begegnet bey dem
dorfife Glinicke beym schlosse Ziege-
ser 5 ), und da sie ernstlich und feindlich
2 ) Die richtige Lesart des Namens hat Hafftiz ttberliefert. Das Dorf Mefs Gloiue
oder Gloina und lag westlich von der kleinen Stadt Gorzke. Vergl. Kloden, Beitrage
zur mineralog. und geognost. Kenntniss der Mark Brand. Stuck VIII, S. 20. a ) Lychem
oder Liechem im Lande Stargard belegen. 3 ) Der Brandenb. Bischof Henning von
Bredow, seit 1406 im Amte, ein Anverwandter Lippold's von Bredow, scheint mit
Johann v. Q. gemeinschaftliche Sache gegen Meckelnburg gemacht zu haben, denn
noch in demselben Monate streifte er auch mit Dietrich v. Q. im Gebiete von Magdeburg.
4 ) Der St. Ursula-Tag und der Tag der 11,000 Jungfrauen ist dasselbe Datum, 6 ) Dorf
Glieuicke ostlich von Ziesar bei der Stadt Brandenburg.
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Angelus.
Hafftiz.
1408. zugewandt und die flucht genommen.
Damals sind der Magdeburgischen in
die hundert gefangen und auff das
schloss Zyeser gebracht worden. Da-
mals ist auch das panier durch
Henning Wintern erlanget und er-
obert worden, das in der pfarrkircben
der neuen stad Brandenburg henget.
Idem.
Sovemb.
Darnach um S. Katharineutag ist
marggraff Jodocus von der belagerung
des schlosses Drewkow wieder abge-
zogen und gen Berlin kommen, durch
welche(s) zukunft die versperreten thor
zu Brandenburg wider eroffnet wor-
den. Idem.
Es ist zur selben zeit grofs jammer
und klagen der armen leut in der
Marck gewesen wegen der grofsen
unordnung und unsicherheit defs lan-
des, dadurch der marggraff billig be*
wogen, sein armes volck zu besucheih
Da er nun zum Berlin war und
sich beklagete, dass er geldes zur
zehrung benotiget, hat ihm Diedrich
von Quitzaw eine summa geldes vor-
gestrackt und geliehen, dafiir ihm
mit einauder gefochten und gestrittej
haben endlich die Magdeburgische
den Marckern den riicken gewiesei
die flucht genommen und sind als
die Magdeburgischen in die 100 ge
fanglichangenommen und auffs schlos
Ziegeser gebracht. Und das banyr, s<
in der pfarrkirchen der neustadt Bran
denburg hengt, ist durch Henning
Winter erobert.
Darnach um S. Cathrinen tag ist
herr Jodocus, marggraff zu Branden-
burg, abgezogen vom schlosse Dre-
werckow und ferner gegen Berlin,
durch welches Zukunfft die Versper-
reten Brandenburgischen thore sind
wieder geoffnet worden. Auch ist dis
jahr grofs jammer und klagen der
armen leute gewesen, dadurch der
marggraff billig solte bewogen seyn,
sein armes volck zu besuchen und zu
retten; aber es ist ein wunderlich
ding gewesen, dass die Quitzowen,
die solches jammers und betriibnis
die grofste Ursach gewesen, dennoch
die furnehmsten stellen an des marg-
grafen hofe gehalten und fiir andern
alien angesehen worden, gleich alfs
seine andere handt 1 ).
Und sonderlich ist dis]wunderbahr-
lich zu sagen, da sich auff eine zeit
herr Jodocus, marggraff zu Branden-
burg, sehr beklagte und stellete, gleich
alfs ob er geld benotigt zu seiner
*) Die Richtigkeit dieser von Hafftiz allein iiberlieferten Nachricht bezeugt die
Thatsache, dass Jobst am 5. Dec. 1408 zu Berlin die Stadt Strausberg an Dietrich
v. Q. fur 400 Schock boehm. Grosch. unter den gnadigsten Ausdrucken verpfandete
und dieselbe auch zum Leibgedinge der Frau Dietrichs nach dem Tode ibres Gemahls
bestimmte; v. Raumer, Cod. dipl. Brand. I, 11. — Ferner ubte Dietrich v. Q. Amts-
handlungen im Namen des Markgrafen aus, indem er am 13. Apr^ 1409 der Stadt
Koepenick das Gericht daselbst verlieh, dat ick, — wie er selbst sich ausdruckt —
nach geheyte und wille unses ghenedigen heren Marggreve Josts vorleghen hehbe und
geghenwordich vorleyhe, Riedel I, 12, 12.
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56
Angelus.
Hafftiz.
no8. der fiirst die stadt Rathenaw mit
aller zugohore eingesatzt *). Idem.
1409,
16. Februar.
Anno Christi tausend vier hundert
und neun, sonnabends vor Estomihi s )
oder des herrn fastnacht hat marggraff
Jodocus in der Mittelmarck grofs geld
gesamlet und solches auch folgend in
der alten Marck thun wollen. 1st der-
halben von Berlin durch Brandenburg
gen Tangermiind an der Elbe gezogen
und hat alle stadte und die vom adel
der alten Marck versamlet und ihnen
zehrunge, bald hat Dieterich yon i*>*.
Quitzow eine summa geldes, die er
von den armen leuten in der Marcke
schindende gesamlet und geschatzet,
ihme geliehen; dafiir der marggraff
ihm eingesetzt die stadt Rathenow
mit aller zugehor 1 ), auf dass er je-
mehr und mehr einen zutritt hatte,
die Magdeburger und Marcker zu
berauben. — Dieselbige stadt Rathe-
now hat zuvor in gleicher weise ein-
gehabt Jochim Kerckow, der sich
mannlich und redlich wider die feinde
der Marck gehalten hat 8 ); da es aber
an die Quitzow kommen, ist der letzte
irrthum arger worden alfs der erste,
und ist den beschwerten groiser be-
schwerunge auffgelegt, wie es anfang-
lich ist gewesen.
Anno Christi 1409, sonnabendts fur i* -
Estomihi 3 ), als herr Jodocus, marg- 16Fe ^
graff zu Brandenburg, ein grofs geld
in der Neumarck 4 ) gesamlet und ver-
meinte, solches auch in der alten
Marcke zu thun, ist er eilends von
Berlin durch Brandenburg gegen Tan-
germunde gezogen und gleichwie er
in der Neumarck alle stadte und die
vom adel versamlet und ihnen auff-
J ) Die Verpfandung Rathenow's an Dietrich und Johann v. Q. fttr 600 Schock
boehm. Grosch. erfolgte zu Berlin am 28. Jan. 1409, v. Raumer, Cod. dipl. Brand. I, 10.
2 ) Die Verpfandung Rathenow's an Joachim von Kerckow, einen in der Altmark an-
sassigen Edlen, ist zwar urkundlich nicht bezeugt, aber der Name des Mannes
wenigstens gut verbilrgt. 1403 half er einen Frieden zwischen den Markern und
Magdeburgischen vermitteln (Riedel II, 3, 162). In einem Verzeichnisse der Urkk.
des Johannesstiftes zu Tangermunde (Riedel I, 16, 153) wird erwahnt: „Achim von
Kerckow hat diesem Capittel verkauft ahn herrlichem Auffheben 1 stugk im Dorfe
grofsen Moringen. Solches hat gewilligt und confirmirt Jodocus Marchio zu Prag 1405.* 4
Am 22. Febr. 1428 verkaufte er zu Tangermunde dem Siechenhause zu Stendal eine
Rente aus Hebungen in den Dtfrfern Grofsschwechten und Mollenbeck (Riedel 1, 25, 303).
In dieser Urk. nennt er sich: Achim von Kerckow „nu wonafftich zu Tanghermunde".
3 ) Den 16. Feby. 1409 war Jobst wahrscheinlich in der Stadt Brandenburg, weshalb
Wust. gerade diesen Tag nennt, denn in der Mittelmark war Jobst langere Zeit be-
reits gewesen. Am 15. Febr. hielt er sich im Kloster Lehnin bei Brandenburg auf
(Riedel I, 9, 398 u. 399.) *) Neumark ut der altere JJame der Mittelmark.
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Angelus.
Hafftiz.
57
U09. vorgehalten, ein jeglicher solte ihm
von seinem lehen eine steuer geben,
damit er die versatzten schlosser wi-
derumb losen und etwas merckliches
aufsrichten kondte 1 ). Er hat auch
damals dem raht der neuen stad Bran*
denburg dritthalb hundert schock
boehmischer groschen zu geben aiiff-
erleget Hierin haben ihm nu die
stadte und der adel gewilfahret und
ihm eine steuer zugesaget. Jedoch
seind die rahte der stadte Branden-
burg, Brietzen und Belitz dawider
gewesen, in betrachtung, dass vorer-
wehnter marggraff vor sechs jahren
auch zu solchem behuff einen grofsen
schatz in der gantzen Marck zusammen
gebracht, dass er schlosser und stadte,
so von der Marck versatzt weren,
wider losen wolte, welches aber doch
nicht geschehen, sondern sobald er
das geld bekommen, were er damit
in Mahren gezogen und hette das
land in irrung und beschwerung ge-
lassen. Endlich aber haben sie gleich-
wol beschlossen, wo sie sehen wiirden,
dass man etwas mit solchem gelde
ablosete, wolten sie williglich geben,
was ihnen aufferleget wiirde, und sie
auch ertragen kiindten 2 ). Idem.
erlegt, dass ein jeglicher von seinem 1409.
lehn eine steure geben solte, damit
er die versetzten schlosser wieder
losen und etwas merckliches ausrich-
ten mochte, auch den Altmarckern
den vorschlag gethan *), und der neuen
stadt Brandenburg 250 schock boeh- s
mischer groschen aufferlegt; es haben
ihm auch alio stadte und die vom
adel darin gewilliget (wiewohl die
rahte der stadte Brandenburg, Brietzen
und Belitz dawieder gewesen) in be-
trachtung, dass noch nicht 6 jahre
verlauffen, dass derselbe marggraff
Jodocus einen grofsen schatz in der
gantzen Marcke gesamlet, eben mit
solchem vorschlag, dass er die ver-
satzte schlosser wieder einlosen wolte,*.
ware aber nicht geschehen, sondern
der schatz in Mahren gefiihrt und
die Marcke in irrung und anfechtung
gelassen; da sie aber sehen wiirden,
dass man mit solchen geldern etwas
ablosete, wolten sie alfsdann williglich
contribuiren und geben, wafs ihnen
aufferlegt wiirde, sind doch endlich
durch die rahte (so die privilegia zu
verkauffen bereit seyn) iiberredt, nach
dem willen des marggraffen zu thun.
Denn es ist bose, wieder die herren
zu fechten und wieder den strohm zu
schwimmen.
! ) Aus Hafftiz* Bericht ergiebt sich deutlich, was Angelus* Referat hochstens
vermuthen lasst, dass Jobst zunachst von den Standen der Mittelmark die Lehens-
steuer eingefordert hatte und dann erst an die altmark. Stande das gleiche Ansinuen
stellte. *) Nicht zu Tan germ uiide, wie es nach Angelus scheint, sondern wahrschein-
lich zu Berlin erhoben die drei Stadte Opposition gegen die Steuer. Hafftiz' Bericht
liber ihren Widerspruch ist vollkommen verwirrt, da ihm zufolge die Stadte das Geld
aus einem Grande beWilligten, aus dem sie es hatten verweigern mttssen. Die Ver-
wirrung ist durch den eingeklammerten Satz hervorgerufen, der in der vorliegenden
Form auch in den ubrigen Handschriften des Microchr. sich findet. Die Worte nach
dem eingeklammerten Satze sollen offenbar die Griinde des Widerspruches der drei
Stadte angeben, enthalten aber der Satzqonstruction zu Folge die Motive der die
3teuer bewilligenden StHn4e t
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58
Angelus.
Hafftiz.
1409.
Nachdem nun difs allerseits also
vorhergangen und gemelter marggraff
Jodocus von Tangermiinde wider gen
Berlin ankommen *), hat er aus geitz
und begierde defs geldes Diederichen
von Quitzaw das schloss Frysack vor
zwey tausend schock boehmischer gro-
schen erblichverkaufft, welches schloss
zur selben zeit Baltzers von Schlieben,
eines ehrlichen, getreuen und streit-
baren ritters, kinder innen hatten, und
hat dieselbe kinder mit zwey hundert
schock boehmischer groschen abge*
wiesen, das ander geld zu rich ge-
nommen und in Mahrland gezogen 2 ).
Idem.
In demselbigen jahre, alfs der ge- uw.
nannte herr Jodocus, marggraff zu
Brandenburg,wieder von Tangermiinde
gegen Berlin kommen 1 ), hat er aus
geitz und begierde des geldes Diete-
rich von Quitzow erblich verkaufft das
schloss Frisack fur 2000 4 schock boeh-
mischer groschen* welches schloss zu
der zeit inne hatten die kinder Bal-
thasars von Schlieben, eines getreuen
und streitbahren ritters, welche herr
Jodocus marggraff mit 200 schock
boehmischer groschen abfandt und
ablosete, dass sie vom schlosse ab-
zogen. Das iibrige geld hat er zu
sich genommen und nach seiner alten
gewohnheit in Mahren gefuhrt 2 ). 1st
also weggezogen und den herrn
Schwantibarum, hertzog zu Stettin,
zum obersten verweser der Neu-
marcke 3 ) und Caspar Ganfe, herrn zu
! ) Die Ruckkehr Jobsts nach Berlin wird in die letzte August- oder erste Sep-
tember-Woche 1409 zu setzen sein. In Berlin stellte er an den folgenden Tagen
Urkunden aus: Am 8. Sept. 1409 (Riedel I, 1, 306), am 19. Sept. 1409 (R. I, 11, 72),
am 22. Sept. 1409 (R. I, 9, 85), am 28. Sept. 1409 (R. I, 3, 410), am 2. Oct. 1409
(R. I, 11, 314) und 16. Oct. (R. I, 16, 37). 2 ) Ueber die Lage und Geschichte
des Schlosses Friesack vergl. Riedel I, 7, 42 u. fg. u. Kloden, Quitzow's II, 396 u. fg.
Es gehorte zum Familienbesitz derer von Bredow. Die Zeit der Verpfandung Frie-
sacks an Balthasar von Schlieben ist unbekannt. Die Darstellung des Verkaufes des
Schlosses an die Quitzow's bei Wust. erweckt die Vermuthung einer gewaltsamen
Vermdgensbeeintrachtigung unmiindiger Erben des letzten Pfandbesitzers ; allein die
sogenannten Kinder Balthasars wareii drei erwachsene Sonne mit Namen Balthasar,
Friedrich und Otto, welche 1409 schon im Alter von 30 bis 40 Jahren gestanden
haben mussen, da der jungste von ihnen, Otto, bereits 1394 in einer Urk. als Zeuge
fungirte (Worbs, Inventar. dipl. Lus. inf. S. 207). Indem Jobst Friesack fur 2000 Schock
b. Gr. verkaufte und den drei Brudern 200 Schock, wahrscheinlich das von ihrem
Vater auf Friesack gegebene Darlehen, zuriickzahlte , beeintrachtigte er zwar das
Interesse des Landes, aber nicht das Vermogen der Erben Balthasars v. Schlieben.
3 ) Die Einsetzungsurk. fur Suantibor ist nicht erhalten, seine Ernennung zum Statt-
halter aber wird bezeugt durch ein Schreiben des Herzogs Albrecht von Sachsen-
Wittenberg vom Juli des Jahres 1410 (Fidicin, Beitr. II, 94), in welchem in Bezug
auf Suantibor bemerkt wird, dass ihm „unser oheim marggraffe Jost die Marcke em-
pfohlen hat". Verhandlungen mit ihm hatte Jobst schon zu Lichtmess (2. Febr.) 1409
gefuhrt wegen mehrerer von Dietrich in Pommern veriibten Raubereien (Riedel II, 3,
172), wobei auch die Statthalterfrage zu Sprache gekommen sein kann. Am 15. Aug.
1409 erliefs Suantibor zu Berlin dem Rathe von Berlin-Kolln einen Theil der falligen
Orbede (Riedel a. a. 0.); die kurze Urk. gedenkt seiner Statthalterschaft jedoch nicht.
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Angelus.
Hafftiz.
.1409. Ebe denn marggrafif Jodocus aus
der Marck verruckt, hat er zum stat-
halter in der Mittelmarck v^rordnet
hertzog Suuantiboruni zu Stettin 1 ),
und herrn Caspar Gansen, edlen herren
zu Putlitz, in der alten Marck und
Prignitz. Wusterwitzius.
Sobald aber der marggrafif wider
hinweg kommen, ist das land widerumb
voller rauber worden, also dass je
naher jemand der Marck kommen, je
gefahrlicher er gereiset oder gewan-
dert hat.
So hat sich auch ein jeder der ge-
walt, so er gehabt, iiberhoben, und
nur, was ihm geliistet, gethan. In-
sonderheit gebens die historien 2 ), dass
herr Caspar Gans, stathalter in der
alten Marck, einen see, mit namen
Putelitz, mit vollkommenen befehl in 1409.
der alten Marcke und Prignitz zu re-
gieren verordnet 1 ). Es hat aber der
genannte hertzog zu Stettin iiber den
gemessenen befehl und anordnung
marggrafifen Jodoci den unterthanen
und sonderlich den Quitzowen gethan,
wenig mogen ausrichten, denn die
Quitzowen haben ihm keine hiilfife
und beystandt, sondern verhinderunge
in alien sachen erzeiget und weniger
gehorsains, denn nach ihrem verlafe,
geleistet. Also hat der genannte
herr Jodocus nichts eingelost, son-
dern vielmehr ein schloss nach dem
andern versetzt und verkaufift, das
zuvor durch die alten herren marg-
grafifen mit grofser miihe und arbeit
gekaufift und zu der Marcke gebracht
worden. Da nun marggrafif Jodocus
(wie gesagt) aus der Marcke gezogen,
ist sie bald mit rauberey erfullet, und
je naher der Marcke, je gefahrlicher
man hat gereiset. Denn die Quitzowen
haben aufif ofifenbahren strafsen ge-
raubet; auch Caspar Ganfs, herr a ) zu
Putlitz, hauptmann iiber die alte Marck
gesetzt vom genannten herrn marg-
grafifen, ehe dann or aus der Marcke
gezogen, hat seine bofsheit und gifift,
so er mit dem herrn marggrafifen
Jodoco wieder Gott und alle billig-
keit, wieder die stadte und den adel
der Marcke gefasst und gestifift hatte,
») A hat Hertzog zu Putlitz statt Herr z. P., ein Irrthum nur des Copisten.
*) Die Ernennung des Caspar Gans zu Putlitz erfolgte zu Berlin am 19. October
1409 (Riedel I, IB, 37). Er hatte Jobst 1200 Schock b. Gr. geliehen und erhielt als
Unterpfand dafur das Schloss Tangermunde. Am 28. Sept. 1409 war er Yon Jobst
zum brandenb. Marschall ernannt worden (Riedel I, 3, 410); die Urk. erwahnt, dass
seine Vorfahren bereits diese Wurde bekleidet hat ten. a ) Diese Bemerkung ist
sicherlich nur vom Standpunkte des Referenten Angelus aus zu verstehen, so dass die
hier bezeichneten Historien die Mark. Ghronik des Wusterwitz solbst, nicht eine von
Wust. benutzte Quelle waren, denn es ist nicht anzunehmen, dass uber den hier be-
rUhrten Vorfall schon anderweitige historische Relationen ex i stir ten.
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60
Angelus.
Hafftiz.
H09. Presyn *), bey der stad Havelberg ge-
legen^nit ge wait eingenommen, welcher
see den beyden briidern Sigismundo
und Johanni, Arnoldi Frysacks, biir-
gers in der neuen stad Brandenburg 2 ),
sohnen, etwan erblich gehoret. Es
haben sich zwar gedachte briider
solcher gewalt mit hiilff und beystand
defs rahts der neuen stad Branden-
burg bey herrn Suuantiboro, hertzogen
zu Stettin, damals stathaltern in der
Marck, schrifftlich und miindlich zum
hochsten beklaget, auch an den marg-
graffen in Mahren geschrieben und
suppliciret, haben aber keine hiilff,
weder vom hertzogen zu Stettin, noch
sonsten von jemand uberkommen
konnen.
ausgegossen und mit gewalt einge- 1409
nommen einen see, gelegen bey der
stadt Havelberg 1 ), der doch erstlich
gehorete Sigismundo und Johanni
gebriidern, weylandt Arnoldi Frisacks,
burgers der neuen stadt Branden-
burg 2 ), sohnen; hat sie also mit ge-
walt aus ihrer possession gedrungen,
in welcher sie iiber 50 jahr von ihrem
grofsvater und vater hero friedlich
gesessen waren, und wiewohl sie sich
solcher gewalt und ungerechtigkeit
mit hulffe und beystandt des rahts der
neuen stadt Brandenburg bey herrn
Schwantibaro, hertzog zu Stettin, zu
der zeit hauptmann und verweser der
Marcke, schrifftlich und personlich
beklagt, auch an den marggraffen in
Mahren geschrieben und suppliciret,
haben sie doch keine hulffe, weder
von dem hertzogen zu Stettin, noch
sonsten von jemand anders erlangen
konnen. Wie aber die sache geendet
worden, wird man darnach erfahren s ).
*) In der der Konigl. Bibliothek zu Berlin gehorenden Handschrift des Microchron.
fol. No. 28 heifst der See der Pritzmar-See. Nach Kloden, Quitzow's II, 403 liegt
derselbe westlich von Rhinow bei dem Dorfe Prietzen und hiefs der Prietzener
See. Die Lesart bei Angelus giebt den Namen wenigstens annahernd richtig. wieder.
Heute fiihrt der See den Namen der Gulpsee. Er ist eine Meile lang und ergiefst
sein Wasser in die Havel. 2 ) Der Name dieses Mannes ist urkundlich bezeugt
bei Riedel I, 8, 371 in einem Schriftstuck vom 15. Marz 1394, welches Arnd Frisack
als Biirgermeister der Neustadt Brandenb. nennt. 8 ) Nach diesen Worten sollte
man bei Hafftiz noch fernere Nachrichten iiber den Rechtshandel erwarten, aber man
erfahrt in der That keine Silbe weiter daruber, weder bei Hafftiz noch bei Angelus.
Dieser Umstand ist so iiberraschend, dass man zu der Vermuthung gedrangt wird,
jene Ankundigung habe in der Mark. Chronjk gestanden und sei von Hafftiz gedankenlos
nachgeschrieben worden, woraus man dann weiter folgern muss, dass Wusterwitz selbst
die Absicht gehegt hatte, auf den Rechtshandel zuruckzukommen, aber nicht mehr
dazu gelangt sei und also sein Werk unvollendet hinterlassen habe. In ahnlicher
Weise kttndigt Hafftiz auch z. J. 1414 noch weitere Mittheilungen iiber Johann v. Quitzow
an, ohne sein Yersprechen zu losen. Dass Wust. es liebte, auf spatere Ereignisse im
voraus hinzudeuten, bezeugen Angelus und Hafftiz z. J. 1399, woselbst von der Be-
endigung eines Krieges zwischen der Mark und Magdeburg die Rede ist, und der
Au8bruch eincr spateren Fehde erwahnt wird von Angelus mit den Worten: „wie
weiter folgen wird", und von Hafftiz : „wie hernach wird vermeldet werden". In diesem
Falle hatte Wust. Wort gehalten und den Bericht geliefert.
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Angelus.
Hafftiz.
61
1409. Indess hat Dieterich von Quitzaw
den frommen, friedsamen zweyen fiir-
sten, herrn Rudolpho und herrn Al-
berto, hertzogen zu Sachsen, entsagt 1 ) 9
7. April, und hat sich im selben jahr am oster-
tage mit seinen briidern, knechten
und anderm seinem anhange unter-
fangen, das land genandter fiirsten,
so eine lange zeit in gutem friede ge-
standen, zu verwiisten und umbzu-
kehren. Es haben aber die fiirsten
an den stathalter hertzog Suuanti-
boruin, so wol auch an den adel und
die stadte defs gantzen landes der
Marek Brandenburg geschrieben 2 )und
sich allenthalben, so die Quitzawen
etwas wider sie hetten, zu recht er-
boten. Hertzog Suuantiborus, welcher
als ein hauptmann und stathalter in
der Marck iiber die Quitzawen voile
gewalt haben solte, hat mit grofser
miihe und arbeit den adel und die
stadte der Marck zum Berlin 3 ) ver-
samlet und Diedrich von Quitzaw auch
dahin bescheiden und ihm da vorge-
halten, was die hertzogen von Sach-
sen an sie gelangen lassen, und ver-
mahnet, dass er die erbietung zum
rechten annemen und seine sache
widerumb zum rechten erbieten solte.
Aber Diedrich von Quitzaw hat solches
Dietrich von Quitzow aber, auffi4oo.
dass er ja nicht in ruhe und friede
bliebe, hat er entsagt denen durch-
leuchtigen und friedtsahmen fiirsten,
herrn Rodolpho und Alberto, hertzogen
zu Sachsen 1 ), und in demselbigen
jahre am ostertage sich unterstanden, 7. April,
mit seinem bruder, knechten und
seinem anhange das land der vorge-
nannten fiirsten, das eine lange zeit
in gutem frieden gewesen, zu ver-
wiisten und umbzukehren. Abermerket
ein wunderlich ding! Wer hat je ge-
hort, dass solche lobliche fiirsten sich
so tief demiitigen solten, mit solchen
ungerechten leuten tageleistung und
handelung zu halten, das sie doch
um geliebtes friedes willen gethan,
und geschrieben an den hertzog zu
Stettin, hauptmann liber die Marcke
Brandenburg 2 ), und an den adel und
stadte, sich allenthalben zu rechte er-
bietende, so die Quitzowen etwas
wieder sie hatten.
Herr Schwantibarus, hertzog zu
Stettin, der alfs ein hauptmann der
Marcke iiber die Quitzowen vollkom-
men gewalt haben solte, hat mit
grofser miihe und arbeit den adel
und stadte der Marcke versamlet zu
Berlin 3 ), dazu berufen Dieterich von
*) Die genannten Fiirsten sind die Briider Rudolf III. (gest. 11. Juni 1419) und
Albrecht III. (gest. 27. Nov. 1422), die S6hne des aus dem Lttneburger Erbfolgestreit
bekannten Herzogs Wenzel v. Sachsen -Wittenberg. Beide regierten gemeinsam. Die
Ursache ihres Conflictes mit Dietrich von Q. ist nicht bekannt. a ) Diese Bemer-
kung stande im Widerspruch mit dem Obigen, wenn in dem Berichte des Wust. her-
vorgehoben ware, dass die sachs. Herzflge sogleich nach dem Einfalle Dietrichs
v. Q. in ihr Land bei Suantibor Beschwerde geftthrt hatten, denn nach Wust. erfolgte
dessen Erhebung zum Verweser erst kurz vor dem Abzuge Jobsts aus der Mark, also
im Herbste 1409. Einen solchen Widerspruch scheint im vorliegenden Falle Kldden
gefunden zu haben, denn er verlegte (Quitzows II, 460) den Einfall Dietrichs v. Q.
in Sachsen in das Jahr 1410. Indessen schliefst der summarische Bericht des Wust.
keineswegs die Annahme aus, dass die Herzdge erst im Spatherbste 1409 mit ihrer
Klage sich an Suantibor wandten. 8 ) Yon einem in Berlin von Suantibor abge-
haltenen Landtage ist nichts bekannt; dagegen gedenkt ein von Herzog Albrecht III.
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62
Angelas.
Hafftiz.
1409. nicht thun wollen, sondern hat diesen
raht und vorschlaggantz und gar in
den Wind geschlagen. Idem.
Quitzow,ihme solches furgehalten, und hw.
gerathen, dass er die erbietung zur
gerechtigkeit der hertzogen zu Sachsen
annehmen uud seine sache wiederunib
zu rechtc setzen und ausfuhren solte.
Aber Dieterich von Quitzow, alls ein
feind und wiederwertiger aller ge-
rechtigkeit und friedens, hat solches
gantz und gar veracht. In was be-
kiimmernis und betriibnis das hertz
des herrn Schwantibari, hertzogs zu
Stettin, muss gewesen sein, weil er
solche verachtung hat miissen leiden
von denen, die in gegenwart des herrn
marggraffen mit offientlicher stimme
gehorsahm zu seyn geschworen und
angelobt haben, ist leichtlich zu er-
messen. — Ob nun auch wohl viel
der meynung sind gewesen, dass die
hertzogen zu Sachsen nicht so machtig
waren, dass sie den Quitzowen wie-
derstandt zu thun vermochten, so
habens doch weise leute dafiir ge-
halten, dass sie es wohl zu thun ver-
mdcht. Aber ihre lobliche treue und
erbarmung iiber ihre arme unter-
thanen, in ihrem hertzen gegriindet,
hats nicht wollen zulassen, dass sie
ihr land und leute verheeren liefsen,
sondern ihren armen leuten vielmehr
hiilfflich und rahtig seyn als be-
schweren wollen. Weil auch der chur-
furst zu Sachsen ein glied des H. R.
R. ist, hat er gar wohl bedacht, dass
eine obrigkeit nicht allein mit den
wafifen, sondern auch mit gesetzen
gezieret und versehen seyn soil, darum
haben sie sich auch zu rechte und
rechtlicher erkantnis erbohten, an
von Sachsen an die Rathsleute zu Brandenburg, Frankfurt, Berlin und von anderen
Stftilten gerichtetes Schreiben (bei Fidicin, Beitr. II, 94, Freitags nach Divisionis
Apostolorum od. d. 15. Juli) einer Verhandlung der markischen Stande tiber die Klage
der Herzdge in Gegenwart Suantibors im Orte Bruck in der Lausitz. Jenes Schreiben
wird in den Juli 1410 zu setzen sein.
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Angelus.
Hafftiz.
63
den adel und stadte der Marck Bran- 1409.
denburg geschrieben *) und mit ge-
walt nichts wollen furnehmen. Dar-
neben haben sie sich auch bey ihren
treuen und guten glauben gegen den
stadten der Marck Brandenburg, die
unterdriickt waren, erbohten, wenn
sie ihnen beystehen und hiilffe thun
wolten, wieder die Quitzowen sich zu
setzen, und solten sie gleich ihr hert-
zogthum und vaterliche erbe daran
wagen. Es ist aber keine stadt in
der gantzen Marck Brandenburg so
machtig und keine funden, die den
hertzogen zu Sachsen hiilffe gethan
hatte zu ihrem eigenen frommen, aus
furcht der Quitzowen. Denn die stadte
sind fast alle hin und her mit der
Quitzowen und ihres anhangs schlos-
sern also umbgeben gewesen, dass
einer kaum ohne gefahr seines leibes
hat diirfen spatzieren gehen fur die
stadte. Denn so jemandt von burgern
und pauren, so im felde arbeiteten,
gefangenwardt, suchten die Quitzowen
eine neue hinterlist, ertichteten neue
sachen, dass sie den frieden nicht
gebrochen, sondern zu pfande gesetzt
umb dieser oder jener ursachen wil-
len, die offte langst entschieden 2 ).
Machten ihnen also neue gesetzen,
deuten sie nach ihren eigenen willen;
denn in handeln und tageleistung sind
sie also wegen ihrer geschwinden hin-
terlist und wunderbahren klugheit ge-
') Bestatigung und Erganzung findet diese Darstellung durch das erwahnte
Schreiben Albrechts III. (Fidicin, Beitr. II, 94) und durch einen Brief Rudolfs III.
(a. a. 0. IV, 63). In beiden erbieten sich die herzoglichen Bruder zu „Gleich und
Recht" mit dem Ersuchen an die mark. Stande, das Richteramt zwischen ihnen und
ihren Gegnern zu ubernehmen. Einen Erfolg hatte ihre Bitte nicht, die Quitzow's
fugten sich einer richterlichen Entscheidung nicht mehr. 8 ) Diesen unklaren Satz
erlautert Kloden (Quitzow's II, 357) sachlich und beispielsweise dahin, dass die Quitzow's
neue Landwege hergestellt, die alten durch Aufstellung sogenannter Wiepen — Stangen
mit einem oben befestigten Strohwisch — verboten und Reisende, welche die fruheren
Wege einschlugen, unter dem Vorwande der Pfandung in das Gefingniss gefuhrt hatten.
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64
Angelus.
Hafftiz
1409.
Da nun Johann von Quitzaw ge-
sehen, dass sein bruder die weltlichen
personen beleidiget, wo er gekund,
hat er angefangen, die geistlichen an-
zufeinden und zu verfolgen und eine
ursach gesucht wider das closter Leh-
nin wegen des Havelstromes und ge-
sagt, weil difs wasser bei dem scblosse
were, so miiste dieser fluss zum schloss
gehoren, und hat also den fluss wollen
mit gewalt an sich bringen. Difs hat
dem abt des closters, dem herrn
Henrico Stich *), einen grofsen kummer
gemacht, dass er auch hin und her
raht gesuchet und denselben doch
nirgend finden konnen. Letzlich hat
er seinen bruder Diederich von Quitzaw
umb raht angelanget, der hat zwiscben
dem abt und seinem bruder Hansen
einen tag zu Brandenburg in der neuen
stad angestellet, und da ist hart wi-
der hart gewesen. Denn Hanfs von
Quitzaw hat gesagt, die Havel gehore
zum schlosse, weil es den namen da-
von hette. Hiewider hat der abt ex-
cipiret und angezogen sein privilegium
und die pr&escription, dass er diesen
fluss iiber menschen gedencken im
geniefs und gebrauch gehabt und end-
lich begeret, ein jeglich theil sole
zweene unpartheiische richter erweh-
len, so die sache freundlich und recht-
lichhinlegen undentscheiden mochten.
Difs haben ihnen beyde theil gefallen
lobt, dass sie bofsheit in klugheit ver- uo9.
wandelt und die gerechtigkeit von
der ehre abgeschieden haben.
Nachdem nun Johann von Quitzow
gesehen, dass durch seinen bruder die
weltlichen persohnen sehr beleidiget
waren, und ihm alles gliicklich fur
genossen hinausgegangen. hat er auch
angefangen, die geistliche persohnen
(die doch von niemandt wieder recht bil-
lig solten beschweret werden) zu belei-
digen, zu verfolgen, und zu driicken
im sinn genommen, und hat eine ur-
sache gesucht wieder das kloster Lenin,
Cistertienser ordens, welches Otto I.,
marggrafFzu Brandenburg, umb seiner
und der seinen seeligkeit (wie man im
bapstthumb die leut darauff gefuhrt) fiir
200 jahren fundirt, gestifft und dar-
nach durch viel andere marggraffen
zu Brandenburg zu vermehrung des
gottesdienstes aus papistiscben aberglau-
ben und andacht mit zinsen und ein-
kommen versehen und begabet. —
Nun hat der gemeldte Johann von
Quitzow furgegeben, die Havel am
schlosse Plauen gehorete zum schlosse,
und wolte also den Havelfluss an sich
reifsen und rauben. Der abt des vor-
genannten klosters, herr Henricus
Stich *), ist darum nicht wenig bekiim-
mert gewesen, hat hin und wieder
raht gesucht; da er aber denselben
nirgends funden, hat ers Gott heim-
gestellt. Letzlich aber, damit er nichts
unversucht liefse, hat er raht gesucht
bey Dieterich von Quitzow; der hat
') Dieser Abt legte um 1419 das. Lehniner Gedenkbuch an (Riedel I, 10, 418
u. fg.\ in welchem iiber ihn einer der Fortsetzer dieses Werkes schreibt: Cum idem
dominu8 esset vir providus provecteque etatis quinquagesimnm annum habens in or-
dine, in regimine quoque XX et a juventute majoribus continue occupatus officiis
plurimumque expertus, suis successoribus exemplarem voluit in hujusmodi causarum et
eventuum descriptione — tradere memoriam. Vergl. iiber ihn auch die Magdeb.
SchOffenchron. z. J. 1412.
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Angelus.
Hafftiz.
65
1409. lassen, und sind demnach Henning
von Stechaw und Henning von Gro-
ben *) wegen Hanfs von Quitzaw, und
herr Johann vonGolwitz, stadschreiber
zu Brandenburg in der neuen stad,
und Engelbertus Wusterwitzius, cle-
ricus zuBrandenburg 2 ) (derdiesesachen
unter marggraffen Jodoco allein auffs pa-
pier gebracht und verzeichnet hat), wegen
defs herrn abts und des closters Leh-
nin zu richtern und freundlichen ent-
scheidern der sachen erwehlet und
angenommen. Da nun diese Hanfs
von Quitzawes klage wider genandten
herrn abt gehoret und bey sich ge-
nugsam erwogen, haben sie befunden,
dass Quitzaw keine recbte ursache
wider den abt und das closter ge-
habt. Es baben auch Henning ^on
Stechaw und Henning von Groben
Hanfs von Quitzaw treulich ermahnet,
dass er wider recht mit dem abt und
dem closter nicht hadern wolte, und
daneben umb Gottes und sein selbst
. heil und seeligkeit willen gebeten, er
wolle das closter mit seinen giitern
und besitzungen nicht anfechten und
bekummern,sintemal die monche nicht
zum kriege, sondern zum gottesdienst
verordnet weren, damit er also auch
ihres gebets und gottesdienstes theil-
soviel verschafft, dass der herr abt 1409.
mit Johann ron Quitzow in der neu-
stadt Brandenburg einen tag gehalten,
da ist hart gegen hart (wie man
pflegt zu sagen) gekommen und ge-
halten. Wann Johann von Quitzow
hat gesprochen, die genante Havel
gehorte zum schlosse, hat der abt
das nicht gestehen wollen, sondern
sein privilegium und prescription,
davon menschen gedencken nicht wiiste,
angezogen. Letzlich hat ihnen beyden
dis gefallen, dass ein jeglicher theil
^olte zweene erwehlen zu richtern,
dass die sache in der gtite oder recht-
lich durch sie mochte entschieden und
beygeleget werden und seynd Hein-
rich von Stechow und Heinrich von
Groben x ) wegen Johann von Quitzow
und dann Engelbertus Wusterwitz
thumherr 2 ) und Johannes Golwitz,
stadtschreiber der neuen stadt Bran-
denburg, wegen des herrn abts zu
commissarien und freundtlichen ent-
scheidern dieses zwiespalts erwehlet
und angenommen. Diese 4, nachdem
sie Johann von Quitzows klage wie-
der.den abt gehoret und erwogen und
daraufs befunden, dass er keine red-
liche ursache, damit er etwas mit
rechte furnehmen konnte, hatte, auch
J ) Die Vornamen beider Manner Heinrich und Henning sind identisch und Hen-
ning ist nur eine Nebenform von Heinrich. Beide Edelleute scheinen rechtskundige
Manner gewesen zu sein, denn auch in einem Conflicte zwischen Johann v. Quitzow
und Achim von Bredow einerseits und der Stadt Brandenburg andererseits wegen des
Besitzes einer Kirche zu Groben wurden sie nach einer Urk. vom 30. Marz 1408
(Riedel I, 10, 16) -zu Schiedsrichtern erwahlt, und zwar Wichard von Rochow und
Henning von Groben seitens der Brandenburger und Heine Hake sammt Henning. von
Stechow seitens der Gegenpartei. 8 ) Dass Wusterwitz ein brandenburgischer Dom-
herr gewesen sei, wie Hafftiz angiebt, wird durch kein Zeugniss bestatigt. Sein
Name erscheint nirgends in den Urk. des Domcapitels zu Brandenburg, so weit sie
von Riedel (Cod. dipl. I, 9) vero'ffentlicht sind. In dem Lehniner Gedenkbuche (Riedel
1, 10, 423 u. fg.) wird Wusterwitz immer nur einfach als„meister Engelbertus" be-
zeichnet. Die Handschr. des Microchr. in der Ednigl. Bibliothek zu Berlin fol. No. 639
hat den Zusatz. ..Thumherr" hinter Wusterwitz nicht.
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66
Angelus.
Hafftiz.
H09. hafftig werden mochte. Sie haben
aber mit dieser treuherzigen vermah-
nung ien von Quitzaw nirgend hin
bewegen konnen, dass er sich zufrie-
den geben hette. Da nu solches der
abt yernommen, dass durch bitte bey
ihm nichts zu erlangen were, hat er
sich erboten, ihm funfftig seheck
boehmischer grosehen zu geben und
daneben gebeten, er wolte hinfort
seyn und des klosters freund seyn
und sie beschiitzen und vertreten
helffen. Solch gesehenck hat Hanfs
von Quitzaw nicht annemen wollen
und ist die gantze sache also stecken
blieben. Dieweil sich aber der abt
fur gewalt und schaden gefurchtet,
hat er hundert marck *) gegeben und
hat den Fischhalter, den er auff der
Havel bey dem schlosse Frysack(?)
erbauet 2 ), widerunib lassen einreifsen,
dass also seln closter wegen der be-
sitzung der Havel von Hanfs von
Quitzaw nicht angefochten wiirde.
Ob nun wol Hanfs von Quitzaw darauff
zugesaget, dass er das closter nicht
mehr molestiren wolte, hat ers doch
nicht gehalten, sondern hat das closter
folgendes mannichfeltig beleidiget.
Idem Wusterwitzius.
die beyde, so er zu seinem theil er- 1409.
wehlet, ihn iiberwiesen, dass er mit
recht wieder den abt und das kloster
nichts erhalten konnte, durch Gott
und auch seine eigene seeligkeit ge-
behten, dass er das kloster an seinen
giihtern undhabendenpossession nicht
anfechten und betriiben wolte, damit
er Gottes gerichte und strafe nicht
auf sich laden und des klosters ge-
behts und gottesdienstes theilhafftig
werden mochte. Sie haben aber mit
alien treuen vermahnungen und fleh-
lichen bitten das zornige gemiihte
Johann von Quitzows nicht bewegen
und erweichen mogen, sondern er hat
seinem vorgefassten zorn wollen ge-
nug thun. Da aber der herr abt ge-
sehen und gespiiret, dass er mit bitte
und in der giihte nichts schaffen
konnte, hat er sich eines milden ge-
schencks, alfs 50 schock bohmischer
grosehen, Johann von Quitzow zu ge-
ben erbohten, dass er damit wolte
zufrieden seyn und forthin sein kloster
in seinen schutz und schirm nehmen.
Solch geschencke hat Johann von
Quitzow veracht und diese sache also
stecken lassen. Da aber der herr
abt gesehen, dass Johann von Quitzow
•die sache fursetzlich auffziigerte, und
sich grofseren schadens befurchtete,
hat er 100 schock 1 ) ausgezahlt und
den fischhalter, so er auff der Havel
gebauethatte, wieder abbrechen lassen,
damit also sein kloster nicht mochte
J ) Die bohm. Grosehen wurden anfanglich sowohl nach Mark wie nach Schock
berechnet. Eine Mark wie ein Schock umfasste ursprttnglich 60 Grosehen. Wahrend
aber das Schock seinen Werth behielt, anderte denselben spater die Mark. Nach
dem Landbuche Karls IV. enthielt die letztere 68 und 67 Grosehen. Vergl. Fidicin,
Beitr. Ill, 450 und 452. 2 ) Die Erwahnung des Schlosses Frysack an dieser
Stelle beruht auf einem Irrthum, denn erstens liegt Frysack nicht an der Havel und
zweitens handelte es sich urn den Besitz dieses Flusses bei dem Schlosse Plaue. Statt
Frysack ist also Plaue zu setzen.
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Angelus.
Hafftiz.
67
angefochten werden in der besitzung uo9.
der Havel, die das kloster fur 100
jahren in besitzung und brauch ge-
habt fiir Johann von Quitzow; und
wiewohl Johann von Quitzow solches
stete und feste zu halten zugesagt,
hat ers doch seinfer alten gewohnheit
nach nicht gehalten, sondern mit
mancherley durchhechtung J ) das ge-
dachte kloster beleidigt, dass also
der zustandt der Marcke immer arger
und arger worden 2 ).
Zu der zeit haben sieh mancherley
reden in der Marcke begeben. Ein
theil hat fiirgeben, marggraff Jodocus
zu Brandenburg wiirde schier kom-
men, die Marcke zu einem guten
friede und reenter ordnung bringen,
alle versetzte schlosser wieder losen
und die Quitzowen aus der Marcke
verjagen. Eins theilfs haben dafur
gehalten, dass der marggraff Jodocus
zu Brandenburg nach der Marcke
nichts fragte, und dass es sein be-
wust und wille mit ware, dass die
Quitzowen solche dinge unstrafflich
fiirnehmen. Und also sind die armen
und wanckelmiihtigen leute zwischen
hoffnung und furcht in unbestandig-
keit gelassen.
Alle diese vorgesetzte dinge haben
verhindert, dass die hertzogen zu
*) Durchliechtung = Verfolgung. a ) Die von Wust. gegebene Schilderung
des Conflictes findet im Wesentlichen ihre Bestatigung durch das Lehniner Gedenk-
buch (Riedel I, 10, 418 u. fg.), in welchem auch die anfanglichen Ursachen des Zer-
wurfnisses zwischen dem Abte von Lehnin und Johann v. Q. angegeben werden. Die
Nothwendigkeit, sich mit letzterem gtitlich zu einigen, schildert der Abt mit den Worten :
Dat geschach dar ume, wente Hans was so overweldich geworden und hadcte dy man
und dy stede so weldichliken vordrucket, dat nymant van mannen edder van borgern
dorfte ume unsen willen en perd zadelen edder syn word vor uns spreken, dat wedder
dy Quitzow mochte syn gewesen. Und hedde yn den tyden dy irluchtede, godefurch-
tige forste, unse here marcgreve ffrederik nicht in desse land komen, de den Quittzowe
ere Slflte ave wan met herkraft und vordreff sy ut dem lande, wy hedden dy vare
moten stan, dat sy uns noch unvorwynliken schaden mochten gedan hebben an unses
godeshuses ghudern.
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68
Angelus.
Hafftiz.
1409. Bald darauff sind die von Quitzaw
ins hertzogthumb Sachsen gefallen
und haben darin ihres gefallens streif-
fen wollen. Aber die hertzoge von
Sachsen sind ihnen mit wenig reutern
begegnet, haben ritterlich in sie ge-
setzt, etliche erschlagen und etliche
an den galgen hencken lassen. Idem.
Hio. Im folgendem tausend vier hundert
und zehenden jahr acht tage nach
29. Mai. corporis Christi *) oder n&ch den
frohnleichnams tag, als die Quitzawen
abermals in Sachsen einen einfall ge-
than, ist Albrecht Holtzendorff 2 ) von
den hertzogen selb eilff reutern ge-
fangen und Johann, Otten von der
Hage sohn 3 ), erschlagen worden. Idem.
24. juni. Am tage Johannis Baptistae ist
Sachsen von den Marckern keine hiilffe 1409.
haben erlangen konnen. Jedoch haben
auch die Quitzowen nicht gar grofe
gliick gehabt wieder die hertzogen
zu Sachsen, ja sie haben offte scha-
den von ihnen genommen; denn so
die Quitzowen mit grofser macht sind
in ihr hertzogthum gefallen in mei-
nung, darin zu rauben, haben die
frommen fursten hiilffe vom himmel
gesucht und sind ihnen ritterlich
unter die augen gezogen auch mit
wenigem volcke, haben diejenigen, so
sie gefangen, an den galgen hengen
lassen, und also die bosen von der
erden weggeraumt, auff dass das un-
kraut nicht mochte iiberhandt neh-
men. Dies haben sie wohl bewieseu, wo.
alfs sie anno Christi 1410 donners-
tags post octavam corporis Christi *) 29. u
Albrecht von HoltzendorflF 2 ) mit 11
reutern gefangen und Johann, einen
sohn Otten von der Hage 3 ), getodtet
haben, die mit den Quitzowen das
land der genannten hertzogen zu be-
rauben ausgezogenwaren; aus welchem
genugsahm zu ersehen, obs wohlDiete-
rich von Quitzow an der hoffhung,
die hertzogen zu Sachsen zu iiber-
winden, nicht gemangelt, dass den-
noch Gott das spiel anders gekart,
dass er in seiner hoffnung ist zu
schanden worden.
In diesem jahre am tage S. Johannis u. J&-
*) Die Datirung bei Hafftiz ist die genauere und wahrscheinlich auch die seiner
Quelle selbst. Das Frohnleichnamsfest fallt auf den 12. Tag nach dem Pfingstsonn-
tage, also auf einen Donnerstag, die Octave danach auf den gleichen Wochentag.
3 ) Albrecht von Holzendorf war ein Bruder Werners von Holzendorf auf Botzow (heute
Oranienburg bei Berlin). Letzterer spielte in dem Kampfe des Burggrafen Friedrich
•gegen die Quitzow's eine sehr zweideutige Rolle gegen Friedrich und gewahrte sogar
dem geachteten Dietrich v. Q. eine Zufluchtsstatte in Botzow. Der Burggraf klagte
ihn deshalb des Verraths an und confiscirte seine Guter. Vergl. Riedel, Zehn Jahre
u. s. w. S. 185 u. fg. *) Otto von der Hagen, der Vater Johanns, wohnte auf
der Miihlenburg zu Rhinow im Havellande und war der Nachbar Dietrichs v. Quitzow,
seitdem dieser auf dem Schlosse Friesack wohnte.
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Angelas.
Hafftiz.
69
Hio. Diederichen von Quitzaw im schloss
Frysack ein sohn von seiner haufs-
frauen Elisabeth, so dess herrn Schen-
cken von Sidaw 1 ) tochter gewesen,
geborn, der in der tauffe ist Johannes
genennet worden.
Von dannen sein sie 2 ) gen TaHger-
miind an der Elbe auff eine andere
kindtauffe ge^ogen. Denn da hat herr
Caspar Ganfs, edler herr zu Putlitz 3 ),
stathalter in der alten Marck, auch
einen son tauffen lassen. Nachdem
aber nu diese auch zum ende gebracht
und ein jeder nu hat wider anheim
ziehen wollen und nun Diedrich von
Quitzaw und Conrad von Quitzaw zu
Hohenwalde 4 ) und der genandte Apitz
Schenok von Sidaw in einem kahn
gesessen und iiber die Elb schiffen
wollen, ist das schiff oder der kahn
untergangen, also dass Conrad von
Quitzaw mit drey und zwantzig reu-
tern ersoffen, Diederich von Quitzaw
aber und Apitz Schenck von Sidaw
sind mit den pferden aufsgeschwom-
men. Idem.
baptistae ist Dieterich von Quitzow hio.
ein sohn gebohren auff dem schlosse
Frysack von Elisabeth, seiner haus-
frauen, einer tochter des Schencken
zu Sydow *); der ist Johannes getaufft
und sie haben grofsen pracht und
hoffart auff der kindtauffe getrieben.
Alle Quitzowen, die alda versamlet
gewesen, mit ihren silbern giirteln,
giildenen ketten und unaussprech-
lichen jubiliren sind kommen gegen
Tangermiinde, da man auch tauffen
solte Caspar Gansens,herrn zu Putlitz 3 ),
sohn, zu der zeit hauptmanns der
alten Marcke. Und alfs das kind alda
zu Tangermiinde getaufft worden,
haben sie grofse iippigkeit mit tantzen,
springen, handeschlagen und ander
eitelkeit getrieben. Da das geschehen
und ein jeder heimziehen wollen, da
er her war kommen, sind Dieterich
und Conradt von Quitzow zu Hohen-
walde 4 ) und Apitz Schencke von Sy-
dow in einem kahn oder schiff ge-
sessen und haben iiber die Elbe fah-
ren wollen, da ist das lachen in weinen
und die freude in betriibnis verwan-
delt, denn das schiff ist untergangen
und hat Conradt von Quitzow mit
23 reutern verseufft. Dieterich von
Quitzow aber, weil seine stunde noch
nicht kommen war, und Apitz Schencke
zu Sydow sind mit den pferden aus-
geschwummen. Solch gerichte ist aus
*) Apitz Schenck von Sidow wohnte zu Teupitz in der Niederlausitz. 9 ) Dieses
„sie" in Angelus Relation erhalt Bedeutung und Inhalt erst durch die von Hafftiz
uberlieferte Mittheilung der Mark. Chronik, dass alle Quitzow's von Friesack nach
Tangermiinde zu einer zweiten Tauffeierlichkeit gereist sind. Danach erst begreift
es sich auch, dass Angelus von dem heimkehrenden Conrad v. Q. reden konnte, dessen
Anwesenheit in Tangermiinde er mit keiner Silbe angedeutet hatte. *) Caspar
Gans zu Putlitz residirte als Statthalter der Altmark im Schlosse zu Tangermunde
nach Riedel I, 16, 37 und Supplem.-Band S. 262. Ueber das Geschlecht der Putlitze
handelt Riedel I, 1, 268 u. fg. und: Zehn Jahre u. s. w. S. 72 u. fg. *) Conrad
v. Quitzow, ein Bruder Dietrichs und Johanns v. Q., war Besitzer von Hohenwalde
zwischen Mullrose und Frankfurt a. 0.
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70
Angelas.
Hafftiz.
i4io. Es ist danials bey den kindertauffen
eine verkehrte unordnung unter de-
nen von adel gehalten worden. Denn
die mutter sind erst zur kirchen gan-
gen, ehe sie die kinder haben tauffen
lassen, und solches umb der ursachen
willen, dass sie mit ihren freunden
und gevattern desto besser tantzen
und andere woltliche freude mehr
iiben mochten.
Gottes verhangnis iiber sie gekom- uio.
men, denn sie haben zeitliche eitel-
keit beliebt und geiibt Es ist auch
bey. der . kindtauffe eine verkehrte
ordnuiig gehalten, denn die mutter
sind erst zur kirchen gangen, ehe
denn die kinder getaufft wiirden. Dis
ist keiner andern ursache halben ge-
schehen, denn dass sie nach dem
kindbette mit den freunden und ge-
vattern zu tantzen und andere eitel-
keit zu iiben desto starker und ge-
schickter seyn mochten.
Zu denselbigen zeiten haben die
creutzherren des deutschen ordens
unser lieben frauen in Preufeen in
hoffart sich erhoben und sich auffge-
legt wieder den herrn Vladislaum,
konig in Pohlen. Denn der hoch-
meister des gantzen ordens, Florentz
von Bungien 1 ), hat dem genannten
konige alfs in einer belagerung ge-
sandt zweene schwerter mit blut be-
sprenget und dabey geschrieben, dass
er die stedte des streits und der
schlacht anzeigen solte; welchem der
konig also wieder geschrieben hat:
Deine schwerdter haben wir im nah-
men des herrnangenommen undwollen
sie annehmen, aber die gewisse stedte
des streits oder der schlacht konnen
wir dir nicht anzeigen, sondern der
allerhochste, der alle dinge schicket
und regieret nach seinem wohlgefal-
len, wird dich und uns mit einer
stedte versehen 2 ). Darauff haben sie
J ) Hochmeister des Ordens war von 1407—1410 Ulrich von Jungingen, welcher
in der Schlacht bei Tannenberg am 15. Juli 1410 seinen Tod fand. Ein mit dem
Datum des 8. Sept 1410 versehenes Schreiben Ulrichs von Jungingen (bei Riedel, Cod.
d. Supplem.-Bnd., S. 258) an die mark. Stande mit schweren Klagen tiber die Rau-
bereien, welche Dietrich v. Quitz. in der Neumark verttbt hatte, ist wahrscheinlich
in das Jahr 1409 zu setzen. *) Ueber die symbolische Bedeutung dieser Schwerter-
sendung des Hochmeisters, von der auch der Fortsetzer Johanns von Posilge (Hirsch
undTOppen, Scr.Rer.Pruss.III, 316)Nachricht giebt, vergl. Voigt, Gesch. Preufs. VII, S.84.
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Angelus.
Hafftiz.
71
am tage Divisionis Apostolorura im
felde genannt Quatuor Mansorum bey
Osterrade an der Weichsel *) feindtlich
mit einander geschlagen, und ist so
ein grofser fall und niederlage der
menschen alda geschehen, dass mans
fur eine g'ewisse zeitung gesagt, es
waren liber 80,000 beyderseits durch
das schwerdt gefallen; auch ist alda
der hochmeister mit 300 ereutzherren
und driiber jammerlich erschlagen
worden; und der konig in Pohlen mit
seinem bruder Witholdo, hertzogen
zu Litthauen, bat den sieg behalten,
also dass schier alle stadte in Preufsen
sich an den konig gegeben und ihm
gehuldet haben, ausgenommen das
schloss Marienburg, das die ereutz-
herren noch inne haben, wiewohl der
konig dasselbe schloss auch hart be-
lagert und trefflichen schaden dafiir
gethan mit verwiistung der acker und
umbhauender fruohtbahren baume 2 ).
Also geht hinweg die gloria dieser
welt und muss die hoffart gestrafft
werden.
Nun wollen wir wieder zu den
Quitzowen kommen, welche, ob sie
1410,
15. Juli.
*) Gemeint ist die Schlacht bei Tannenberg nordl. von Gilgenburg. Das Schlacht-
feM liegt nicht bei Osterrode und dieser Ort auch nicht an der Weichsel. 2 ) Dieser
Bericht iiber die Niederlage des Ordens ist als Bestandtheil der Mark. Chronik durch
Angelus zwar nicht bezeugt, konnte von diesem jedoch desshalb unberucksichtigt ge-
lassen sein, weil er sich nicht direct auf die Gesch. Brandenburgs bezieht. Auch in
dem Breviarium gedenkt Angelus der Schlacht bei Tannenberg nicht. Hafftiz anderer-
seits hat far den Zeitraum von 1391 bis 1420 keine andere Quelle benutzt als die
Mark. Chronik und das Breviarium und scheint jener seinen Bericht tiber den Orden
entnommen zu haben. Dafur spricht wenigstens die Angabe, dass der Orden die
Marienburg noch inne habe, welche vor 1457 geschrieben sein muss, da in diesem
Jahre die Marienburg an Polen verloren ging (vergl. Rufus bei Grautoff II, 196).
Der Bericht kann ferner von Wust. geschrieben sein zur Orientirung des Lesers iiber
die Verhaltnisse, welche den Orden nothigten, die Quitzow's zur Hulfe zu rufen, wovon
Wust. im Folgenden redet. Wie dieser Chronist, so leitet auch Rufus (b. Graut. II,
477) die Niederlage des Ordens von dem Hochmuthe der Ordensritter her mit den
Worten: Dar behult (Wladislaw) jegen en de zege van dem hemele lichte umme der
dudeschen brodere homudes willen, den se swarliken voren over ere armen under-
saten, also men secht.
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72
Angelus.
Hafftiz.
1 410, Am mittwoch vor Nativitatis Mariae
3. sept, ^t Diedericli vonQuitzaw seine reuter
versamlet und sichvernemenlassen,als
wollte er in Preufsen ziehen dem orden
darein zu gute 1 ), ist aber vor Berlin
kommen in meynung, die sache beym
haupt anzufangen und hat den biirgern
daselbst die kiihe und schweine ohne
alle vorhergehende entsagung wegge-
trieben und auf das schloss Botzaw
gebracht 2 ). Da ihm aber die Berlini-
schen nachgeeilet, hat er etliche todt-
lich verwundet und sechzehen nam-
hafftige mit pferd und waffen gofangen
hinweg gefiihret, darunter ein fiir-
wohl von den creutzherren angelangt mo.
und gebehten sind, dass sie ihren
sold nehmen und wieder den konig
und die heiden (die mit dem sold an
dem konige waren zu hiilffe kommen)
dienten, so haben sie's doch nicht
thun wollen aus furcht, dass sie alda
solche weibische manner nicht wiirden
finden alfs in der Marcke Branden-
burg. In diesem jahre mittwochs zu-
negst fur Nativitatis Mariae hat Die- 3. se P t.
terich von Quitzow seine reuter ver-
samlet und ein geschrey gemacht, alls
wolte er in Preufsen ziehen *), ist aber
durchs Berlinsche vieh verhindert
worden, da er mit seinem heer hat
hinziehen miissen; darum hat er in
seinem gemiihte betracht, dass die
wasser in der Marok fast triibe waren
und ware ihm eine bequeme zeit, da-
rin zu fischen; hat den raub fiir Berlin
gehabt, kiihe und schweine ohne alle
vorhergehende absagung weggenom-
men und auff das schloss Botzow ge-
fiihrt 2 ), der Berlinschen, die ihm
wiederstandt gethan, denen das viehe
*) Nach der Relation bei Hafftiz wurde Dietrich v. Q. vor der Schlacht bei
Tannenberg am 15. Juli 1410 von dem Orden zu Hulfe gerufen, ohne dem Rufe Folge
zu leisten. Nach der Schlacht, im Sept. 1410, soil er wenigstens den Plan gehegt
haben, nach Preufsen zu ziehen. Allein durfte er hoffen, dem Orden nach dessen
Niederlage noch etwas gegen die Polen zu nutzen? Es scheint somit, dass sein Vor-
satz nicht sehr ernstlich gemeint gewesen sei. Im Uebrigen war auch sein Verhalt-
niss zu dem Orden nicht das beste, denn er hatte die dem Orden zugehorige Neu-
mark durch seine Streifereien derart verheert, dass der Hochmeister Ulrich von
Jungingen bei den mark. Standen in einem Briefe mit dem rathselhaften Datum des
8. Sept. 1410 (Riedel, Supplem.-Bnd. S. 258) schwere Klage uber ihn fuhrte. Der
Hochmeister schreibt: Wir klagen euch swerlich obir Diterich von Quitzow — unsers
hern Marggraffen von Brandenburg man, der stette und slosse inne hat in der Marke,
als Plawe, die Nuwe Muhle (Neumtihl bei Oranienburg) und Butzow (Botzow), wie her
wedir gliech und recht schindet, rowbet und andern grofsen schaden czuczyt unsern
landen und undirsassen der nuwen Marke u. s. w. a ) So ganz zufalliger Weise
scheint Dietrich v. Q. doch nicht mit Berlin in Streit gerathen zu sein, denn schon
im Februar 1410 hatte die Stadt jenen bei Jobst aus irgend welcher Ursache ver-
klagt (Riedel, Supplem.-Bnd. S. 257). Am 15. Sept. 1410 war der Rechtshandel noch
lange nicht entschieden (a. a. 0. S. 258), und Jobst betraute mit der weiteren Ver-
handlung den Bisch. Johann IV. von Lebus und Johann von Waldow.
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Angelus
Hatftiz.
73
1410. nemer maun mit namen Nickel W y n fs *)
gewesen, welchen er mit den fiifsen in
harte eyserne fessel jammerlich und
schandlich als den argsten dieb und
rauber, der doch ein ehrlicher mann
war, setzen lassen. Difs hat er alles
darumb gethan, damit er also, wenn
er die Berlinischen bezwungen, mit
den andern auch desto leichter mochte
umbkommen konnen. Also hat er den
Berlinischen ihre wohlthaten vergolten,
so sie ibm zuvor vielfeltig erzeiget.
Denn da die Quitzawen von 3 ) den
graffenvonLindawkommenund hatten
nu das schloss Botzaw gewonnen, ha-
ben die Berlinischen mit hiilff Irtuuini,
ihres probstes 4 ), dahin gearbeitet,dass
die Quitzawen, sonderlich aber Die-
derich, in der Marck widerumb ein-
genommen worden auch wider den
willen anderer stadte in der Marck
Brandenburg. So haben sie ihn auch
sonsten mit vielen feinen, ehrlichen
geschencken und gaben verehret. Sie
haben practiciret, dass die Quitzawen
zu hauptleuten der Marck gemacht
worden und haben Diedrichen einmal
achtzig schock boehmischer groschen
angehort, hat er etliche todtlich ver- 1410.
wundt und 16 nahmhafftigen mit pferd
und wagen gefangen mit sich hinweg
gefuhrt. Einen, Niclas Wiese 1 ) ge-
nannt, hat er alls einen offentlichen
rauber oder dieb lassen mit den
fiifsen in starcke eysern fesseln stechen
durcheinengenanntLiibenaua) 2 ).
Derselbige Dieterich von Quitzow
hat gar wohl bedacht, dass vom haupte
anzuheben; darumb hat er mit don
Berlinischen den anfang zu streiten
gemacht, auff dass, wo er dieselben
unter seine gewalt und herrschaft ge-
bracht, er auch der ander stadte in
der Marcke desto ehe konte machtig
werden. welche eine schone ver-
geltung hat er den Berlinischen fur
ihre mannigfaJtige wohlthaten gethan!
Ist's nicht wahr? Alfs die Quitzowen
kahmen vom 3 ) grafen zu Lindow und
hatten das schloss Botzow gewonnen,
wie die Berlinischen mit hiilffe Irth-
wini, ihres probstes 4 ), practiciret und
anschlage gemacht haben, dass zu
stund die Quitzowen und sonderlich
Dieterich in der Marcke wieder an-
genommen wiirden wieder willen der
*) B: Linde | Lubeiiau. A: Lindenau.
*) Die richtige Lesart bietet Angelus. Nicolaus Wynfs gehorte einem in Berlin-
K6lln ansassigen Biirgergeschlechte an. 2 ) Dass Hajidschr. B die richtige Lesart
bietet, bezeugt ein Schreiben der Stadt Gransee an den Rath von Berlin (Fidicin,
Beitr. II, 99), in welchem ein Rottmeister Dietrichs v. Q. mit Namen Lilbenau er-
wahnt wird. In dem Briefe heifst es: Wy syn sere gewarnet vor Dyderikes Knechte
Lubenowe und syne helpere. Diese namlich machten die Umgegend von Gransee
durch ihre Raubereien unsicher. *) Dieses „von den Grafen" bei Angelus und
das „vom Grafen" bei Hafftiz ist als ein Schreibfehler der Mark. Chronik selbst zu
betrachten. Die Stelle enthalt namlich einen Rlickblick auf die Thaten Dietrichs v. Q.
im Jahre 1402, als er im Verein mit den Grafen von Lindow das Schloss Botzow er-
oberte u. s. w. Er kam damals nicht yon den Grafen v. L., sondern mit denselben
gegen Bdtzow herangezogen, und es wird daher statt von auch mit zu lesen sein.
Auf die irrige Lesart: von den Grafen v. L. grundet sich ttbrigens auch die von
K16den geaufserte Vermuthung (Quitzow's I, 24), dass die Quitzow's von den Grafen
von Lindow abstammten! *) Probst Irtwin oder richtiger Ortwin von Berlin starb
im Jahre 1410.
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74
Angelus.
Hafftiz.
Hio. zur zehrung verschafft 1 ). Item, es
haben ihn die fiirnembsten und rei-
chesten in Berlin und Coin offt zu
herrlichen pancketen geladen, dabey
kostlicher wein, allerley seitenspiel,
schone weiber und was dergleichen
mehr zur freude und froligkeit dienen
moge, gewesen; ihn auch defs abends
mit laternen, fackeln, gesangen und
andern ffeudenspielen zu hause be-
leitet. Diese wolthaten und erzeigte
freundschafften alle hat gedachter
Diederich von Quitzaw hindan gesetzt
und ihnen ohne scheu diesen schaden
zugefiiget. Die ursache aber dieser
anfeindung (wie damals unter dem
gemeinen manne davon geredet wor-
den) sol diese gewesen seyn, dass
Diederich von Quitzaw dieBerlinischen
vor hertzogen Suantiboro zu Stettin,
zu der zeit stathaltern in der Mittel-
marck, verklaget hette, als hetten sie
ihm dreyzehen hundert schock boeh-
mischer groschen verheischen, auff
dass er sie und die andern in der
Mittelmarck im abwesen defs marg-
graffen Jodoci solte beschiitzen helf-
fen, welche ihre zusage sie aber nicht
gehalten. Hierauff der raht zum Ber-
lin geantwortet, dass sie ihm nichts
verheifsen. Da nun Diederich von
Quitzaw seine anklage nicht bewehren
noch beweisen konnen, ist der biirger-
meister von Berlin mit zweyen aus
dem raht von wegen defs rahts und
der gantzen gemeine mit einem eyde
von seiner anklage absolviret worden
andern stadte, wie sie mit vielen 1410.
gaben, geschencken und beforderung
ihn gezieret haben? Wie sie ihntrao-
tirt und practiciret, dass die Quitzowen
zu hauptmannern der Marcke mochten
erhaben werden. Wie sie einmahl
ihnen hiilffe zur zehrung und expen-
sen 80 schock boehmischer groschen
verschafft haben? x ) Man hat gesehen,
wie die reichen und nahmhafftigsten
zu Berlin und Colin Dieterich von
Quitzow zu scheinbahren 2 ) banqueten
geladen, ihme zu ehren den tisch mit
schonen frauen und andern seitenspiel
gezieret; und wer ihn nicht hat konnen
zu gaste laden, ist nicht unter den
reichen geacht, sondern von ihrer ge-
sellschaft ausgeschlossen. Item, es ist
nicht genugsahm zu sagen, wie sie ihn
mit laternen, fackeln und freuden-
gesangen zu seiner herberge gefiihrt
und beleit haben; wie ihm offt ein
abend tantz mit schonen, gezierten
jungfrauen und weibern zu ehren ist
gehalten, und wie man ihn mit wel-
schen wein verehrt und beschenckt
hat; und kurtz zu sagen: was hatten ihm
die Berlinischen mehr mogen thun, das
sie nicht gethan hatten? Was er ihnen aber
und den andern Marckern alien fur wie-
dervergeltung gethan, ist aus den vorbe-
schriebenen dingen wohl bekannt und offen-
bahr. mein auserwehlter weingarten,
wie ist die fleifsige und getreue arbeit,
so an dir gewandt, so gantz und gar ver-
lohren. Wir hatten wohl verhofft, du wur-
dest uns sufse trauben bringen, so hastu
uns zuletzt saure, wilde trauben und heer-
linge gebracht 8 )! — Die ursache aber
J ) Dies geschah wahrscheinlich im J. 1404, als Dietrich im Auftrage der mittel-
mark. Stadte das 1402 von den Pommern eingenommene Strausberg wieder eroberte.
In dieselbe Zeit fallt auch der Versuch der Berliner, die Quitzow's zu Beschutzern
der Mark zu erheben, welcher jedoch an dem Widerspruche der Stadt Brandenburg,
des Abtes von Lehnin, der Rochow's und anderer scheiterte (vergl. darub. Riedel I,
10, 415). a ) „8cheinbar" hier im Sinne von „glanzend". *) Durch das wir
verrath sich der Schreiber dieser Satze als ein Berliner. Die in ihnen enthaltenen
Reflexionen sind daher als Erzeugnisse Hafftizischer Rhetorik zu betrachten.
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Angelus.
Hafftiz.
75
1410. nach der regel: actore non probante
Teus absolvitor. Darumb sol dieser
zanck und unfried hernach unter
ihnen erwachsen seyn 1 ). Wuster--
witzius.
Im selben tausend vier hundert und
zehenden jahr (damit ja nicbt lange
friede im lande bliebe) am montage
i4. sept, nehest vor Sanct Matthaitag haben
sich Heinrich von Isenburg und Hanfs
Trefskaw 2 ) unterstanden, Cunoni von
alles dieses thues (wie damalfs die hi
gemeine sage gang) ist diese, dass
Dieterich von Quitzow dieBerlinischen
hatte verklagt far herrn Schwantibaro,
hertzogen zu Stettin, zu der zeit haupt-
mann iiber die Marcke, alfs solten sie
ihm 1300schock boehmischergroschen
verheifsen haben , dass er sie und an-
dere in der Neumarck beschiitzen solte
in abwesen herrn Jodoci, marggraffen
zu Brandenburg, welches sie ihm nicht
gehalten. Darauff der raht zu Berlin
geantwortet, sie hatten ihm nichts
zugesagt, er wiirde es auch nicht dar-
thun und erweisen konnen. Da aber
Dieterich von Quitzow nicht konte in
der bewehrung bestehen, ist der biir-
germeister von Berlin mit zween aus
dem rahte und der gantzen gemeine
mit ^utem friede von seiner klage
absolvirt *).
Zuletzt, dass ja nichts wiche der
grimmigen bofsheit und iiberall ein
zugang ware der gefahrlichkeit, hat
sichs begeben, dass in demselbigen
jahre montags negst fur S. Matthaeus 14. s ep t
tag Heinrich von Isenburg 2 ) und Jo-
*) Wusterwitz sah die Ursache des Conflictes zwischen Dietrich v. Q. und Berlin
in einer Geldforderung des ersteren an die Stadt; den ausschliefslichen Anlass des
Streites aber bot dieselbe nicht. Vielmehr ergiebt sich aus einer Reihe von (leider
datumlosen) Urkunden, welche denselben Conflict betreffcn (Riedel, Supplem.-Band
S. 259 u. fg), dass auch der Besitz des Schlosses Kopenick einen Gegenstand ihres
Haders bildete, nachdem die Quitzow's 1408 die Stadt Kopenick erworben hatten, an
welche Berlin seit alterer Zeit her gewisse Anrechte geltend machen konnte. In
einem Briefe Dietrichs v. Q. an den mark. Statthaltcr Suantibor — (geschrieben also
1409 oder 1410) — heifst es: Ouk alz iuwe gnade scrivet umb Kopenik, dat myn
Bruder und ik dat sullen laten stan, dat kan ik nicht dun (a. a. 0. S. 263). Am
17. Octob. 1409 entband Dietrich zwar den Ralh und die Gemeinde zu Kopenick von
dem ihm geleisteten Huldigungseide (a. a. 0. S. 257), scheint aber im Besitze des
Schlosses geblieben zu sein, denn die um Vermittlung zwischen den Quitzow's und
Berlin angegangenen Rathsleute von Brandenburg schreiben an die Berliner (a. a. 0. S. 265) :
So uns iuwe vorsichtigkeit geschrewen und vorkundighet hefft, wu dat Dyderik van
Quitzow ju in Ansprake unde in veyde hebben will umme des Slotes wille Copenick,
dar wille wy — to Dyderike v. Q. gerne umme scriven. Von einer Geldforderung
Dietrichs v. Q. an Berlin ist in den oben bezeichneten Urkk. nirgends die Rede.
*) Heinr. v. Isenb. u. Johann v. Tresk. gehorten dem Magdeburger Stiftsadel an.
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76
Angelus.
Hafftiz.
i4io. Seyeser *) das schloss Beuten 2 ) zu
nemen, wie auch geschehen. Und als
sie das schloss einbekommen, haben
sie darauff an barem gelde gefunden
tausond und dreihundert schock boeh-
misclier groschen ohn die silberne
giirtel, becher und andere Heinodien.
Darauff hajben sie aus anordnung Jo-
hansen von Quitzow mit genanten
Cunen tagleistung gehalten oder hand-
lung gepflogen, darinnen geschlossen,
dass Cuno gedachten beyden Edel-
leuten, die ihm sein schloss abgewon-
nen (weil rauben und stelen damals
in der Marck die grofste kunst und
das beste handwerck gewesen) sieben
hundert schock boehmischer groschen
geben solte und sie in vier nehest
folgenden wochen versichern, solch
geld auff bequame termin aufszu-
richten und zu geben, alfsdenn solten
diese zweene vom schlosse wieder-
umb abziehen und ihm seine giiter
wider frey iibergeben. Difs gefiehl
Cunen von Syeser wol, sintemal er
sich beduncken lieis, sie wiirden seinen
heimlichen, verborgenen schatz nicht
gefunden haben. Nam derhalben die-
sen handel mit freuden an, gelobto
nicht allein, sondern satzte auch Jo-
han von Quitzaw zu biirgen, der ihm
zusagte, dass er das schloss Beuten
wider in seine hande iiberlieffern wolte,
soferne er ihn schadlols hielte. Zogen
demnach Heinrich von Isenburg und
Hanfe Trefskaw mit frey em geleito
Johansen von Quitzaw wider abe vom
haun von Treschkow in friede und uio.
unter glauben der fursten haben ge-
wonnen das schloss Buten, in welchem
wohnte Cuno von Zigeser 1 ) als in
seinem erbe 2 ), und haben darauff
gefunden 1300 schock boehmischer
groschen ohne die silberne giirtel,
becher und andere viel kleinoth sein
und seiner frauen. Da sie diese beute
bekommen, haben sie aus anstifftung
Johans von Quitzow mit vorgenannten
Cunen so lange getaget, dass dersel-
bige solte genannten beyden, die sein
schloss gewunnen, geben 700 schock
boehmischer groschen, sie in vier
negste wochen versichern, solch geld
auff bequemo termin auszurichten und
abzulegen; darnach solten die beyde
genannten Heinrich und Johann ohne
alien schaden seiner a) giihter frey von
dem schlosse abziehen. Dis gefiel
Cuno von Zigeser, denn er hoffte, sie
wiirden seinen verhaltenen und ver-
borgenen schatz nicht gefunden haben,
darum eilte er, solches einzunehmen,
setzte Johann von Quitzow zu einem
biirgen, der ihm zugesagt, dass er das
schloss Buten wieder in seine hande
antworten wolte, woferne er ihn schad-
lohs hielte. Da sie nun abzogen vom
schlosse mit freyem und sichern ge-
leite Johann von Quitzows, zogen sie
a) A fehlorhaft: ihrer G liter.
*) Seyeser oder Zigeser fttr Ziesar. 9 ) Schloss Beuthen lag eine Meile sttd-
lich von Saarmund an der Nuthe, nicht weit von Potsdam. Das Schloss ist nicht mehr
vorhanden, seinen Namen aber tragen noch die in der Nahe belegenen Ddrfer Grofe-
und Klein* Beuthen. 1381 kam das Schloss durch Kauf in den Besitz des Bitters
Uenning von Ziesar; desseii Enkel Cuno besafs aufserdem noch Neuendorf bei Bruck
(£18den, Quitzow's III, 515).
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Angelus.
Hafftiz.
77
Hio. schlosse Beuten, kamen bifs ins stadt-
lein Mockern, darnach zogen sie durch
Brandenburg 1 ) mit dem wagen, darauff
das geld lag und Hans Trefskaw, der
am schenckel verwundet war, safs auff
dem gelde im selbigen wagen. Da
nun Cuno von Seyeser wider in sein
schloss kam, fand er zwar den nest,
aber die vogel waren aufsgenommen.
Bekiimmerte sich demnach zum heff-
tigsten, wie er Hans von Quitzaw
seiner zusage nach wider frey machen
wolle, sintemal er sich befahren muste,
wenn Hans von Quitzaw das geld solte
selber aufszahlen, so mochte er durch
solche gelegenheit das schloss in seine
gewalt bekommen, wie auch endlich
geschehen 2 ). Also gehets, wenn man
bifeweilen sparen und kargen wil, da
man billiger aufsgeben und sich in
seinen noten retten solte. Hette sichs
Cuno von Seyeser erstlich ein wenig
lassen kosten, hette etliche wenige
knechte angenommen und hette ^etwa
das halbe verlorne geld auf seine
wolfarth angewand und were nicht
so karg und filtzig gewesen, so hette
er vielleicht sein schloss und geld be-
halten, das er hernach von aufsen hat
miissen ansehen. Wusterwitzius.
bifs in's stadtlein Mockern durch beyde uio.
stadte Brandenburg *) mit dem wagen,
darin das geld lag, auf welchem Jo-
hann von Treschkow am schenckel ver-
wundt safs; und (als) Cuno in sein schloss
kam, das neste zwar fandt, aber die
vogel waren ausgeflogen, ist er sehr
bekiimmert gewesen, wie er Johann
von Quitzow seiner zusage nach frey
machen wolte *). Sehet, lieben freunde,
was ists doch, dass ein mensch alle-
zeit beflissen ist, reichthiimer zu sam-
leu und weifs nicht, weme er sie samlet.
So wird er auch in nohten und ge-
f ahrlichkeiten nicht allezeit . durch
seinen reichthum erloset. Hatte Cune
von Ziegeser seine sache besser in
acht genommen und viel knechte ge-
habt, hatte er sein schloss vieleicht
wohl bewahrt, denn das halbe geld,
so er verlohren, ware ihm zur be-
wahrung genug gewesen, so hatte er
ein frey gemiihte gehabt, geld aufs-
zugeben. Aber was soil man sagen?
Was zu ehren wird gespart, wird zu
schanden oft bewart, und wie. mans
offte gewinnt, also es auch zerrinnt
Denn desselben Cune grofsvater und
vater, wie mans dafiir gehalten, haben
solch geld mit recht und unrecht ge-
a) Handschr. B enthalt an dieser Stelle einen Satz, in welchem Wusterwitz von sich in
der ersten Person redet: „Nun fiirchtete ich, dass Johann von Quitzow das Geld auslegen und
mit solchem Mittel das Schloss in seinen Besitz bringen wiirde". Sehet, lieben Freunde u. s. w.
*) Die Riickfahrt der beiden Edelleute beschreibt Angelus durchaus fehlerhaft,
denn er denkt sioh offenbar Mockern zwischen Beuthen oder Saarmund und Branden-
burg belegen, wahrend es sudwestlich von letzterer Stadt nahe bei Magdeburg liegt.
Sobald die Raubritter Mockern erreicht hatten, brauchten sie mit ibrem Schatze nicht
mehr nach Brandenburg zu ziehen. Dass iibrigens Wusterwitz selbst ihre Reiseroute
geographisch richtig angegeben hatte, beweist der Bericht des Hafftiz, welcher die
Edelleute auf der Fahrt nach Mockern durch die Neu- und Altstadt Brandenburg
reisen lasst. Die Stellung seiner Worte : bis Mflckern — durch Brandenb. entspricht
ohne Zweifel dem Wortlaute der Mark. Chron., denn sie gerade macht den von Angelus
begangenen Fehler begreiflich. 9 ) Johann v. Q. war in der That im Besitze des
Schlosses Beuthen bis z. J. 1414, in welchem es ihm der Burggraf Friedrich entriss.
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78
Angel us.
Hafftiz.
samlet. An iibel gewonnenen giihtern 1410.
aber freuet sich selten der dritteerbe a ).
Nun ist leichtlich zu ermessen,
welche zertrennung und zerriittung
der stadte in derMarcke die Quitzowen
gemacht und durch solche anschlage
und hinterlistige Practicken ihnen fast
alle stadte unterworfen. Denn Johann
von Quitzow hat etliche burger aus
der neustadt Brandenburg gefangen,
Dieterich von Quitzow aber hat ge-
schmeichelt, gleich als hatte er mit-
leiden mit den biirgern, und offentlich
gesprochen, dass sein bruder Johann
unrecht daran gethan hatte; wieder-
umb hat Johann von Quitzow sich
gestellt alfs ein freundt der Berlini-
schen und der mitleyden mit ihnen
triige, hat seinen bruder Dieterich
darumb gestrafft, warumb er wieder
recht und alle billigkeit ihnen solchen
schaden gethan. Driiber hat Johann
von Quitzow entsaget der stadtNawen;
Dieterich von Quitzow aber hat sie
wieder seinen bruder wollen schiitzen.
Wiederumb hat Dieterich von Quitzow
alien fleifs angewand, dafs Wilkinus
von Bredow wiirde aus der Marcke
verjagt und vertrieben. Johann von
Quitzow aber, der zum ehelichen weibe
hatte Agneten, eine tochter Lippolds
von Bredow, hat ihn daran wollen ver-
hindern 1 ). Hinwiederumb hat Johann
von Quitzow den abtvonLenyn beleidi-
get ; Dieterich von Quitzow aber hat fur-
geben,dass er des klosters guter freund
ware, hat den abt, seinen gevatter,
mit siifsen worten gespeist und ver-
a) In der Handschr. No. 286 dcs Nachlasses von Fr. Nicolai lautot dieser Satz lateinisch:
de male quaesitis non gandet tertius haeres, welcher vielleicht die originale Ueberlieferung
darbietet.
2 ) Nahere Nachrichten ttber den Zwiespalt zwischen Johann v. Q. und Nauen,
so wie zwischen Dietrich und Wilkin von Bredow sind nicht vorhanden.
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Angelus.
Hafftiz.
79
meint, seinen bruder und das kloster uio.
im besten zu vertragen; und also
sind alle zei^ erbsen und brey durch
sie in einen topff zusammen gebracht.
Die Marcker haben ruhe und friede
gesucht und sind von beyden par-
they en durch die Quitzo wen verstricket ;
sie hofften erlosung von marggraff
Jodoco, die ihnen doch nicht ist wor-
den, dass also des koniglichen pro-
pheten Davids rede wahr worden, da
er spricht, dass in den regierenden
fiirsten, geistlichen und weltlichen
wenig hoffnung zu setzen ist.
Es ist auch nicht wunder, dass feinde
dasselbe einnehmen, was der besitzer
nicht will schutzen und erhalten. Es
ist nicht genugsahm zu verwundern,
warumb doch der marggraff so vielen
und offentlichen bosen handeln und
iibelthaten nicht wiederstanden, weils
ihm gebiihrt und er die abnutzung
von der Marcke gehabt, seinen beutel
davon gefiillet und das feiste ausge-
sogen. schande iiber schande, o
unseeligkeit und nachlassigkeit herrn
Jodoci, marggraffen zu Brandenburg,
der sich solcher dinge nicht angenom-
men und die Marcke in ihrer gerech-
tigkeit zu beschiitzen solchen anlauf-
fern und beschadigern sich nicht wie-
dersetzt hat. Aber es heifst recht, wie
man sagt: Wenn das haUpt kranck
ist, so miissen die andern gliedmafsen
auch trauren und wird erfullet das
wort eines weisen: Die reuber
freuen sich, wenn die lander zwie-
trachtig sind. Darum was fur grofsen
schaden und schande der Marcke
hieraus entsprossen ist, dass marg-
graff Jodocus so schlafferig, unfleifsig
und nachlassig in seiner regierung
gewesen, den krafft- und machthansen
durch die finger gesehen und den
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80
Angelus.
Hafftiz.
Item in dem tausend vier hundert
und zehenden jahr nach Christi ge-
burt hat marggraff Jodocus die Marck
Brandenburg, nachdem er dieselbige
wohl auJsgesogen, landgraff Wilhelm
in Diiringen, den man mit dem zu-
namen den reichen pfleget zu nennen,
verpfandet vor viertzig tausend boeh-
mischer schock. Wusterwitzius 2 ).
(Justus, Enzelius, Bertholdus und andere
setzen diese geschicht in's 1407 jahr; aber
solches wil sich mit den vorigen historien
gar nicht reiimen. Doch kanns seyn, dass
er etliche stadte und schlosser damals
pfandweise einbekommen).
Gedachter landgraff Wilhelm hat auff
eine zeit zu Perleberg einen conventum
gehalten mit konig Albrechten in Schwe-
den, gebornen hertzog von Mechelburg 8 )
u. s. w. und hat sich mit ihm unterredet,
wie man doch der grofsen rauberey, so
in der Prignitz und im Mechelburgischen
lande geschehe, mochte steuren und wahren.
Da sie denn beschlossen, den offentlichen
strafsenraubern nachzutrachten und wege
und steige sicher zu machen. Unterdefs
haben sich etliche rauber (ich wolte sagen
reuter) zu Lentzen auffgemacht und haben
ein schloss, welches konig Albrecht gegen
Quitzowen die unterdriickung und mo.
beschwerung seiner armen untertha-
nen verstahtet und fur genossen hat
lassen hinausgehen, hat leider die
erfahrung, eine meisterin der dinge,
genugsahm an den tag gegeben *).
') Die Lamentationen des letzten Satzes, der im Gegensatze zu dem.vorher-
gehenden keinerlei historische Thatsachen darbietet, halte ich fur ein Erzeugniss der
Hafftizischen Geschichtsbetrachtung. 2 ) Ungeachtet der Berufung des Angelus auf
Wust. muss es zweifelhaft erscheinen, ob er seine Quelle rich tig und genau wieder-
gegeben habe, denn nicht 1410 oder 1407, sondern schon 1393 verpfandete Jobst die
Mark an seinen Schwager, den Landgrafen Wilhelm den Einaugigen (gest. Febr. 1407).
Von einer Verpfandung an den Neffen des Letzteren, Wilhelm den Reichen, ist
nichts bekannt. Als Pfandsumme nennt Jobst in einem Schreiben vom 5. Dec. 1403
(Riedel II, 3, 167) 4000 Schock b. Gr. und 9128 ungar. Gulden. 8 ) Wie Angelus
im ersten Satze die beiden Landgrafen Wilhelm mit einander verwechselt, so auch
in dem folgenden. Nicht der „gedachte" Landgraf Wilhelm, also der Reiche, son-
dern Wilhelm der Einaugige schloss am 9. Dec. 1395 mit Albrecht von Schweden-
Mecklenb. zu Perleberg einen Landfrieden auf 6 Jahre (Riedel II, 3, 126).
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Angelus.
Hafftiz.
1410. sie auffgebauet, zerst&ret and alles umb-
her verwustet. Daruber sind die herren,
namlich kdnig Albrecht und marggraff
Wilhelm bewogen, etlich volck auffzubieten
in aller eile, das nach Lentzen ziehen und
beyde, das stadtlein Lentzen und das schloss
einnemen, auch die rauber darinn solten
am liechten galgen hengen, wie denn auch
geschehen. Ita dignum moribus et factis
exitum invenerunt sagt Erantzius 1. 9 Van-
dal, .c. 38.
i4ii. Im tausend vier hundert und eilfften
jahr, den 20. tag des Mertzmonats ist zu
Brynn im Mahrlande gestorben marggraff
Jodocus in Mahren und Brandenburg, seines
alters im neun und achtzigsten jahr 1 ) und
ligt daselbst im S. Thomascloster begraben.
Weil er aber keine erben gelassen, ist die
Marck Brandenburg widerumb an seinen
vettern, k6nig Sigismundum in Ungern,
kaysers Caroli vierdten sohn, erblich ge-
fallen.
Es sind etliche der meinung und irren
nicht daran, dass die burggrafen zu Niir-
renberg Gentilomen seyn von dem edlen
geschlechte der rdmischen Columneser,
wie auch Albertus Krantz, ein beruhmter
historienschreiber, in sua Saxonia bezeuget,
dass Martinus der V., bapst zu Rom unter
dem kayser Sigismundo, aus dem edlen
geschlechte der Columneser gewesen sey
und die marggraffen zu Brandenburg seine
Gentiles und Agnaten genannt habe. Der-
halben ist offenbahr, dass diese hochldb-
liche fiirsten ihren ursprung haben vom
Perfrido Columna, des Petri Columnae
Patricii und edlen romers sohn (welchen
etliche aus dem edelsten geschlechte der
Welphen entsprossen zu seyn vermeinen),
welcher, alfs er verjagt, bey dem kayser
Henrico IV. gewesen, und ihm umb sold
gedient wieder Hildebrandum, sonsten
Gregorium VII. , bapst zu Rom, genannt,
von welchem er in die acht gethan und
') Diese Angaben uber Jobst's Sterbetag und Lebensalter sind irrig und ent-
8tamraen aus einer andern Quelle als der Chronik des Wusterwitz, in welcher wenig-
stens der Sterbetag Jobst's im Allgemeinen rich tig uberliefert war, wie der Bericht
des Hafftiz z. J. 1411 erweist. Jobst wurde auch nicht 89, sondern nur 59 Jahre
alt. Jener Zahl kdnnte ein Schreibfehler zu Grande liegen, jedoch ist bemerkens-
werth, dass auch in sonstigen alten Quellen dem Markgrafen ein hohes Alter zuge-
schrieben worden ist. In dem Chron. Citiz. (Pistor., Script. S. 850) heifst es: Jodocus
octogenariuB obiit.
6
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82
Angelas.
Hafftiz.
i4ii. Nach marggraffen Jodoci todt hat konig
Sigismundus in Ungern die Marck Bran-
denburg vom herrn Wilhelmo, marggraffen
in Meifsen und landgraffen in Dtiringen
u. s. w., wider abgeloset. Darauff hat
auch gedachter konig herrn Wen-
den von Ilenburg ritter und herrn
Johan von Waldaw, probst zu Berlin 3 ),
befohlen zu versamlen alle stadte und
die vom adel der gantzen Marck,
seinen willen und meynung ihnen an-
22. Mara, zutragen. Auff den sonntag Laetare 4 )
sind die vom adel und stadten zum
Berlin zusammen kommen, da sie er-
melte herrn, der von Ilenburg und
Waldaw, gefraget, ob sie herrn Sigis-
mundum, den konig in Ungern, fur
verjagt war, und wieder Rodolpfcum, derail.
Schwaben erwehlten konig. Derselbe, alfs
er anno Christi 1080 erstlich zum grafen
in Schwaben gemacht und ein schloss ge-
bauet, von seiner vaterlichen stadt Zacha-
rolo, welches hernach zerbrochen, Zollern
ist genannt, haben von ihnen (sic) die an-
dern graffen zu Zollern und folgends die
burggraffen zu Nurrenberg ihren ursprung
und Abkunfft bekommen 1 ).
Anno Christi 1411 am freytage " J «
negst fur S. Antonii des beichtigers
tag 2 ), alfs marggraffJodocus zu Bran-
denburg zu Briinn in Mahren von
dieser welt abgeschieden, ist die Marcke
wieder gefallen an den herrn Sigis-
mundum, konig in Ungarn, kayser
Caroli IV. sohn, welcher in die Marcke
geschickt hat herrn Wenden von*)
Ilenburg ritter und herrn Johann
von Waldow, probst zu Berlin 8 ), zu
versamlen die stadte und den adel
der gantzen Marck, seinen willen und
meinung ihnen anzuzeigen und fiir-
zutragen. Dieselben haben sich alle
versamlet zu Berlin sonntags fur
Laetare 4 ) und alle und jede in son- is. i*
a) A irrthiimlich: und.
*) Die in den Forsch. XVII, 556 geaufserte Meinung, dass dieser genealogische
Excurs von Wusterwitz selbst herrUhre, wage ich doch nicht aufrecht zu erhalten.
Zu derartigen gelehrten Untersuchungen iiber die Herkunft des Zollernschen Geschlechtes
konnte ein Anlass erst gefunden werden, nachdem dasselbe einige Menschenalter hin-
durch die Mark mit Erfolg regiert hatte, aber noch nicht zu Wusterwitz 1 Zeit, als der
Burggraf Friedrich eben mit der Regierung des Landes betraut worden war. Dass
die Genealogie ubrigens durchaus fabulos ist, braucht kaum hervorgehoben zu werden.
*) Jobst starb am 17. Jan. 1411, in die St. Antonii nach dem Chron. brev. Boem. b.
Palacky III, 261. Die Angabe bei Hafftiz ist nur darin ungenau, dass 1411 der An-
toniustag selbst ein Freitag war (Riedel, Zehn Jahre, S. 18 und 324). Die Magdeb.
Schdffenchron. z. J. 1411 nennt unrichtig als Todestag den 20. Jan. (Sebastianstagl
Schon in ein em Schreiben vom 21. Jan. 1411 gedenkt Sigismund des Ablebens seines
Vetters Jobst. *) Wendt von Ileburg stammte aus einem niederlausitzischen Adels-
geschlechte; Johann von Waldow war 1410 auf Ortwin als Probst von Berlin gefolgt.
Yon einer Einldsung der von Wilhelm von Meifsen verpfandeten Mark, von der Angelas
allein redet, ist urkundlich nichts bekannt. 4 ) Die Berufung der mark. Stande
nach Berlin setzt die Magdeb. Schdffenchron. z. J. 1411 auf den Sonntag in den Mitt-
fasten (Sondach Mydvastens), welcher entweder der Sonntag Oculi oder Laetare sein
kann. Angelus nennt den letzteren, Hafftiz mit „Sonntag fur Laetare" den ersteren.
Der Sonntag Oculi war der 15. Marz, der Sonntag Laetare der 22. M&rz. Daa richtige
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Angelas.
Hafftiz.
83
i4ii. einen rechten erben derMarck Bran-
denburg erkennen und annemen wol-
ten, dariiber sie alle erfreuet worden
und samptlich mit einem munde be-
kennet haben, dass sie keinen andern
erbberrn wiisten, denn den genandten
konig in Ungern, und weren daneben
der trostlichen hoffhung und zuver-
sicht, dass durch sein gut regiment
die Marck, so eine lange zeit in krieg
und irrung geschwebet, und mit herr-
schaft iibel were versorget gewesen,
widerumb zu friede und gutem stande
kommen wiirde. Sind auch nicht lange
hernach herr Caspar Ganfs, edler herr
zu Putlitz, damals stathalter in der
alten Marck, und von den furnembsten
stadten gemeyniglichzwopersonengen
Ofen in Ungern geschickt worden, die
huldigung zu thun *), da er denn alle
ihre privilegia undalte gerechtigkeiten
mit seinen brieffen und siegeln (wie
auch der Straufsbergischen freytags vor
. Juii. Sanct Ulrich 8 )) confirmiret und beste-
tiget. Darnach haben sie ihm gehul-
diget mit fleifsiger, demiitiger bitte,
dass er die Marck personlich ersuchen
und von der gewaltsamen gewalt und
beschwerung erlosen wollte. Dis hat
er ihnen zugesagt; sobald er nur
defs reichs sachen, dazu er erwehlet
were, bestellet hette, wolte er denn
personlich kommen und besehen, wie
die Marcke belassen were; wolte
auch unterdefs einen von seinen
derheit gefraget, ob sie herrn Sigis- mi.
mundum alfs einen rechten erbherrn
der Marcke erkennen und annehmen
wolten. Da haben sie einmiithiglich
geantwortet, dass sie keinen andern
erbherrn wiisten, alfs- den hochge-
dachten konig in Ungarn; sind alle
erfreuet von solches herrn wegen in
hoffhung, dass durch sein lobliches
regiment die Marcke, so eine lange
zeit in irrung, unruhe und krieg ge-
schwebt, nunmehr zu friede, ruhe
und guten zustandt kommen wiirde.
Darauff sind etliche vom adel und
sonderlich Caspar Ganfs, herr zu Pute-
litz, der die alte Marcke dazumahl
alfs ein verweser inne hatte, und von
den fumemsten stadten zweene gegen
Ofen in Ungern geschickt, dem ge-
meldten konige huldigung zu thun *),
welcher ihnen alle ihre privilegien, ge-
rechtigkeiten und altelobliche gewohn-
heiten mit 9einen siegeln und brieffen
confirmirt und bestiitigt hat. Dar-
nach haben sie ihm huldunge gethan
mit fleifsiger und demiitiger bitte,
dass er personlich die Marcke selbst
besuchen und von ihrer bedrengnis
und beschwerunge erledigen wolte,
denn dies ware aller hochliches und
hertzliches begehren. Darauff hat er
verheifsen, dass er des reichs sachen,
dazu er erwehlt, zuvor wolte verrichten
und alfsdann in eigener persohn kom-
men und sehen, wie die Marcke ge-
Datum (iberlieferte ohne Zweifel Angelus, denn wenn Wusterw. den Sonntag Oculi
gemeint hatte, warum nannte er ihn nicht mit seinem Namen, warum: Sonntag vor
Laetare?
*) Nach der Magdeb. SchOffenchron. z. J. 1411 sollten die mark. Stande sich zur
Huldigung bei Sigismund am 1. Mai einfinden. Ihre Riickkebr erfolgte nach derselben
Quelle um den Jacobi-Tag (25. Juli). a ) Diese Notiz entnahm Angelus nicht der
Mark. Chronik. Wahrscheinlich hat ihm die Bestatigung der Privilegien seiner Vater-
stadt durch Sigismund im Originale vorgelegen. Dieselbe findet sich abgedruckt bei
Riedel I, 12, 81.
G*
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84
Angelus.
Hafftiz.
nil. fiirnembsten rah ten schicken 1 ), dev
mit vorsichtigen leuten die Marck
widerumb zu gutem wesen bringen
solte. Auff gute vertrostung sind sie
auch wider anheim komen. Es ist
aber wenig hiilffe darauff erfolget,
8ondern die Marck ist in ihrem jam-
mer und elende immer fort blieben,
wiesie zuvorgewesen 2 ). Wusterwitzius.
1412. Im tausend vier hundert und zwolff-
ten jahr nach Christi geburt umb
24. juni. Sanct Johannis Baptistae tag 3 ) hat
konig Sigismundus in Ungern, der
auch sonst romischer kayser gewesen,
herrn Friderich, burggraffen zu Niirn-
berg, in die Marcke geschickt und
dieselbe ihm als einem stathalter
zu regieren befohlen. Als mr der-
selbe mit freyem, sichern geleite der
herrn Rudolphi 4 ) und Alberti, hert-
zogen zu Sachsen, in die Marck umb
gedachte zeit ankommen, hat er alfs-
bald alien adel und die von den
stadten in der neuen stad Branden-
burg versamlet und ihnen defs kay-
sers brieffe vorgelegt, dass sie ihm
lassen ware und umb sie stiinde, un.
wolte ihnen auch mitler veile einen
von seinen herren herschicken 1 ), der
mit weisen raht und fursichtigkeit
solte helffen die Marcke zu guten
wesen bringen. Auflf solche gute ver-
trostunge sind siewiederheimkommen.
Aber wenig hiilffe ist darauff erfolgt
und ist die Marcke im elende ge-
blieben 2 ), bifs er anno Christi 1412 1412.
umb S. Johannis baptistae tag 3 ) end- 24. jui.
lich geschickt hat herrn Friederich,
burggraffen zu Nurrenberg, der ist
mit freyen geleite Rodolphi 4 ) und
Alberti, hertzogen zu Sachsen, in die
Marcke kommen; ja Gott hat, durch
bitte der armen bewogen, ihn alls
von der hohe hergesandt, .welcher, da
er nun den zustandt der Marcke, un-
ertragliche gewalt und mannigfaltige
unterdriickung der armen vernommen,
hat er alien adel und stadte in der
neustadt Brandenburg versamlet, den
willen des herrn koniges Sigismundi
fiirgetragen mit koniglichen brieffen,
dass sie ihm alfs einem obersten ver-
^ SchoD am 8. Juli 1411 ernannte Sigismund den Burggrafen Friedrich von
Nurnberg zum Verweser der Mark Brandenburg (Riedel II, 3, 178). Ueber die Mo-
tive, welche ihn dabei leitejten, so wie ttber die Grundlosigkeit der alten Ansicht,
Sigismund habe die Mark Br. fur 100,000 ungar. Gulden an Friedrich verkauft,
vergl. RiedeFs kritisches Werk: Zehn Jahre aus der Gesch der Ahnherren des Preufs.
Konigshauses, S. 24 u. fg. und v. Ranke, Genesis des Preufs. Staates I, S. 83 u. fg. Fried-
rich seinerseits, durch Reichsgeschafte an der sofortigen Abreise nach Brandenburg
verhindert, ernannte am 21. Juli 1411 Wend von Ileburg zu seinem Unterhauptmann
in der Mark Br., (v. Raumer, Cod, dipl. Br. I, 44). a ) Wend von Ileburg fand gar
keine Anerkennung in der Mark. Ein Theil der Stadte betrachtete nach wie vor
Suantibor von Pommern als Landeshauptmann, der Adel aber kummerte sich um diesen
so wenig wie um jenen, sondern setzte ungestort seine Raubereien im Lande fort.
Vergl. uber die Zustande dieser Zeit Riedel, Zehn Jahre, S. 56 u. 61—65. Auch ein
eindringlicher Befehl Sigismunds an die Stadte, Wend von Ileburg gehorsam zu sein
(Riedel II, 3, 192), ftthrte nicht zum Ziele. 8 ) Am 16. Juni 1412 war der Burg-
graf zu Blankenburg am Harz und am 21. oder 22. Juni zog er in die Stadt Branden-
burg ein (Riedel, Zehn Jahre, S. 65 und 66). 4 ) Mit Rudolfs Tochter Barbara
war Friedrichs altester Sohn Johann am 25. Aug. 1411 verlobt worden (Riedel II, 3,
184). Aufser den Herzogen von- Sachsen gehdrten auch zwei Grafen von Schwarzburg
zu Friedrichs Begleitern (Riedel, Zehn Jahre, S. 66).
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Angelus.
Hafftiz.
85
i4i2. alfs einem oberstou hauptman und
vorweser der Marck Brandenburg hul-
digen und getreu zu seyn angeloben
solten bey einer gewissen summa gel-
des, im kayserlichen brieffe ausdriick-
lich benennet alfs 100,000 ungerische
gulden *) und von ihm nicht abweichen
solten, bife solche summa ihm oder
seinen erben gantz vergniiget und
bezalet were. Hierauff baben die
meisten vom adel und die von stadten
mit auffgerichten fingern ihre huldi-
gung gethan auff nachfolgenderweise:
Wir schweren und huldigen berrn
Sigismundo und seinen erben, marg-
graffen zu Brandenburg, eine rechte
erbhuldigung und huldigen und schwe-
ren herrn Friderichen und seinen
erben, burggraffen zu Niirnberg, eine
rechte huldigung zu seinem gelde nach
aufsweisung seiner brieffe getreue, ge-
wehre und gehorsam zu seyn ohn ge-
fehrde, alfs uns Gott helffe und die
heyligen 2 ).
Etliche aber von der ritterschafft
und sonderlich herr Caspar Ganfs,
edler herr zu Putlitz, die Quitzawen,
Wichard von Rochaw, Joachim von
Bredaw 3 ) und der gantze adel im
Havellande sein zuriick getreten und
weser und hauptmann der Marck hul- 1412.
den und gehorsahm seyn solten, bey
einer summa geldes in den brieffen
specificirt, nemlich 100,000 ungarische
gulden 1 ), und von ihme nicht ab-
weichen, bifs solche summa geldes
ihme und seinen erben gantz ver-
gniigt und bezahlt ware. Auff solche
brieffe und furgeben haben die stadte
bald die huldunge gethan und mit
auffgerichten fingern, ihm getreu, huldt
und gehorsahm zu seyn geschworen.
Etliche aber vom adel, zuvoraus
die Quitzowen, Caspar Ganfs, herr zu
Putelitz, Wichart von Rochow und
Achim von Bredow 3 ) mit ihrem An-
hange sind zuriickgetreten; denn sie
hatten sich mit einem eyde verbun-
*) Die Summe von 100,000 ungar. Gulden giebt auch die Urk. Sigismunds (Riedel II,
3, 178) an. Sie war kein von Friedrich dem Konige Sigismund gezahltes Kaufgeld,
sondern derjenige Betrag, den dieser jenem zu zahlen hatte, wenn er die Mark Br.
zurucknehmen wollte, nachdem Friedrich dieselbe in einen guten Zustand gebracht
und namentlich die verpfandeten Landeseinkunfte eingelost haben wurde. Mit jener
Summe sollten also Friedrichs baare Auslagen ersetzt und zugleich seine personlichen
Bemuhungen um die Mark belohnt werden. a ) Nach einer Notiz des alten Bran-
denburger Stadtbuches fand die Huldigung am 10. Juli 1412 statt. Auch der Wort-
laut des Huldigungseides ist in diesem Buche mitgetheilt und zwar in vollkommener
Uebereinstimmung mit der von Angelus uberlieferten Fassung desselben. Er ist ab-
gedruckt bei Riedel II, 3, 195. 8 ) Die Magdeb. Schoffenchr. z. J. 1412 nennt
unter den widersetzlichen Edelleuten auch die von Holzendorf; ferner befahl Sigis-
mund den „Mannen" auf dem Barnim und auf dem Glyn in zwei besonderen Urk.
(Riedel II, 3, 198) noch am 12. Aug. 1412, dem Burggrafen zu huldigen; der Adel
der Altmark und der Priegnitz endlich entzog sich dem Huldigungseide ganzlich; so-
mit scheint fast der gesammte mark. Adel in Opposition gegen den Burggrafen ge-
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86
Angelus.
Hafftiz.
H12. haben sich der huldigung geweigert.
Doch sind die im Havelland dennoch
durch herrn Heinrich Stich, dem abt
zu Lehnin, unterwiesen und dahin
bewogen worden, dass sie eintrach-
tiglicb gen Berlin kommen, ihre hul-
digung gethan und sich der andern,
bey denen sie zuvor wider den herrn
burggraffen gestanden, gemeinschafft
geeufsert. Wusterwitzius.
den, wieder den herrn burggraffen 1412
bey einander zu stehen; derowegen
haben sie sich der huldung geweigert
und verachtlichen gesprochen: Es ist
ein tandt von Nurrenberg, wir wollen
zuvor zu unsern erbherren, dem ko-
nige in Ungern, schicken und alfso
mit ehren thun, wafs wir wollen.
Denn sie furchteten den loblichen
fursten herrn Friederichen, dass er
alfs ein liebbaber der gerechtigkeit
die beschwerung und unterdriickung
der armen leute nicht leiden wiirde;
schickten derowegen aus Petrum
Grochwitz Notarium mit befehl zu
dem konige von Ungern, dass er ihnen
heimlich wieder antwort einbringen
solte 1 ). Und wiewohl gemeiniglich
der gantze adel im haveUande durch
die Quitzowen verfurt, sind sie doch
herrn Friederich durch unterweisunge
herrn Henrici Stich, abts zu Lenin,
zugebracht, dass sie eintrachtig kom-
men und der Quitzowen gunst hindan
gesetzt, zu Berlin die huldung gethan
haben.
Da nun der genannte herr Friede-
rich sahe, dass er wenig folge und
hiilffe hatte und die Quitzowen mit
ihrem anhange stoltz und machtig
waren, hat er alfs ein weiser und ver-
standiger furst die andern von adel
und stadte an sich gezogen mit
mancherley freundlichen und gna-
I digen erzeigen, hat sie offte zu gaste
standen zu haben. Nicht Adel und Stadte, wie Angelus berichtet, sondern nur die
Stadte, wie Hafftiz angiebt, waren also in Brandenburg zur Huldigung bereit.
J ) Die Sendung dieses Notars erfolgte durch Caspar Gans zu Putlitz auf Beschluss
einer Versammlung der altmark. und priegnitz. Stande (Riedel, Zehn Jahre, S. 70).
Riedel erklarte diesen Beschluss fur einen Act offenen Ungehorsams, namentlich seitens
des Caspar Gans z. Putl. Allein so ganz klar und zweifellos waren die Anordnungen
Sigismunds hinsichtlich der Mark nicht, um eine solche Sendung tiberfltissig zu
machen, denn nachdem 1411 der Burggraf zum obersten Verweser und Wend v. He-
burg zum Unterhauptmann der Mark erhoben worden waren, bestellte der Konig —
was eigentlich nur dem Burggraf en zukam — noch zu Michaelis 1411 Caspar Gans
z. P. zum Hauptmann der Priegnitz (Riedel I, 3, 412) mit einem Gehalte von 100 Schock
b. Gr. Wie leicht konnten daher Zweifel entstehen, ob letzterer konigl. oder burg-
graflicher Beamte und hinsichtlich der Priegnitz Wend v. Ileb. neben- oder unter-
geordnet sei. Dass iibrigens auch Motive des personlichen Ehrgeizes das Yerhalten
des machtigen Edelmannes gegen Friedrich bestimmten , soil nicht in Abrede gestellt
werden.
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Angelus.
Hafftiz.
87
1412. Die Quitzawen haben in diesem
jahr ein verbiindnufs gemacht mit den
beyden hertzogen zu Stettin, Ottone
und Casimiro gebriidern, wider burg-
graff Friderichen von Niirmberg, da-
mals stathalter in der Marck Bran-
denburg, und haben so viel zu wege
gebracht, dass die hertzogen am vier
24. octob. und zwantzigsten tage Octobris, wel-
cher ist gewesen der tag S. Colum-
bani, wider den burggraffen feindlich
gezogen und auff dem thamme zu
Kremmen ernstlich gestritten haben;
da denn unter andern auch umb-
kommen graff Johannes von Hohen-
lohe 2 ) sampt zweyen rittern, alfs
Krafft von Leutersheim und Philip
von Utenhofen 3 ), dariiber burggraff
geladen, auch die Quitzowen fur an- 1412.
dern fiirgezogen und geehrt, ob er
vieleicht ihre feindseelige gemiihter
hiedurch erweichen, brechen und zur
huldung bewegen mochte; und wie-
wohl er ihnen alles gutes thate, alfs
er immer zu thun vermochte, haben
sie doch ihre hinterlist und falschheit
wieder ihn nicht gelassen, sondern
mancherley reuberey durch ihr ge-
sinde verhenget, sich auch rait biich-
sen, schantzgraben und anderer krie-
gesriistung gefast gemacht, auff dass
sie den genannten herrn Friederich
erschrecken, die Marcke verleiden
und ihn daraus verjagen mochten.
Sie haben auch herren Otten und
Casimir, hertzogen zu Stettin, nach
absterben ihres vaters Schwantibari *),
beredt, dass sie in demselbigen jahre
den 24. Octobris feindtlichen mit ge-
wapneter hand wieder herrn Friede-
rich gezogen und im kremmischen
tham feindtseelig gestritten haben,
in welchem streit der edle herr Jo-
hann, graff zu Hollach 2 ), mit andern 24. octob.
zween rittern, alfs Krafft von Leuters-
heim und Philips vonUchtenhagen 3 ),
sind erschlagen, umb welcher todt
*) Suantibor starb erst im folgenden Jahre 1413, nahm aber persdnlich an dem
Gefechte bei Kremmen keinen Antheil. Seine Sflhne waren Otto II. und Kasimir VI.
von Stettin. a ) Hollach oder auch Holloch ist eine im Mittelalter ubliche Schreib-
weise fur Hohenlohe. Sie findet sich unter anderen auch in den Konigssaal. Ge-
schichtsquell., herausgegeb. v. Loserth in d. Font. rer. Austr. I, 8, S. 305. 8 ) Die
Lesart Uchtenhagen statt Utenhofen ist ein arger Missgriff des Hafftiz, denn die
Uchtenhagen waren ein markisches Adelsgeschlecht, der Ritter Phil, von Utenhofen
aber stammte aus Franken und war erst mit dem Burggrafen in die Mark gekommen.
Er starb wahrscheinlich, bei Kremmen verwundet, am 28. Octob. 1412 und wurde
sammt Johann v. Hohenlohe in der Kirche des grauen Klosters zu Berlin begraben.
Ein dem ersteren gewidmetes Grabdenkmal* dessen Inschrift Angelus (Ann. March.
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88
Angelus.
Hafftiz.
ui2. Friderich sampt seinem gantzen hofe
nicht wenig bekiimmert worden 1 ).
Wusterwitzius.
der gemeldte herr Friederich nicht ui2.
wenig bekiimmert und mit seinem
gantzen hoffe betriibt ist gewesen 1 ).
Da aber der lobliche furste gesehen,
dass durch seine giihte die Quitzowen
nicht gebessert, sondern jemehr und
mehr mit ihrem anhange ihr bofshaff-
tiges gemiiht wieder ihn ausgossen,
hat er alfs ein giitiger beschiitzer und
beschirmer seiner armen unterthanen
einen grofsen muth a ) und mannlich
hertz gefast in gott dem herren und
mit raht frommer herren bedacht und
berahtschlagt, wie er die Marcke, die
auff so mancherley weise durch die
Quitzowen und ihrem anhange be-
schwert, rahten und helffen mochte*
Und anfanglich hat er wohl und weifs-
lich bedacht, dass freundtschafft und
vereinigung mit den benachbahrten
fiirsten und herren nicht eine geringe
hiilffe hierzu seyn wiirde; derhalben
er sich mit ihnen zu befreunden hoch-
lich beflissen und also durch ver-
einigung derselben bundtnis einen
a) A bundt; die Lesart muth iii dem Autographum b. Riedel IV, 1, 51.
S. 190) angiebt, ist noch vorhanden und beschrieben von J. J. Bellermann.im Programm
d. grauen Klosters 1823, S. 30. Das Denkmal Philipps v. U., das nicht mehr existirt,
wurde noch von Angelus gesehen und a. a. 0. beschrieben.
J ) Die Begegnung des Burggrafen mit den Pommern am Kremmer Damme hat
Riedel (Zehn Jahre, S. 108 u. fg.) mit einem Aufwande von grofser Gelehrsamkeit
zu einem unbedeutenden Ereignisse abzuschwachen gesucht, indem er annahm, Fried-
rich sei dort ohne Truppen und nur mit einem „rittermafsigen Gefolge" deu Pommern
entgegengetreten und Joh. v. Hohenlohe wahrscheinlich meuchlings ermordet. Dem
gegeniiber hat Voigt in den Mark. Forsch. VII, 224 u. fg. Wusterwitz' Bericht von
einem ernstlichen Kampfe, wie Angelus angiebt, aufrecht erhalten unter Hinweis
auf die Urk. bei Fidicin, Beitr. II, 177, aus welcher hervorgeht, dass Berlin -Kolln
sein Truppencontingent zu dem Zuge nach Kremmen gestellt hatte. Es sei daher an-
zunehmen, dass auch noch andere Stadte dasselbe gethan hatten und somit der Burg-
graf nicht blofs mit „rittermafsigem Gefolge" gegen die Pommern gezogen sei. Es
kommt hinzu, dass auch der Erzbischof Gunther von Magdeburg, wie Riedel selbst
wusste (Cod. dipl. II, 3, 306 und Zehn Jahre, S. 351), auf Seiten Friedrichs bei Kremmen
stand, und der wird nicht blofs allein, sondern ebenfalls mit einem Gefolge, und ware
es auch nur ein „rittermafsiges" gewesen, zu Felde gezogen sein. — Andererseits
macht Riedel es sehr wahrscheinlich, dass die Quitzows selbst nicht an dem Kampfe
bei Kremmen betheiligt waren.
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Angelus.
Hafftiz.
89
festen zaun der beschirmung gemacht 1412.
und urn die Marcke gezogen.
Der kayser Sigismundus hat zu-
wegen bracht, dass hertzog Rodolphus
zu Sachsen seyne tochter fraulein
Barbara hat vertrauet herrn Johansen,
demsohueherrnFriederichs desburg-
graffen *). Auch hat herr Friederich
seine tochter Caeciliam zugesagt herrn
Wertschlaff, dem sohne herrn Bar-
nyms, hertzogen zu Wollgast. Er hat
sie aber nicht zur ehe genommen,
sondern kt von der zusage abgestan-
den und die schwester herrn Erichs
zu Sachsen und Lauenburg genom-
men 2 ). Gleichergestalt hat herr Frie-
derich mit dem ertzbischoff zu Mag-
deburg, deme die Quitzowen in seinem
lande grofsen schaden zugefugt, und
mit dem hertzogen zu Meckelburg,
fursten der Wenden und endlich mit
vielen anderen graffen und von adel
sich befreundet und vereiniget 8 ).
Da nun dieser zaun also ist be-
festiget, so hat sich dennoch der hoch-
lobliche furst herr Friederich aus be-
*) Sigismund selbst verschrieb den Verlobten eine Mitgift von 50000 Gulden und
setzte zum Unterpfande dafur die Stadte Potsdam, Trebbin, Saarmund, Plaue, Mitten-
walde, Brietzen und Belitz (Riedel II, 3, 184). a ) Diese Angabe ist sehr incorrect.
Am 19. Nov. 1413 verlobte zu Neu-Buppin der Burggraf seine Tochter Margarethe,
nicht Caecilia, mit dem jungen Sohne Herzogs Wartislaw VIII. von Pommern -Wolgast
(Riedel II, 3, 208 und: Zehn Jahre u. s. w. S. 178). Beide Verlobte standen noch im
Kindesalter und der junge Wartislaw starb friih. Dagegen wurde Friedrichs Tochter
Caecilia am 19. Juni 1413 mit Albrecht V. von Mecklenburg-Schwerin verlobt (v. Raumer,
Cod. dipl. 1, 54), die Vermahlung jedoch nicht vollzogen. Caecilia heirathete 1423
den Herzog Wilhelm d. Aelt. v. Braunschw.-Calenb., wie Hafftiz selbst z. J. 1423 an-
giebt. Albrecht V. endlich heirathete in demselben Jahre Caeciliens Schwester
Margarethe. *) Mit Gunther v. Magdeb. schloss Friedrich am 19. Sept. 1412 zu
"Wittenberg ein Bundniss auf 2 Jahre unter Vermittlung Rudolfs von Sachsen und
Bernhards v. Braunschw.-Luneb. (^Riedel II, 3, 200 u. fg.). Graf Albrecht von Anhalt
versprach damals, sich wenigstens von den Quitzow's zu trennen, mit denen er bis
dahin verbundet gewesen war (Riedel, Zehn Jahre S. 101 u. 349). Die Herren von
Werle — die Fursten der Wenden — gewann Friedrich um dieselbe Zeit durch das
Anerbieten eines Jahrgehaltes fttr seine Sache (a. a. 0. S. 130). Unter dem mark.
Adel traten auf Friedrichs Seite Johann v. Bieberstein, Herr zu Storkow und Beeskow,
Johann von Torgau zu Zossen, Albrecht Schenk von Landsberg, Johann und Friedrich
v. Schlieffea zu Baruth bei Berlin.
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90
Angelus.
Hafftiz.
i4i3. Im selben tausend vier hundert und
dreyzehenden jahr hat der . lobliche
furst, burggraff Friderich von Niirn-
berg, damals stathalter in der Chur
Brandenburg, das raubschloss Trebin
belagert, das zur selben zeit innen
hatten Friderich, Heinrich und Jo-
hannes gebrudere, sohne herrn Chri-
stopffels von Maltitz, der das ge-
nandte schloss von herrn Johann von
Torgaw, alfs einem hauptmann der
hauptmannschafft Britzena, vor drey
hundert schock bohmischer groschen
in versatzung genommen und ihm
verschreibung gegeben, dass er ihm
solch schloss wider einreumen wolte,
wenn ihm solche aufsgezalte summa
widerumb erlegt wiirde. Es haben
1413,
2. Febr.
sonderer gutigkeit seines heroischen 1412.
gemiihts nicht bald alsofort wollen
rechen und an den Quitzowen und
ihrem anhange seinen schart aus-
wetzen, sondern hat ihnen geraume
zeit gelassen, sich zu erkennen und
zu bessern, hat sich auch giitig und
gnadig gegen ihnen erzeigt, ob er sie
hiedurch gewinnen mochte.
Anno Christi 1413 umb purificationis
Mariae ist die durchleuchtigste furstin,
frau Elisabeth, die schone genannt, des
hertzogs zuBaiern tochter, zu ihrem hertz-
liebsten gemahl, herrn Friederich burg- BreTiirinm
graffen, mit ihren freulein und frauenzim-
mer mit furstlicher zier und herrlichkeit
von Nurrenberg gekommen, unlangst dar-
nach empfangen und umb St. Elisabeth i»- »«▼•
tag im schlosse Tangermunde einen jungen
herren gebohren, der in der h. tauffe auch
Friedrich genannt ist 1 ).
Da nun der hochloblichc furst herr
Friederich mit den umbliegenden
fursten und herren freundtschafft be-
festigt und sich also gestarckt hatte,
hat er das gasthuttlein abgelegt und
wieder die ungehorsahmen rebeUen
und widerspenstigen auffwickler zu
seeliger erledigung und befreyung der
Marcke angefangen, sich ernst und
gestrenge zu beweisen; hat erstlich
das schloss Trebbin umblegt, welches
zu der zeit inne hatten Fritze, Hein-
rich und Hans gebruder, herrn Chri-
stoffels von Maltitz sohne, welcher
das genannte schloss von herrn Jo-
hann von Torgau, alfs von einem haupt-
mann der (die) «) hauptmannschafft
Brietzen, fur 300 schock behmischer
a) Dieses die in A und in dem Autograph um bei Riedel IV, 1, 52 beruht auf einem
Missverstandniss und ist zu til gen.
l ) Diese Stelle hat Angelus Ann. S 190 nur mit der Bezeichnung Breviarium
und Marchia Autoris versehen und ohne Hinweis auf Wusterwitz gelassen. Es ist
daher sehr wahrscheinlich, dass Hafftiz die Nachricht uber die schdne Else dem
Breviarium entlehnte. Die Bemerkung „und unlangst empfangen", die im Sinne einer
sexuellen Empfangniss zu nehmen ist, nndet sich bei Angelus jedoch nicht.
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Angelas.
Hafftiz.
9
Hi3. sich aber gemelte drey briider auff
die Quitzawen, die damaJs sehr mech-
tig in der Marck gewesen, verlassen
und haben nachmals solch scbloss
nicht widerumb abtreten wollen. Dero-
wegen hat es hochermelter furst (wje
vor gesagt) belagert und in zweyen
tagen gewonnen. Marchia Autoris 2 ).
Im selben jahr hat herr Caspar
Ganfs, edler herr zu Putlitz, herrn
Henningo, dem bischoffe von Bran-
denburg, der ein alter, krancker mann
groschen in versatzong genommei
mit verschreibung, das (schloss?) wie
der zu geben, wenn*) solche summj
ihm erlegt und bezalt wiirde *).- Abe:
isie haben sich auff die Quitzowen ver-
lassen und gegen darbietung solche*
geldes das haufs nicht abtreten wol-
len 2 ),derowegen hat siewohlgemeldtei
fiirste umWegt und in zwei tagen das
schloss gewonnen.
Da das sahen Caspar Ganfs und
die Quitzowen samt ihrem anhange.
furchten sie sich, die reihe mochtc
an sie auch kommen; darumb hul-
deten und schwuren sie betriiglich
herrn Friederich, dem burggraffen,
haben aber ihren eydt nicht gehal-
ten*). Denn Caspar Ganfs hat zu
der zeit herrn Henninge, bischoffe zu
Brandenburg, der ein alter, abgelebter
a) wenn nach Riedel a. a. O.; A hat: welclio.
*) Dieser Satz ist von Hafftiz selbst nicht verstanden, wie der Wortlaut. desselben
in seinem von Riedel benutzten Autographum beweist. Wahrend der einfache, durch
Angelus verbiirgte Sinn desselben der ist, dass Christ, v. Maltitz das Schloss Trebbin
von Joh. von Torgau, dem Hauptmann der Hauptmannschaft Brietzen, fur 300 Schock
b. Gr. in Pfand hatte, schreibt Hafftiz selbst bei Riedel IV, 1, 52: Chr. v. Maltitz,
welcher das Schloss inne bekommen von herrn Joh. von Torgau, alls von einem Haupt-
mann, der die Hauptmannschafft Brietzen fur 300 Sch. b. Gr. in versatzung
genommen mit verschreibung u. s. w. a ) Auch diese Stelle tragt bei Angelus
nicht den Vermerk, dass sie Wusterwitz entlehnt sei, sondern Angelus verweist nur
auf sein eigenes Werk, die Marchia Autoris. Letzteres jedoch ist weder gedruckt
worden noch handschriftlich erhalten, sondern soil als Manuscript verbrannt sein.
Hafftiz kann es also nicht benutzt haben. Wahrscheinlich hatte Angelus die Nach-
richt von der Belagerung des Schlosses Trebbin aus der Mark. Chron. zuerst in seine
Marchia ubertragen und dann mit dem gleichen Wortlaut in die Annales M. Br.,
wahrend Hafftiz Wusterwitz direct benutzte. Fur die erstere Annahme zeugen auch
die eingeflochtenen Bemerkungen des Angelus uber die Statthalterschaft Friedrichs
und die Macht der Quitzow's, welche in einer fortlaufenden Chronik uberflussig waren. —
Na«h der Magdeb. Schoff.- Chron. geschah die Belagerung Trebbins um Ostern (23. April)
1413, ebenso nach einer Urk. des Erzbisch. Gunther von Magdeb. 1413 in „der oster-
lichen wochen" (Riedel II, 3, 266). Dass die Maltitze sich auf die Macht der Quitzows
verlassen haben sollten, muss zweifelhaft erscheinen, da Gunther v. Magd. a. a. 0.
berichtet, dass Dietrich und Joh. v. Quitz. an der Belagerung Trebbins theilnahmen.
8 ) Nach Riedel, Zehn Jahre S.353 huldigten die Quitzow's und Casp. Gans dem Burggrafen
zu Berlin am 4. od. 5. April 1413, an welchem Tage dieselben jenem ihre Pfandbesitzungen
Tangermunde, Saarmund und Strausberg gegen Empfangnahme des Pfandgeldes abtraten.
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92
Angelas.
Hafftiz.
i4i3. gewesen 1 ), ohn alle ursache entsaget
und ihm mannigfeltige schaden in
8einem lande gethan. Und wiewohl
burggraff Friderick von Niirnberg,
damals stathalter in der Clmr und
Marck Brandenburg, sich offt erboten,
die sache, so der herr von Putlitz
wider den bischoff hette, nach ge-
rechtigkeit zu verhoren und zu richten,
hat er sich doch daran nicht wollen
kehren. Wusterwitzius, Marchia und
Breviarium Autoris 2 ).
Item in diesem jahr haben die
Quitzawen mit Wichard von Rochaw,
der fraulein Annam, herrn Caspar
Ganses, edlen herrn zu Putlitz toch-
ter, zur ehe gehabt 3 ), dem ertzbi-
schoffe zu Magdeburg grofsen schaden
gethan, sonderlich im Juterbockischen
lande 4 ) und hat der burggraffe bey
mann war 1 ), ohn alle ursache ent- m3.
sagt, und ihme mannigfeltigen scha-
den zugefiigt in seinem lande. Und
wiewohl herr Friederich sich erboh-
ten, die sache, so er wieder den bischoff
hette, nach gerechtigkeit zu verhoren
und zu entscheiden, so hat sich doch
Caspar Ganfs nicht dran kehren wollen.
So haben auch die Quitzowen mit
Wichart von Rochow, der noch jung
und durch sie verfiihrt war, dass er
auff ihr anhalten Annam, Caspar
Ganses tochter, zur ehe genommen
*hatte 3 ), dem ertzbischoff «zu Magde-
burg grofsen schaden gethan zuvor-
au» im Juterbockischen lande 4 ), und
^•nnte herr Friederich, der burggraff,
*) Henning starb bald nach dem 8. Juli 1413 (nach Riedel I, 8, 79). Die
Ursache des Conflictes zwischen ihm und Caspar Gans ist nicht bekannt. Riedel
vermuthete mit gutem Grande, dass der [Bischof als Anhanger des Burggrafen dem
Herrn zu Putlitz verhasst gewesen sei. *) Diese Stelle lehrt, wie Angelus gear-
beitet hat. Seine Quelle war Wusterwitz; dessen Nachrichten ubertrug er zuerst in
seine Marchia und aus dieser wortlich in die Annalen. Die Statthalterschaft Fried-
richs in der Mark kann Wusterwitz in seiner fortlaufenden Erzahlung unmdglich
immer von neuem so hervorgehoben haben, wie Angelus es thut. •) Wie Riedel
(Zehn Jahre, S. 345) nachgewiesen hat, gab es im 14. und 15. Jahrh. in der Mark
zwei Familien Rochow, in denen der Vorname Wichard vorherrschend war. Im Be-
ginne des 15. Jahrh. lebte ein Wichard von Rochow auf dem Schlosse Golzow bei
Brandenburg und ein anderer Wichard v. Roch. zu Potsdam, das er als Pfand inne
hatte. Jener war mit Anna von Putlitz verheirathet, die Frau des anderen hiefs Use
nach Riedel I, 11, 156. Der erstere wird in den Urkunden bezeichnet als „Junge
Wichard v. R.", der zweite als „01de Wich. v. R." Nur der erstere spielte in den
Fehden dieser Zeit und als Gegner des Burggrafen eine hervorragende Rolle, der
andere dagegen trat so wenig hervor, dass Wusterwitz ihn gar nicht kannte und z. d.
J. 1414 und 1416 sogar den ersteren zum Besitzer von Potsdam machte. Die Be-
zeichnung „Junge Wichard v. R.", die auch] in der Magdeb. Schflffen-Chron. sich findet,
besagt also nichts uber das absolute Alter Wichards von Rochow auf Golzow, sondern
bezieht sich nur auf die relativ geringere Lebenszeit desselben im Verhaltniss» zu
Wichard von R. zu Potsdam. Hafftiz und ebenso Angelus z. Jahre 1414 fassten das Bei-
wort jedoch im ersteren Sinne auf und machten Wichard zu einem jungen Manne,
welcher den Kunsten der Verfuhrung unterlag, indem er die Tochter eines der ange-
sehensten markischen Edelleute zur Frau erhielt! 4 ) Eine genaue Schilderung
der 1413 von den Quitzow's im Gebiete von Juterbock verubten Raubereien enthalt
das Schreiben des Erzbischofs Gunther v. Magd. an den Burggrafen (Riedel U, 3,
266 u. fg.) Vergl. dazu Riedel, Zehn Jahre, S. 136 u. fg.
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Angelus.
Hafftiz.
93
1413. ihnen so viel nicht konnen erhalten,
dass sie sich mit dem ertzbischoffe
vertragen und von ihrem furnemen
abgestandeii hetten. Wusterwitzius,
Marchia Autoris.
30. Nov. Im selben jahr an S. Andreae tag
bat sich Hanfs von Quitzaw mit herrn
Geberhard von Plote 1 ) und Peter
Kotzen, defs ertzbiscboffs hauptman,
geschlagen bei dem fliefs Stremme 2 ),
die er auch mit vielen andern hat
gefangen genommen und auf das
schloss Plawen gefiihrt. Nachdem er
ihnen nun vielfeltige plage angeleget,
haben sie sich verschreiben miissen,
vor alle gefangene auff etliche tag-
zeiten 8 ) zu geben sechzehn hundert
schock boehmischer groschen. Wider-
umb aber hat Hanfs von Redern, defs
bischoffen zu Brandenburg hauptman,
am gedachten S. Andreae tag im dorff
Dalgaw bey Spandaw im Havellande
herrn Caspar Gansen gefangen 4 ) und
ihn iiber die Havel gen Pritzerwe 6 )
und darnach gen Zyeser gebracht und
da wol verwahret. Wusterwitzius,
Marchia Autoris.
14H. Im tausend vier hundert und vier-
zehendem jahr nach Christi geburt
hat burggraff Friderich von Niirnberg,
stathalter in der Marck, mit hiilff der
benachbarten fursten, graffen und
herrn, mit denen er freundschafft und
einigkeit gemacht, zugleich auff ein-
mal vier beer versamlet und damit
vier Marckische raubschlosser belagert.
nicht so viel bey ihnen heschaffen unc
zu wege bringen, dass sie sich mil
dem ertzbischoff vertragen und von
solcher rauberey abgelassen hatten.
Denn in demselbigen jahre am tage
S. Andreae hat sich Johann von Quit-
zow geschlagen mit herrn Gebhart
von Platow ritter 1 ) und Peter Kot-
schen, des ertzbischoffs hauptmann,
bey dem flusse Strame 2 ), da er zu-
gefroren, und hat sie beyde gefangen
mit vielen anderen, dass wenig sind
davon kommen, und hat sie auf dem
schlossePlawe erbarmlich gesetztund
Isractirt. Denn nach vielen peinen,
so er ihnen angelegt, haben sie sich
verschreiben miissen, fur alle gefan-
genen auff etliche tagezeiten d ) zu ge-
ben 1600 schock boehmischer gro-
schen. Hinwieder aber hat Johann
von Redern, des bischoffs von Bran-
denburg hauptmann, eben an dem-
selbigen tage im dorffe Dalgow bey
Spandow gefangen Caspar Ganfs 4 )
und hat ihn iiber die Havel gegen
Pritzerwe und darnach gegen Ziegeser
gebracht. Damit hat sich der Quit-
zowen fall angefangen.
Anno Christi 1414 hat der hoch- i<
lobliche furst herr Friederich burg-
graff mit tieffen gedancken, scharfen
sinnen und weilsem raht wohl bedacht,
wie er die bosen wurtzeln, durch die
Quitzowen gepflantzet, mochte aufs-
rotten, und hat mit hiilffe und bey-
standt der umbwohnenden und be-
nachbahrten fursten und herren, mit
! ) Gebhard von Plote oder Platow war Besitzer des Schlosses Plotho, spater
Alt-Plathow bei Genthin 8 ) Die Stremme ein linker Nebenfluss der Havel.
*) d. h. Termine. 4 ) Dieses EreigDiss erwahnt auch die Magdeb. Schoffen-Chron.
z. J. 1413. 6 ) Pritzerwe ist das heutige Pritzerbe, am Ostlichen Havelufer zwischen
Brandenburg und Rathenow gelegen.
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94
Angelus.
Hafftiz.
i4i4. Als der herr Giinther von Schwartz-
burg, ertzbischoff zu Magdeburg, hat
mit seinem volck am mitwoch nach
7. Febr. Purificationis Mariae das schloss Plawe
belagert 1 ), darauff Johann von Quit-
zaw gewesen. Herr Rudolff, hertzog
zu Sachsen, hat an Sanct Agathen
5. Febr. tage mit seinem heer das schloss
Goltzaw belagert, darauff Wichard von
Rochow als in seinem vaterlichen erbe
gesessen. Der burggraff hat mit herrn
Baltzern, dem fiirsten der Wenden,
und herrn Ulrichen, graffen zu Lin-
daw, und herrn Johansen von Biber-
stein und herrn Ottone Pflug ritter
6. Febr. am tage Dorotheae das schloss Fry-
sack umbgeben, darauff Diederich von
Quitzaw gesessen, herr Johan von
Torgaw hat eben an demselbigen tage
mit denen von Juterbock, Brietzen,
Belitz und denen, so zu den abteyen
Zinna und Lehnin gehoret, umbleget
das schloss Buten oder Beuten, da-
rauff Gofske Prederlaw 8 ), Hanses von
Quitzaw hauptman, gesessen. Difs ist
alles zugleich auf einmal geschehen.
welchen er freundschaft angeschlagen 1414.
und verbiindtnis gemachet hatte, zn
gleicher zeit 4 heer versamlet und
damit 4 schlosser belagert und umb-
leget. Den mittwoch nach Purifica-
tionis .Mariae hat herr Giinther von 7. ?**
Schwartzburg, ertzbischoff zu Magde-
burg, mit seinem volcke umblegt das
schloss Plawen, darauff Johann von
Quitzow safs. Herr Rodolphus zu
Sachsen hat am Agnes tag 2 ) mit 21. j«
seinem heer belagert das schloss Golt-
zow, darauff Wiehart von Rochow in
seinem vaterlichen erbe safs. Der
herr burggraff mit herrn Balthasar,
fiirsten der Wenden, und herrn Ulrich,
graffen zu Lindow, und herrn Johann
von Biberstein und herrn Otten Pflug
ritter haben am tage Dorotheae das e. Febr
schloss Frysack umblegt, darauff Die-
terich von Quitzow safs. Herr Jo-
hann von Torgau mit denen von Jiiter-
bock, Brietzen, Belitz und die zu der
abtey Zinne und Lenyn gehoren, haben
eben an demselbigen tage belagert das
schloss Buten, daraiiff Goschke Bre-
derlow 3 ), Johann von Quitzows haupt-
mann, safs. Also haben sie zu gleicher
zeit die 4 schlosser belagert und umb-
legt.
*) Mit Giinther von Magdeb. hatte der Barggraf am 8. Decemb. 1413 zu Zerbst
ein Bundniss zu gemeinsamer kriegerischer Action gegen die Quitzow's und Wichard
von Rochow oder gegen die Burgen Plaue, Friesack, Beuthen und Golzow geschlossen
(Biedel II, 3, 210). Eine abermalige Zusammenkunft beider Fursten fand ebenfalls
zu Zerbst statt am 28. Jan. 1414 (nach der Magdeb. Schoffen-Chron. z. J. 1414 des
sondaghes vor unser vruwen dage lichtmessen). Auch Rudolf von Sachsen nahm an
den Berathungen theil, welche wahrscheinlich die Ausfuhrung des Kriegsplanes be-
trafen. Dietrich von Quitzow fand sich personlich in Zerbst ein, um noch in letzter
Stunde einen Versuch zur gfttlichen Beiiegung seines Conflictes mit dem Burggrafen
zu machen, wozu es nun bereits zu sj)at war. Von seiner Anwesenheit in Zerbst redet
er selbst in einem Schreiben an den Rath zu Brandenburg (Riedel, Zehn Jahre, S. 362).
*) Hafftiz hat den Agnes tag (den 21. Januar) mit dem Agathen tage (5. Febr/) ver-
wechselt. Am 21. Jan. waren die Verbundeten noch nicht uber die Vorbereitungen
zum Kriege hinaus. Die Magdeb. Schoff.-Chr. a. a. 0. verlegt die Belagerung Golzows
auf den 7. Febr. (des mydwekens na unser vruwen daghe), an welchem wahrscheinlich
die Burg erobert wurde. 8 ) Diesen Namen hat Wusterwitz selbst unrichtig Qber-
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Angelus.
Hafftiz.
95
141 4. Der raht *) beyder stadte Branden-
burg hat heimlich mit dem raht der
stad Rathenaw gehandelt, dass sie
bey nachte mit Johann von Bentz-
dorff *), biirgermeister derneuen stad
Brandenburg, gen Berlin zum burg-
graffen ziehenund ihm von wegen der
stad Rathenaw, welche Diederich von
Quitzaw in versatzung hatte, huldigten
und ihm zusagten, wenn er oder je-
mand seinetwegen fiir die stad kame,
dass sie ihm bald ihre stadthor offnen
und einlassen wolten, welchs auch
also geschshen. Difs ist dem herrn
burggraffen lieb und angeneme ge-
wosen und hat mit ihnen Bertram
von Bredaw geschickt, der ein bruder
war herrn Hennings, defs bischoffs zu
Brandenburg; der hat die stad Ra-
thenaw ohn alle miihe und unkosten
eingenoinmen und den von Quitzow's
wider entwendet. Wusterwitzius.
Da nun die schlosser (wie gesaget)
also belagert gewesen, haben sie die
mauren mit grofsem geschutz nider
gelegt und ritterlich und mannlich
dafiir gestritten. Es ist aber Diede-
rich von Quitzaw am tage Schola-
). Febr. sticae 8 ) heimlich vom schloss Frysack
Die rahte 1 ) beyder stadte Bran- uu.
denburg haben mit dem rath zu Ra-
thenow heimlich gehandelt, dieweil
sie Dieterich von Quitzow in ver-
satzung hatte, dass sie bey nacht mit
Johann Borgstorff 2 ), biirgermeister
der neustadt Brandenburg, gegen Ber-
lin zogen und herrn Friederich burg-
graffen von wegen der genannten stadt
huldeten und zusagten, sie wolten ihre
stadtthore offnen, wenn er kahme.
Dessen ist herr Friederich erfreuet
und mit ihnen geschickt Bertram von
Bredow, der ein bruder war herrn
Hennings, bischoffs zu Brandenburg,
dass er die stadt Rathenow solte ein-
nehmen, welches er,, auch ohne alle
muh gethan hat.
Da nun die 4 schlosser belagert
waren, haben sie mit grofsen biichsen
die mauren nieder gelegt und ritter-
lich gestritten; und am tage Schola-
sticae 8 ) ist Dieterich von Quitzow io. Febr.
heimlich vom schlosse Frysack ent-
und herr Friederich hats ein-
liefert. Die Uebereinstimnmng der beiden Referenten in der Namenschreibung be-
weist, dass jener in dem Hauptmann von Beuthen ein Mitglied der neumark. Adels-
familie der Brederlow sah. Indess hat Riedel (Zehn Jahre, S. 360) auf Grand der
Magdeb. Geschichtsquellen (das Chron. Magdeb. b. Meibom, Scr. II, 352 nennt ihn
Gotzer Grecol und die Schoff.-Chron. z. J. 1414 Gotzke Pirdal), so wie der mark. Urk.
(Cod. dipl. Br. II, 3, 301 und 302) erwiesen, dass der Name Gotz Predohl hiefs.
Die Familie der PredOhl war in der Priegnitz angesessen. Das von Forster (Handb.
der Preufs. Gesch. Ill, 135 u. fg.) mitgetheilte Chron. manuscr. Petri Naumanni, welches
Nachrichten iiber den Fall der Quitzow's enthalt, nennt den Hauptmann von Beuthen
richtig Gofske Preydal.
*) Alt- und Neust. Brand, hatten jede ihren besonderen Rath. Die Ueberlieferung
bei Hafftiz ist also die richtige. a ) Weder der eine noch der andere Name des
Burgermeisters ist in den Urk. der Stadt Brandenb. um das Jahr 1414 bezeugt. Im
Jahre 1394 jedoch gab es einen Biirgermeister der Neust. Brand, mit Namen Gotzke
Bentzdorf (Riedel I, 8, 371). •) Die Richtigkeit dieses Datums hat Riedel (Zehn
Jahre, S. 359) bestritten, weil Friedrich bereits am 9. Febr. nachdemFallevon
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96
Angelus.
Bafftiz.
i4i4. entflogen, dass es also leichtlich in
defs burggraffen handegekomen. Dem-
nach ist der burggraff vor Plawe ge-
ruckt und hat die mauren defs schlos-
ses, so vierzehen schuch dicke gewe-
sen, nider geleget. Da dies sahe
Wichard von Rochaw und sich be-
furchte, es wiirde mit ibm auch nicht
besser werden, hat er sein schloss
und vaterlich erbtheil herrn Rudol-
phen, hertzogen in Sachsen, in die
gnade defs herrn burggraffen iiber-
geben. Weil aber Wichard vonRochaw
damals noch jung und von andern
verfuhret war, ist er aus gnaden defs
herrn burggraffen auf das schloss
Potstamp gesetzt, das er vor vier
hundert schock boehmischer groschen
innen hielt. Wusterwitzius 2 ).
Alfs nu Hans von Quitzaw vernam,
dass das schloss Frysack gewonnen
und eingenommen, und die dicke
mauren, darauff seine zuversicht stund,
26. Febr. zuschossen waren, hat er am montag
genommen. Darnach ist er fiir das uu.
schloss Plawe gezogen mit der grofsen
biichse hertzog Friederichs, des landt-
graffen in Diiringen, der ein schwager
war des ertzbischoffs von Magdeburg,
die mauren desselbigen schlosses, die
14 schuhe dick waren, nieder gelegt 1 ).
Da das sahe Wichart von Rochow
und besorgte sich, es wiirde mit ihm
auch nicht anders werden, hat er sein
schloss, und vaterlich erbe herrn Ro-
dolphen zu Sachsen unter gnaden des
herrn burggraffen iibergeben, hat mit
den seinen am halsse stricke habende
und das frauenzimmer in weifsen bade-
kitteln gleicher gestalt vom haufse
gehende mit einem tieffen und de-
miitigen fufsfall solches abgetreten,
jedoch dass er seine und der seinen
giihter davon haben mochte. — Dieser
Wichart war jung und leider von den
Quitzowen verfiihrt, dass er sich stete
auff sie verlassen und guten raht ver-
acht, dadurch er sein vaterliches erbe
verlohren; ist aus gnaden gesetzt auf
das schloss Potstamp, das er fur 400
schock boehmischer groschen einbe-
kommen 2 ).
Alfs nun Johann von Quitzow ver-
nommen, dass das schloss Frysack
gewonnen und eingenommen,diedicken
mauren des schlosses Plawen, darauff
seine zuversicht stund, zerschossen,
Frysack in Rathenow anwesend gewesen sei und die Privilegien der Stadt bestatigt
habe (Cod. dipl. I, 7, 431). Dietrich v. Q. mttsse also schon frtlher entflohen sein.
x ) Dass diese Bttchse den Namen „die faule Grethe" fuhrte, ist weder von
Angelus noch von Hafftiz ttberliefert, war also in Wusterwitz' Zeiten nicht bekannt.
9 ) Die Ansicht von der Jugend und dadurch bedingten Verfahrung Wichards von
Rochow auf Golzow wird hier wiederholt; vergl. oben S. 92 Anmerk. 3. Dass Friedrich
seiuem Gegner sofort das Schloss Potsdam ttbergeben habe, ist an sich unwahr-
scheinlich und ira ttbrigen erwiesener Mafsen irrig, denn Potsdam hatte der altere
Wichard von Rochow am 6. Jan. 1400 von Wilhelm von Meifsen fttr 420 Schock b. Gr.
als Pfand erhalten (Riedel I, 11, 156). Dieser Wichard huldigte dem Burggrafen
bereits im J. 1412 (a. a. 0. S. 159).
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Angelus.
Hafftiz.
97
i4i4. nach Matthiae mit seinem bruder
Henning *), einem studenten von Parifs,
und einem knechte, Diedrich Schwalbe
genand, die flucht genommen und ver-
meynet, er wolte entrinnen. Aber die
biirger beyder stadte Brandenburg,
die auflf der andern seiten des schlosses
iiber der Havel mit ihren buchsen
hielten, wurdens gewar, dass sich
Hans von Quitzow mit dreyen pfer-
den davon macbte, sagtens auch eilend
den berrn an, die ihm denn balde zu
ross und fufs- nachjagten. Hanfs von
Quitzow roch den braten, verliefs seyn
ross und lief in den pusch in meynung
sich darin zu verbergen. Herr Hein-
richs von Schwartzburg, der defs ertz-
bischoffs zu Magdeburg bruder war,
Diener spiireten ihm nach, namen ihn
mit den andern beyden gefangen,
fiihreten sie gen Plawen und satzten
sie in einen stock 2 ). Hiedurch ward
Geberhard von Plote'und Peter Kotze
der gefengniifs entlediget. — Die nun
auff <Jem schlosse noch waren, da sie
vermerckten, dass sie es in keinem
wege erhalten kundten, begerten sie
fried und sicher geleit und gaben sich
nahm er montags nach Matthiae Apo-
stoli tag die flucht mit seinem bruder '
Henning *), studenten von Paryfs, und
einem knechte, Dieterich Schwalbe
genannt, in meinung zu entrinnen;
aber die burger beyder stadte Bran-
denburg, die auflf der anderen seiten
des schlosses iiber der Havel waren
mit ihren buchsen, alfs sie sahen, dass
Johann von Quitzow fliichtig war,
folgten sie ihm bald zu ross und zu
fufs nach. Derowegen verliefs er sein
ross, lief zu fufs in meinung, sich also
besser zu verstehlen und zu verber-
gen; aber die knechte herrn Heinrichs
von Schwartzburg, des ertzbischoflfs
zu Magdeburg bruders, haben ihm
nachgespurt und mit den andern bey-
den gefanglich angenommen und in
der kirche bey Plawen, darin der
ertzbischoflf zu Magdeburg seine kiiche
hatte, in einen stock gesetzt 2 ). Und
also ist herr Gebhart von Platow rit-
ter und Peter Kotsche von ihren ge-
fangnis gefreyet. Die aber auflf dem
schlosse geblieben, alfs sie gesehen,
dass sie es in keinem wege konten
auflfhalten, begehrten sie frieden und
1414,
J. Febr.
*) Henning oder Heinrich v. Quitz. war der jiingste der Quitzowschen Bruder.
Er hatte sich dem geistlichen Stande gewidmet und diente seinen Brudern im Beginne
des J. 1414 als Unterhandler bei dem Burggrafen Friedrich. In einer zu Berlin am
7. Jan. 1414 ausgestellten Urk. (Riedel I, 7, 350) wird er als Zeuge genannt. a ) Ueber
die Flucht Johanns v. Q. liegen drei im einzelnen von einander abweichende Berichte
vor. Nach Wust. entfloh er am 26. Febr. mit seinem Bruder Henning und seinem
Diener Dietrich Schwalbe; die Brandenburger erkannten und die Leute Heinrichs
v. Schw. ergriffen ihn. Nach der Magd. Schflff.- Chron. z. J. 1414 fluchtete er am
25. Febr. mit Henning und Ludeke Schwalbe und wurde von demJSchulzen des bei
Rathenow gelegerien Dorfes Schmitsdorf gefangen genommen. Endlich nach Peter
Beckers Anhalt. Chron. z. J. 1414 fluchtete er auf einem Kahne die Havel hinab und
wurde hierbei von den Wachtern erkannt. Welcher Bericht der Wahrheit am nachsten
kommt, ist bei dem Mangel an gleichzeitigem urkundlichen Materiale tiber den Vor-
gang nicht zu erweisen. Fur Wust. spricht jedoch, dass die Theilnahme des Grafen
Heinr. v. Schw. an der Belagerung, von welcher jener allein redet, bezeugt wird durch
eine Urk. des Erzb. von Magdeb. (Riedel II, 3, 381), in der es heifst, dass der Erzbisch.
und Graf Heinr. v. Schw. bei der Gefangennahme Johanns v. Q. sich verpflichtet
hatten, diesen vor ewigem Gefangniss und der Todesstrafe zu bewahren.
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98
Angelus.
Hafftiz.
H14. in defs herrn burggraffen gnade mit
dem gedinge, dass sie mit leib und
gut frey und ungehindert davon ab-
ziehen mochten. — Es hat aber der
burggraff, als er das schloss einbe-
kommen, darinnen gefunden hundert 1 )
seiten specks ohn alle andere victu-
alien an fleisch, bier, meth. Wuster-
witzius.
Wie nu difs Gofskinus Prederlaw 2 ),
hauptman dels schlosses Beuten, ge-
sehen, dass Plawen gewonnen und
Johan von Quitzaw gefangen were,
hat er balde das schloss Beuten herrn
Johan von Torgaw und Paul Moh-
ring 3 ), zu der zeit hauptman zu Tre-
bin, auffgegeben, doch auch also, dass
er und die sekien frey davon Ziehen
mochten.
Nachdem nu diese sachen also ver-
richtet und diese vorerwehnte schlos-
ser gewonnen und eingenommen, zo-
gen die fursten, graffen und herrn
wider anheim. Johan von Quitzaw
aber ward gen Kalbe gefuhrt und dar-
selbst vom bischoffe Giinthero zji
Magdeburg wol und fleifsig bewahret.
Wusterwitzius.
ergaben sich auf gnaden des herrn uu.
burggraffen, ubergaben das schloss,
dass sie frey und sicher mochten ab-
ziehen; und hat also der herr burg-
graff das schloss auch eingenommen
und alda (wie man fur wahr gesagt)
700 *) seiten speck ohne alle andern
victualien von fleische, wein, bier und
jnadte gefunden. — Da dis vernam
Goschke Brederlow 2 ), Johann von
Quitzows hauptman des schlosses
Buten, dass Plawen gewonnen und
Johann von Quitzow gefangen ware,
hat er bald das schloss Buten herrn
Johann vonTorgauundPaulMoringe 3 ),
zu der zeit hauptman zu Trebin, auff-
geben, also dass er und die seinen
frey davon ziehen mochten. Nachdem
nun diese schlosser geWonnen und
eingenommen, sind die fursten und
herren wieder heimgezogen. Und
Johann von Quitzow ward mit fleifs
verwart im kercker auff dem schlosse
Kalbe vom ertzbischoff zu Magdeburg;
wie es ihm aber weiter ergangen, wird
hernach vermeldet werden 4 ).
In diesen zeiten, alfs der Quitzowen
hoffart und ubermuth gesteuert und ihnen
das cantate gelegt worden, ist friede in
der Marcke worden, und ist nicht mehr
gehdrt die stimme des betrubnis und jam-
*) Die Differenz von 100 und 700 Seiten Speck beruht wahrscheinlich auf un-
deutlicher Schreibweise der Ziffer 1 oder 7 in der Quelle. 2 ) Ueber diesen Namen
vergl. S. 94 Anmerk. 3 3 ) Dieser Mann stammte aus Franken und war mit dem
Burggrafen nach Brandenburg gekommen. 1413 wurde er zum Hauptmann des von
Friedrich eroberten Schlosses Trebbin bestellt. Riedel (Zehn Jahre S. 265) nennt ihn
Paul Murring, in der Urk. Friedrichs v. 8. Marz 1431 (Riedel Supplem.-B. S. 278) unter-
schreibt er selbst : Recognovit dominus ipse et Pawl Morring examinavit. 4 ) Weitere
Nachrichten ttber Joh. v. Q. giebt Hafftiz trotz dieser Ankundigung nicht mehr. Er er-
wahnt seiner zwar noch z. J. 1420, allein nach einem Schriftsteller, den er Helmoldus,
Hermoldus und in dem Autographum bei Riedel IV, 1, 59 sogar Hemoldus autor
nennt und dessen Quelle der Lubecker Chronist Rufus (Grautoff II, 30) war. Jene
Ankundigung darf als Beweis angesehen werden, dass Wusterwitz seine Chronik nicht
vollendet hat.
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Angelus.
Hafftiz.
99
1414,
13. Aug
Im selben 1414 jahr am sontage
vor 2 ) Assumptionis Mariae ist burg-
graff Friderich von Niirnberg gen
Costnitz auff das angestalte Concilium,
dahin er denn sonderlichen beruffen
und erfordert, gezogen und hat in
seinem abwesen herrn Johanni von
Biberstein 3 ) die Marck zu regieren
27. Sept. befohlen. Am 27. tag defs Herbstmonats
ist er zu Costnitz mit hundert und achtzig
pferden ankommen. Unter ihm seynd ge-
wesen Otto von Plemberg freyherr, Mein-
hard von Lauffen ritter, Johan von Lin-
daw ritter, Ehrenfried von Seckendorff,
Hanfs von Sanfsheim, Otto von Schwenden,
Stelitz aus Poland, Hanfs von Ensingen,
Wilhelm Fuchfs ritter, Johan von Hilburg,
Hanfs Ratzenberger, Hanfs Sachfs u. s. w.
Der graff von Ruppin ist auch mit zwolff
personen dahin gezogen. Item bischoff
Johannes der vierdte zu Brandenburg ist
dahin kommen mit sieben personen eben
mergeschreies, sondern (dass ich das wort i*i4.
des propheten gebrauche) das volck hat
gesessen in lieblichkeit des friedes, in
tabernakeln der zuversicht und guter
ruhe 1 ). Also muss man den unverschemten
gestena) das schamhutlein abziehen und
den hohen baumen die gipfel verhauen,
dass sie nicht in den himmel wachsen.
In demselbigen jabre sontags fur 2 ) 13. Aug.
assumptionis Mariae zog viel ermeld-
ter herr Friederich burggraff gegen
Costnitz zum concilio, darin er be-
ruffen war, befahl die Marcke herr
Johann von Biberstein 3 ) alfs einem
hauptman und stadthalter.
») A: gestrengen, Riedel IV, 1, 54 nach dem Autographum: gesten.
*) Diese Stelle iiber den Frieden in der Mark nach dem Sturze der Quitzow's ist
als ein lyrischer Erguss des Hafftiz zu betrachten. Wusterwitz selbst konnte der-
gleichen nicht schreiben, weil in der That die Unruhen in der Mark fortdauerten,
wie Hafftiz selbst sogleich in den nachsten Satzen zu berichten hatte. Aufserdem
entwirft der I$rzbisch. v. Magd. in einem Schreiben an Friedrich vom J. 1420 (Rie-
del II, 3, 328 u. fg.) ein sehr trubes Bild von den Zustanden in Brandenburg in den
Jahren 1415 und 1416. 2 ) Diese Angabe ist unrichtig. Am 13. August 1414 war
der Burggraf noch zu Berlin (Riedel II, 3, 224) und am 19. Aug. noch zu Saarmund
bei Potsdam (Riedel, Zehn Jahre, S. 368). Erst am 21. Aug. befand er sich zu Brena,
6stl. von Halle, also aufserhalb der Mark (Riedel II, 3, 224). Wahrscheinlich ist statt
Sonntags vor zu lesen: Sonntags nach Assumpt. Mariae. 3 ) Johann von Bieber-
stein wurde nicht 1414, sondern erst 1416, als Friedrich zum zweiten Male Branden-
burg verliefs und nach Costnitz zum Concile zog, zum Verweser der Mark bestellt.
1414 fuhrte die Burggrafin Elisabeth die Regierung und neben ihr der zum Bischof
von Brandenb. ernannte fr tin ere Rath Friedrichs Johann von Waldow, ein Bruder des
gleichnamigen Berliner Probstes. Jenen bezeichnete der Erzbisch. v. Magdeb. (Rie-
del II, 3, 327) als „oberster heifser und gewaldiger in der Mark zu Branden-
burg" im Jahre 1416.
7*
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100
Angelus.
Hafftiz.
1414. am selben tage. So hat auch der raht
Yon Franckfurt an der Oder ihre (sic) le-
gaten dahin abgefertiget. Wusterwitzius,
Justus, Marchia Autoris 1 ).
Sobald aber der herr burggraff aus
dem lande gezogen, hat Diedrich von
Quitzaw die stadt Nawen dienstages
21. Aug. nach Assumtionis Mariae 2 ) aufsge-
brand, eben zu der zeit, da die arme
leute eingeerndtet und das getreide
in die scheuren gebracht hatten.
Wusterwitzius und Marchia Autoris.
Weil aber auch damals viel mord-
brenner in der Marck gewesen, die
im abwesen defs herrn burggraffen
haben wollen die stadte und dorffer
in der Marck aufsbrennen, so hat man
ihnen nachgetrachtet und viere dar-
Alfsbaldt er aber weggezogen, hat i4u.
Dieterich von Quitzow freytags nach
Assumptionis Mariae 2 ) in continenti 17. Aug.
die stadt Nawen aiisgebrandt, alfs sie
das korn eingesamlet und in die scheu-
nen eingebracht hat.ten; und wie das
geschrey damalfs gangen, hat er mit
seines bruders haufsfrauen und Goschke
Brederlow s ) vielen buben geld geben,
dass sie im abwesen des herrn burg-
graffen die Marcke hin und wieder
solten ausbrennen; aber der allmach-
tige Gott hat seine gnade geben, dass
sie in solchem bosen fiirnehmen ge-
*) Diese Nachrichten stammen wahrscheinlich bis auf die die Frankfurter Gesandt-
schaft betreffende Notiz, welche dem Frankfurter Chronisten Justus, d. h. Wolfgang
Jobst, entnommen ist, aus Angelus' Marchia und beruhen somit auf seinen sonstigen
Forschungen. Sie sind fast alle unrichtig zum Jahre 1414 notirt in Folge der von
Wusterwitz irrig angesetzten Statthalterschaft Johanns v. Bieberstein. Friedrich kam
nicht am 27. Sept. 1414 in Costnitz an, sondern erst am 5. Jan. 1415 (Riedel, Zehn
Jahre, S. 199); dagegen passt die Angabe des Angelus zum Jahre 1416, wenngleich
sie auch hier nicht genau zutrifft. 1416 traf Friedrich zwischen dem 1. und 18. Octo-
ber in Costnitz ein ^a. a. 0. S. 279). — Ehrenfried von Seckendorf ferner war 1414
und 1415 Hauptmann des Landfriedens in Franken (a. a. 0. S. 379); kann sich aber
1416 im Gefolge Friedrichs befunden haben. — Der Bischof Johann von Waldow end-
lich war nicht 1414, sondern 1416 Friedrichs Begleiter und assistirte der Belehnungs-
feierlichkeit , mit welcher Sigismund zu Costnitz im April 1417 Friedrich die Mark
Brandenb. endgultig zuwies. Im Jahre 1414 konnte im ubrigen der Bischof Johann
die Mark nicht verlassen, weil, wie die Magdeb. Schoff.-Chron. z. J. 1415 ausfuhrlich
erzahlt, er wider einen Gegenbischof, den Pfarrer der Neustadt Brandenburg Nicolaus
Burgsdorf, zu kampfen hatte, der von dem Brandenb. Domkapitel einstimmig zum
Bischof erwahlt worden war. Da habe der Bisch. Johann, so erzahlt jene Quelle,
zum Pabste Johannes (XXIII.) Boten gesandt und von ihm auf Friedrichs Fursprache
hin die Bestatigung erlangt, worauf ihm das Kapitel die bischof liche Burg Ziesar
uberwies. 2 ) Nach einem Berichte des Rathes zu Nauen an den Burggrafen
Fnedrich (Riedel I, 7, 351) wurde die Stadt am Dienstage vor Barthomaei, d. h. den
21. August verbrannt. Damit stimmt die Datirung bei Angelus, Dienstags nach Assump-
tionis Mariae uberein, welche ebenfalls den 21. August ergiebt. Nach Hafftiz ware
die Eroberung Nauens schon am 17. August erfolgt. Sie geschah ubrigens, wie dec
Rath zu Nauen berichtet, von Zehdenick aus durch pommersches Kriegsvolk, dem
sich der fluchtige Dietrich v. Q. angeschlossen hatte. Wusterwitz hat der Pommern
bei dieser Gelegenheit gar nicht gedacht. 3 ) Ueber den Namen dieses Mannes
s. S. 94 Anm. 3.
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Angelus.
Hafftiz.
101
-4i4. unter zu Brandenburg auff rader ge-
leget. Wusterwitzius.
1415. im tausend vier hundert und funff-
zehenden jahr (in welchem Johannes Huss
den funfften Julii 8 ) freytags nach S. Ul-
rich zu Costnitz auffm Concilio ist ver-
brand worden) hat kayser Sigismundus
die Marck Brandenburg sampt.der Chur
fur 400000 gulden erblich verliehen und
zu ewigen zeiten zu besitzen gegeben
herrn Friderichen difs namens dem funff-
ten, burggraffen zu Nurnberg, jedoch mit
dieser angehengten condition, da sichs
mochte zutragen, dass der kayser oder
sein bruder Wencefslaus einen manfserben
zeugeten, so solte gedachter marggraff
Friderich diese landschafft sampt der
Chur widerumb abtreten. Wurde aber
solches verbleiben, so solte er beydes be-
halten. Justus, Buchholcerus 4 ).
hindert, gefangen und 4 davon a ) zu hu.
Brandenburg den andern zum abscheu
sind auf radern gelegt worden *).
In selbigem jahre am abendt S. Catha- 24. Nov.
rinae Virginis hat frau Elisabeth burg-
grafin den andern sohn in der Marcke
gebohren, welcher zu Tangermunde ge-
taufft und Albrecht genannt ist, welchen Breviarium.
man hernach wegen seiner rittermafsig-
keit und furtrefflichen heroischen tugen-
den und thaten den deutschen Achillem
genannt hat 2 ). Reineccius sagt den
24. Sept., Henninges den 24. Novemb. und
Buchholtzius den 30. Novemb;
Auff demselbigen Concilio zu Costnitz, his.
darauff Johannes Huss den 5. Juli 8 ) ist
verbrandt, hat kayser Sigismundus und
sein bruder Wenceslaus, konig in Beh-
men, hochgedachten herrn Friederichen
burggraffen die Brandenburger Marcke
erblichen verkaufft und gegeben, zu ewigen
zeiten zu besitzen mit solcher condition,
so er und sein bruder der konig in Boeh-
men ohne erben mannliches geschlechts von
dieser welt wiirden abscheiden, so solte herr
Friederich (wie gesagt) die Marcke besitzen
und behalten ; da sie aber mannliche erben
verlassen wiirden und sie die Marcke von
herrn Friederich oder seinen erben wieder
fordern wurden,so solte herrnFriederich oder
seinen erben 104000 Ungerische gulden ge-
geben werden, und er solte ihnen hernach die
Marcke wieder abzutreten schuldig seyn 4 ).
*) So nach dem Autographum bei Riedel IV, 1, 55. A hat: und 4 da von gefangen
und zu Brandenb. u. s. w.
*) Dieselbe Nachricht findet sich auch in der Magdeb. Schoff.- Chron. vor, aber
unrichtig zum Jahre 1413 statt 1414 notirt. Es heifst hier: „(Dietr. v. Q.) hadde
uthgheschickt mer kumpanye, de de stede scholden ghemortbernet hebben, und der
ward to Brandenborch twe ghegrepen De bekanden al to hand und spreken, dat
Hanses wyf van Quitzow und Gotzken Pirdale, de der Quitzowen ghesinde was ghe-
wesen und uyeliken des bischopes vagct van Brandenborch to Sjgezer was, hadden
se uthghesant". — Agnes von Quitzow durfte in Folge dessen nicht in der Mark bleiben
und begab sich nach Magdeburg, aber auch hier war ihres Bleibens nicht, nachdem
ihr Verhalten in der Mark ruchbar geworden war. 2 ) Diese Notiz uber Albrecht
Achilles findet sich auch in Angelus Annalen S. 194 und zwar ohne die Bemerkung,
dass sie Wusterwitz entlehnt sei. Selbstverstandlich kann dieser Chronist auch nicht
uber die „Rittermafsigkeit und die heroischen Tugenden und Thaten" des Markgrafen
geschrieben haben. Hafftiz entlehnte die Stelle dem Breviarium. Bemerkenswerth
aber ist der Umstand, dass Hafftiz richtig den 24. Nov. als Geburtstag Albrechts
angiebt, wahrend Angelus im Breviar. den 19. Sept. und in den Annalen den 19. Novemb.
als solchen nennt. 3 ) Huss wurde am 6. Juli verbrannt. 4 ) Ueber die Vorgange
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102
Angelus.
Hafftiz.
his. Am tage Sanct Lucae defs evan-
i8. octob. ggjjg^n i s t marggraflf Friderich zu
Brandenburg wider von Costnitz gen
Berlin ankommen 1 ) und hat dahin
alien adel und die von stadten ver-
samlet und ihnen die brieffe vorge-
leget, dass er were zum marggraffen
gemacht worden. Nachdem nu solche
brieffe offentlich abgelesen, haben
alle einwohner hohes und nidriges
standee, wie die aldar versamlet ge-
wesen, gedachten marggraffen laut
seiner mitgebrachten brieffen gehuldet
und geschworen auff diese weise, wie
nachfolget, und ihnen damalen herr
Johan von Waldaw, probst zum Ber-
lin, vorgesprochen: Wir hulden und
schweren herrn Friderichen und sei-
nen erben, marggraffen zu Branden-
burg, eine rechte erbhuldigung, alfs
einem rechten erbherrn, getrewe ge-
wehr und gehorsam zu seyn, alfs uns
Gott helffe und die heiligen.
Es haben sich zwar die stadte an-
fanglich ein wenig geweigert (denn
sie lieber gesehen, der konig von
Also ist anno Christi 1415 am tage his,
§. Lucae des evangelisten herr Friede- 18, 0ctob
rich wieder gegen Berlin kommen 1 ),
alfs der erste churfiirst zu Brandenburg
in dieser 7. familia von den graffen zu
Zollern herruhrende, und hat zum
Berlin alien adel und stadte ver-
samlet und ihnen fiirgelegt des
hochgedachten kaysers und seines
herren bruders offenen brieff *), darin
sie alle einwohner der Marcke Bran-
denburg, wes standes und wiirden sie
waren, entbunden haben vom eyde
und gethaner hulduug und ferner
ihnen zu einem erbherren gegeben
genannten herrn Friederich burg-
graffen. . Da solche briefe offentlich
verlesen worden, haben alle stadte
und die von adel, so da versamlet
gewesen, durch stimme und erzehlung
herrn Johann Waldo ws, probstes zu
Berlin, dem herrn Friederich nach
laut seiner briefe gehuldt und ihre
pflicht geleistet.
Und obwohl die stadte anfanglich
sich ein wenig dawieder gelegt in
meinung, der konig von Ungern, deme
auf dem Concil zu Costnitz und den Vertrag Friedrichs mit Sigismund hinsichtiich
der Mark hat Wusterwitz, in weiser Beschrankung auf die Mittheilung des von ihm
selbst Erlebten, keinerlei Nachrichten in der Mark. Chron. hinterlassen, denn Angelus
und Hafftiz mussten zur Erganzung dieser fuhlbaren Liicke ihre Zuflucht zu den
Chronisten Justus (Wolfg. Jobst aus Frankf.) und Georg Buchholtzer (Probst in Berlin
urn 1540) nehmen. Die dcnselben entlehnten Nachrichten sind dajier auch sehr mangel-
haft ausgefallen und zwar bei Hafftiz um vieles mehr als bei Angelus. Hafftiz weife
von einer Anwesenheit Wenzels in Costnitz zu erzahlen, sieht in der Verleihung der
Mark an Friedricti geradezu ein Kaufgeschaft und giebt die dabei stipulirte Geld-
summe falsch an! Ueber die Erhebung Friedrichs zum Markgrafen von Brandenb.
vergl. Riedel, Zehn Jahre, S. 218—231.
*) Die Ankunft Friedrichs in Berlin am 18. Octob. bezeugt auch die Magd.
Schoff.-Chron. z. J. 1415. 2 ) Von einem Briefe Wenzels an die Marker redet auch
die Magdeb. Schoff.-Chron. (a. a. 0.); jedoch ist nach Riedel, Zehn Jahre, S. 327 ein
solcber nicht vorhanden und auch uberhaupt niemals ausgestellt worden. Der Irrthum
ruhrt wahrscheinlich daher, dass in dem Briefe Sigismunds vom 30. April 1415 an die
Mark. Stande (Riedel II, 3, 228), das Recht Wenzels und seiner Nachkommen, die
Mark gegen Zahlung von 400,000 Gulden zuruckzunehmen, ausdrucklich anerkannt
wurde. Ueber Friedrichs Verhaltniss zu Wenzel vergl. Riedel, Zehn Jahre, S. 235—238.
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Angel us.
Hafftiz.
103
i4i5. Ungern, dem sie zuvor alfs einem
erbherrn gehuldet, hette sie selber
mit hand und mund lofs gezehlet),
sein aber gleichwol darnach durch
die rahte zur huldigung beweget und
gebracht worden. Wusterwitzius.
Darnach ist marggraff Friderich in
der gantzen Marck umbher gezogen
und hat in alien stadten und flecken
in vorgesetzter form die huldigung
genommen. Idem.
octob. Im selben jahr am tage Severi 1 )
hat sich herr Baltzer, der fiirst der
Wenden, welcher sonsten zuvor nie-
mand mit eyd und dienst verbunden
gewesen *), unter den genandten herrn
Friderichen, marggraffen und chur-
fursten zu Brandenburg u. s. w., be-
geben und ihm zum Berlin in gegen-
wart vieler herren des adels und der
stadte gehuldiget und geschworen,
dass er hinfurt den marggraffen von
Brandenburg fur einen herrn erkennen
und die lehen von ihm empfangen
wolle. Hierzu hat ihn difs bewogen
und getrieben. Da Diederich von
Quitzaw aus der Marck vertrieben
worden, hat er im abwesen herrn
Friderichs, defs burggraffen zu Niirn-
berg und damals stathalters in der
Marck Brandenburg, herrn Ulrich,
den hertzog in Mechelburg ange-
reitzet, dass er der Wenden fursten
Balthasaro entsaget 3 ), das schloss
sie alfs einem erbherren gehuldet, 1415.
solte sie mit handt und munde lohs
zehlen, so sind sie doch durch die
rahte bewegt und uberredt, dass sie
herrn Friederichen gehuldet haben;
der ist also in der gantzen Marck
umbher gezogen, in stadten und
flecken die huldung genommen und
die Marcke Brandenburg mit aller
gewalt und churfurstlicher ehre voll-
komlich erlangt.
Im selbigen jahre am tage Seve- 23. octob.
rini *) hat herr Balthasar, fiirst der
Wenden, der sonsten niemanden mit
eydespflichten verwandt oder verbun-
den war *), sich ergeben unter den ge-
nannten herrn Friederich, burggraffen
und churfdrsten zu Brandenburg, hat
ihm zu Berlin in Gegenwart vieler
herren adels und stadte gehuldet und
geschworen, dass er hinfiihro den
marggraffen zu Brandenburg fur einen
herren erkennen und die lehn von
ihm empfangen wolte, dazu er be-
wogen und gedrungen durch diese
ursache. Denn da Dieterich von
Quitzow aus der Marcke verjagt, hat
er gehandelt mit hertzog Ulrich zu
Meckelburg in abwesen herrn Friede-
richs, churfursten zu Brandenburg,
dass er vorgenannten herrn Baltha-
sare, fursten der Wenden, entsagt- 3 ),
J ) Weder der Severustag (22. Oct.) noch der Severinstag (23. Oct.) ist ganz genau,
denn Balthasar und Wilhelm von Wenden oder Werle und ihr Vetter Christian sprachen
schon am 21. Oct. 1415 zu Berlin (nach Riedel II, 3, 239) die Anerkennung der
brandenb. Lehnshoheit uber ihr Gebiet aus. *) Diese Bemerkung ist nicht ganz
genau. Schon 1374 hatten die damaligen wendischen Fursten far ihre Lande Plau
(Lawe), Parchim und Penzlin Karl IV. als ihren Lehnsherrn anerkannt. Die bohmische
Lehnshoheit uber das Wendenland ging, wie es scheint, jetzt auf Friedrich aber.
3 ) Den Kampf gegen die wendischen Fursten eroffneten im Juli 1415 nicht blofs die
Herzflge Ulrich und Johann von Meckl.-Stargard, sondern auch die Herzflge Joh. und
Albrecht von Meckl.-Schwerin und Otto und Casimir von Pommern-Stettin. Die Ur-
sache dazu moehte in der Hinneigung der wendischen Fursten zu Friedrich liegen;
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104
Angelus.
Hafftiz.
ui5. Wredenhagen eingenomen und das
schloss Lawe belagert 1 ). Derwegen
auch fxirst Balthasar beym marg-
graffen hiilff und raht suchen miissen,
welcher auch alfsbald an den hertzog
in Mechelburg geschrieben und ihn
vermahnet, dass er von seinem vor-
nemen abliefse und wider den herrn
der Wenden nichts thatliches vor-
neme, sonst wiirde er ihm als sei-
nem lehenmann beystand thun und
ihn mit gewalt abtreiben. Da der
hertzog von Mechelburg difs schrei-
ben bekommen, ist er von der be-
lagerung des schlosses Lawe abge-
zogenund hat Diederichen vonQuitzaw
aus seinem hofe ziehen lassen, wohin
er wolte. Ist demnach gedachter
Diederich von Quitzaw alfs ein ver-
triebener und feldfliichtiger zum herrn
Erichen, dem hertzog zu Leyne 2 ) ge-
zogen, aber nicht lange da bliebcn 3 ).
Wusterwitzius.
dass schloss Werdenhagen*) einge- his.
nommen und das schloss Lawe umb-
legt *). Derhalben er raht, hiilffe und
schutz beym herrn marggraffen ge-
sucht, und hat marggraff Friederich
bald an den hertzogen zu Meckelburg
geschrieben, dass er solte ablassen
und wicder vorgenannten herrn Bal-
thasare, fiirsten der Wende, nichts
thatlichs fiirnehmen; sonsten miiste
er ihme alfs seinem lehenmanne hiilffe
und beystandt leisten. Also ist der
herr zu Meckelburg abgezogen vom
schlosse Lawe und hat Dieterich von
Quitzow aus seinem hofe ziehen las-
sen, wohin er gewolt, der da zu herrn
Erich zu Laine *) gezogen, aber nicht
lange daselbstgeblieben 3 ). Also ist der
stoltze gedemutiget.
«0 So das Autographum bei Riedel IV, 1, 56; A: Wendenhagen.
und wenn Wusterwitz Dietrich v. Q. als Anstifter desselben nennt, so schreibt er ihm
wohl einen zu bedeutenden Einfluss auf die Politik der damaligen Fiirsten zu. Ein
thatkraftiger Gegner der wend. Fursten aber war er jedenfalls, denn der Statthalter
Friedrichs, Bischof Johann vonWaldow, und Balthasar sahen sich genothigt, mit ihm
einen besonderen Frieden zu schliefsen, woruber sich noch 1420 der Erzbisch. Gunther
von Magd. beschwerte (Riedel II, 3, 327). Der Krieg mochte die wend. Fursten ganz
besonders zur Huldigung nach Berlin getrieben haben, damit sie Hulfe von Friedrich
erlangten. Einige Nachrichten uber den Verlauf des Kampfes giebt auch Rufus
(Grautoff II, 486). Auch er berichtet, wie Wusterwitz, dass Friedrichs Einfluss den-
selben beendete (to deme lesten wart vorsonet dat orlige vormiddelst markgreven
Frederike, und de vangen worden quit to beyden syden).
*) Wredenhagen 2 Meilen nordl. von Wittstock an der brandenb. Grenze; Lawe
oder Plau am Plauer See in Mecklenburg. 2 ) Erich von der Leine war ein Sohn
Herzogs Albrecht II. von Braunschweig. Er besafs Grubenhagen, Salz und Eimbeck
und residirte zu Salzderhelden. Rufus (Grautoff II, 486) nennt ihn „hertoge van deme
solte" und (a. a. 0. S. 553) „hertich Erik van der Helle". An der letzteren Stelle charac-
terisirt er ihn als „en grot rover der straten und des copmannes. He was geborn en
vorste van Brunswik, men sine undaet makede ene uneddele". 1415 hatte Erich eine
Fehde mit den Grafen von Hohenstein zu bestehen, worin vielleicht der Grund lag,
dass Dietrich v. Q. sich zu ihm begab. s ) Von Salzderhelden ging Dietrich v. Q.
: »ach Magdeburg und schloss sich hier dem Erzbischofe Gunther an, welcher mit
iedrich in Streit gerathen war und 1416 die Mark Brandenb. verheeren lieis.
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Angelus.
Haffiiz.
105
Im tausend vier hundert und seehs-
zehenden jahr hat marggraff Fride-
rich von Brandenburg auff vorbitte
herrn Heinrichs, defs abts zu Lehnin,
und defs rahts der neuen stad Bran-
denburg Wichard von Eochaw wi-
derumb zu gnaden angenomen und
hat ihm sein vaterlich'erbe und schloss
zu Goltzow, davon er vertrieben war,
widergeben. Fur solche gnade hat
er das stadtlein Pottstamm, das er
vor vier hundert schock bohmischer
groschen in versatzung hatte, dem
marggraffen frey iibergeben und dar-
iiber noch sechfs hundert und sechtzig
schock bohmischer groschen 1 ). Idem.
io. Mai? Freytags vor pfingsten, das ist am
funffzehendem tage defs monats
May 2 ), hat herr Caspar Ganfs zu
Putlitz, so im schloss zu Zieser ge-
fanglich gehalten worden, marggraff
Friderichen von Brandenburg das
stadtlein Lentzen mit bewilligung
herrn Johannis von Waldaw, defs
Anno Christi 1416 hat marggraff ui6.
Friederich, churfiirst zu Brandenburg,
aus furbitte herrn Heinrich Stichs,
abbats zu Lenyn, und eines ehrbaren
rahts der neuqn stadt Brandenburg
wieder zu gnaden angenommen
Wichart von Rochow und in sein va*
terlich erbe und schloss zu Goltzow
gesetzt, davon er (wie zuvor gemeldt)
vertrieben war. Fur solche gnade
hat er das stadtlein Potstamp, das er
fur 400 schock boehmischer groschen
in versatzung hatte, dem herrn marg-
graffen frey iibergeben und noch darzu
600 schock boehmischer groschen er-
legt 1 ); ist also mit schaden klug
worden. Wo bleiben nun seine freunde
die Quitzowen, darauff er sich so hart
verlassen?
In selbigem jahre den 14. May 8 ) u. m
hat Caspar Ganfs, herr zu Putlitz, so
im schlossc Ziegeser (wie zuvor ge-
sagt) gefanglich gehalten worden,
mit bewilligung herrn Johann Wal-
dowes bischoffs und capittels zu Bran-
denburg zu seiner erledigung marg-
graffen Friederich, dem churfiirsten
*) Wichard von Rochow unterwarf sich dem Kurfursten am 12. Jan. 1416 und
gelobte Treue und Gehorsam (Fidicin, Beitr. IV, 120). Dass er ihm zugleich Potsdam
abgetreten und noch 600 oder 660 Schock b. Gr. bezahlt habe, wird in der eben ge-
nannten Urkunde mit keiner Silbe erwahnt. Wusterwitz verharrt hier in dem oben
S. 92. u. 94 bereits erorterten Irrthume, dass Wichard von Rochow auf Golzow auch In-
haber von Potsdam gewesen sei, welches ein anderer Wichard v. Rochow als Pfand
besafs. Die Zahlung der Summe von 600 oder 660 Schock b. Gr. als Ersatz fur die
dem Kurfursten verursachten Eriegskosten ist an sich nicht unwahrscheinlich, wird
aber in der Urk. ebenfalls nicht erwahnt. 2 ) Die Magdeb. Schoff.-Chron. setzt
die Freilassung Caspars Gans z. P. auf den „Freitag vor Pfingsten" 1416. Ostern
fiel 1416 auf den 19. April und Pfingsten auf den 7. Juni. Der Freitag vor Pfingsten
war also der 5. Juni. Wenn Angelus den Freitag vor Pfingsten 1416 als den 15. Mai
bezeichnet, so erklart sich dieser Irrthum dadurch, dass er an der obigen Stelle neben
Wusterwitz, der nur von der am 15. (oder 14.) Mai erfolgten Uebergabe des Schlosses
Lenzen an den Kurfursten redet, noch eine sachsische Chronik benutzte, welche wie
die Magdeb. Schoffen-Chron. den „Freitag v. Pfingst." als den Tag der Freilassung
des Caspar Gans an gab. Angelus war offenbar der Ansicht, dass der Verzicht auf
Lenzen auch sogleich die Freilassung des Gefangenen zur Folge gehabt haben musse,
was nicht der Fall war, und identificirte daher die beiden Tage.
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106
Angelas.
Hafftiz.
i4i6. bischoffs zu Brandenburg, und defs
Thumbcapitels daselbst zu seiner er-
losung ubergeben, welches ihm marg-
graff Jodocus vor zwey hunderta) boeh-
mische schock versatzt hatte. Chro-
nica Saxoniae. Wusterwitzius schrei-
bet, Hartwig von Bulow, herrn Caspar
Ganses sch wager, habe zu den vor-
genandten zwey tausend schock fiinff
hundert schock aufsgeleget, welche
ihm der marggraff wider gegeben,
dass also Lentzen
loset wiirde *),
damals wider ge-
zu Brandenburg, abgetreten und iiber- hi 6.
geben das stadtlein Lentzen, welches
ihm marggraff Jodocus seeliger fiir
2000 schock boehmischer groschen
versetzt hatte, zu welcher sumraa
Hartwig von Billow, Caspar Ganses
schwager, aufsgezahlt GOO schock, die
ihme von marggraff Friederich, chur-
fiirsten zu Brandenburg, sind wieder-
gegeben; und also ist Lentzen wieder
gelost *).
Mitler zeit, weil der herr burggraff
im concilio zu Costnitz ist gewesen 2 ),
ist viel wunderliches und boses dinges
von Quitzowen und ihrem anhange
gestifit, auch krieg und friede (un-
friede?) mit den Magdeburgischen
erregt und erweckt, welches umb ge-
liebter kiirtze willen alhier unterlassen
wirdt, denn bose baume selten gute
friichte bringen 3 ).
a) Druckfehler statt: zwey tausend.
J ) Die Verhandlungen mit Caspar Gans zogen sich sehr in die Lange. Schon
am 19. Febr. 1416 schwur er dem Bischof von Brandenb. Urfehde unter Stellung von
Burgen, als deren erster Hartwig von Bulow genannt wird (v. Raumer, Cod. dipl.
I, 63); am 3. Mai 1416 ferner wiirde bereits von dem Kurfursten eine Verfugung er-
lassen in Bezug auf die Ablosung der 500 Schock b. Groschen (Hafftiz hat unrichtig
600 Schock), welche Hartwig v. Bulow auf Lenzen gegeben hatte (a. a. 0. S. 138);
am 14. oder 15. Mai trat er dem Kurfursten Lenzen ab und am 5. Juni erfolgte end-
lich seine Freilassung. Nach Riedel II, 3, 381 geschah dieselbe gegen den Willen
des Erzbischofs Gunther von Magdeburg und hatte zur Folge, dass dieser auch Johann
v. Quitzow aus seiner Haft entliefs, was wiederum der Kurfurst sehr ubel nahm. Zur
Gesch. von Lenzen vergl. Riedel I, 2, 62—77. *) Friedrich verliefs die Mark
zum zweiten Male im Anfange des Juni 1416. In den Ietzten Tagen des Mai hatte
er zu Brietzen seinen Sohn Johann mit Barbara, der Tochter Herzogs Rudolf von
Sachsen, vermahlt. Die Regierung fuhrte wahrend seiner Abwesenheit Johann von
Bieberstein, Herr zu Beeskow und Storkow. 8 ) Die verheerenden Streifereien,
welche Dietrich und Johann von Quitzow 1416 und 1417 im Bunde mit dem Erzbisch.
v. Magdeb. in der Mark ausfuhrten und die alles ubertrafen, was die Bruder in fruherer
Zeit an Raubereien veriibt hatten, hat Wusterwitz nur angedeutet, nicht beschrieben.
Die Ursachen dieser Fehde waren mannigfache. Friedrich hatte die Huldigung des
Ortes Gortzke angenommen, den der Erzbisch. als einen Besitz seines Erzbisthumes
betrachtete; der eben befreite Caspar Gans z. Putlitz hatte am 16. Aug. 1416 die
Stadt Sandow dem Erzbisch. entrissen, und aufserdem haderten dieser und der Kur-
furst um den Besitz des Schlosses Plaue. Bald nach der Abreise Friedrichs aus der
Mark begann der Erzbisch. die Feindseligkeiten. Johann v. Q. musste das Havelland
verwusten, Dietrich die Altmark und das wittenbergische Gebiet; die in letzterem
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Angelus.
Hafftiz.
107
i4i6. Eben dasselbige jahr hat die scfcwere
souche der pestilentz in der Marck
gewaltig regieret und ist fiirnemlich
iiber die jungen leute gangen. Der-
halben machte sich frau Elisabeth,
die marggraffin und churfiirstin zu
Brandenburg, weil sie schwanger
gieng, mit ihren fraulein nach Niirn-
berg, und liefe die zweene junge herrn,
alfs Fridericum und Albertum, im
schlosse zu Tangermiinde an der Elbe
und befahl sie den ertzten, dass sie
ein auge auff sie haben und sie mit
praeservativen wider die gifftige pesti-
lentz wol vorsehen solten 1 ). Wuster-
witzius.
Zu Niirnberg aber hat gedachte
churfiirstin ein fraulein geboren, wel-
ches nur ein halb jahr gelebet und
daselbst gestorben und begraben ist.
Idem.
Im tausend v vier hundert und sie-
benzehenden jahr ist Diederich von
In demselbigen jahre hat in der hi6.
Marcke und andern umbliegenden
landern die plage der pestilentz greu-
lich grassiret, zuvoraus unter den
jungen leuten; derowegen frau Elisa-
beth, marggraffin und churfiirstin zu
Brandenburg, weil sie schwanger ging,
mit ihren freulein ist gegen Niirren-
berg gezogen und die beyden herr-
lein, alfs Friederich und Albrechten,
im schlosse Tangermiinde in versehung
der artzte gelassen 1 ) und hat alda
zu Niirrenberg ein freulein gebohren,
welches kaum ein halb jahr gelebt
und alda begraben. -
In diesem jahr (wie Albertus Krantz
in Vandalia und andern biichern gedenckt)
hat sich der bohmische hussiten-krieg
(nicht fast ungleich dem paurischen auff-
ruhr und emporung, so anno Christi 1525
geschehen) angefangen, von wegen dass Breviarfum.
Huss zu Costnitz verbrannt worden. Durch
welche emporung viel lander sind ver-
heeret und beschadiget worden, welche
viel jahre hernach gewehrt, ehe man sie
hat konnen still en und dampfen 2 ).
Anno Christi 1417 ist Dieterich un.
von Quitzow, so der Marcke Branden-
verubten Grausamkeiten schildert das Chronicon Beltizense (Belzig), herausgeg. v.
Eiler,s, S. 251. Eine urkundliche Darstellung des ganzen Verlaufes der Fehde giebt
Riedels Aufsatz: „Die letzten Jahre unmittelbarer Herrsch. d. Kurf. Friedr. uber die
Mark Brand." (Mark. Forsch. V, 186 u. fg.). Die Beilegung des Conflictes erfolgte
zu Costnitz unter dem Einflusge Sigismunds zu Ende des Mai 1417. Der Erzbischof
Gunther erhielt Sandow zuruck und versprach hinsichtlich der anderen Streitpunkte
sich dem Ausspruche eines Schiedsgerichtes zu fugen (v. Raumer, Cod. dipl. Br. I,
67 u. fg. und die Magdeb. Schoff.- Chron. z. J. 1416 und 1417). Den geachteten
Dietrich v. Q. musste er aus seinem Dienste entlassen. — Ob Wusterwitz iiber alle
diese Vorgange nur um „geliebter Kurze" willen und nicht auch aus Riicksicht auf
den Erzbischof Gunther und die Magdeburger geschwiegen habe, muss unentschieden
bleiben. Beachtenswerth ist, dass er wahrscheinlich 1416 und 1417 nicht in der Mark
verweilte, sondern als Syndicus in Magdeburg.
*) Noch im J. 1418 befanden sich beide Sohne in Tangermunde, denn nach
Riedel II, 3, 341 raubten ihnen die Knechte der Veltheim und Heisos von Steinfurth
bei dem Dorfe Insel in der Altmark ein Jagdpferd, Hunde und Jagdnetze. — Die
Aerzte nennt Kloden (Quitzows IV, 180) nach Mohsen, Gesch. der l^issensch. in d.
Mark Br. S. 353 und 355 Dietrich Ramm und Johann Muttun von Giech. 2 ) Diese
dem Brev. entlehnte und von Hafftiz erweiterte Bemerkung gehort nach dem Breviar.
in d. J. 1419.
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108
Angelus.
Hafftiz.
Hi7. Quitzawira schloss Herbecke *), deneu
von Veltheim zugehorig, gestorben
und im jungfrauenkloster Marien-
born 2 ) begraben worden. Wuster-
witzius.
burg mancherley schaden zugefugt un.
und hefftig beschadiget und belei-
diget, im schloss Herbeck 1 ), denen
von Feldheim zustandig, gestorben
und im kloster Marienburg 2 ) be-
graben. Alhier endet sich gutes und
boses mit den Quitzowen.
In demselbigen jahre am sonntage Quasi- 18. April
modogeniti hat kayser Sigismundus im
concilio zu Costnitz mit grofser solennitat,
pracht und herrlichkeit herrn Friederich
burggraffen zu einem marggraffen und BreTUrim
churfiirsten zu Brandenburg gemacht, hat
ihm die Chur Brandenburg verliehen, die
mitram oder churhut, insignia, alle ge-
walt und titel des genannten furstenthums
vollkomlich verliehen 8 ).
In selbigem jahre sollen die zigeuner
(welche das gemeine volck die Tatern
nennt) allererst in diese lande gekommen
seyn, wie Albertus Krantz lib. *11 Saxon. Brevian^
c. 2 bezeuget. Auch bekriegte in diesem
jahre marggraff Friederich herrn Ludewig
von Beyern und nahm ihm viel stadte
und schlosser ein; Fabricius und Justus
referirens ins folgende jahr 4 ).
*) Schloss Herbeck oder Harbke, sttdl. von Helmstadt belegen, gehorte Heinrich
von Veltheim, nach Kloden a. a. 0. IV, 230 einem Schwagcr Dietrichs v. Q. 2 ) Dietrich
v. Q. fand seine Grabstatte nicht im Kloster Marienburg, wie Hafftiz auch in dem
Autographum bei Riedel IV, 1, 57, so wie in einem zweiten, der Konigl. Bibliothek z.
Berlin gehorenden (Manuscr. in 4. No. 187) den Namen schreibt, sondern im Kloster
Marienborn, wie auch die Magdeb. Schoff.-Chron. z. J. 1417 dasselbe nennt. Es lag
in der Nahe von Helmstadt und Herbeck. Nach Behrens, Neuhaldenslebensche Chronik
II, 528, welche Kloden a. a. 0. IV, 231 citirt, war eine Tochter Heinrichs von Velt-
heim 1417 Priorin des Klosters. Unter Berufung auf „Wusterwitz bei Hafftiz" be-
merkt Kloden a. a. 0. S. 272, dass Heinrich v. Veltheim es nicht gewagt habe, Diet-
rich als einem Geachteten ein Grabmal zu setzen. Allein diese Notiz findet sich in
den hier verglichenen Handschr. des Hafftiz nicht vor. s ) Diese Stelle enthalt
einen wesentlichen Irrthum hinsichtlich der Verleihung der Mark Brandenb. an
Friedrich. Schon durch die Urk. Sigismunds v. 30. April 1415 hatte Friedrich den
markgrafl. Titel und den Rang eines Kurfursten erhalten, nicht erst durch die am
18. April 1417 erfolgte Investitur, die nur als solenne Feierlichkeit eine Bedeutung
gewann. Ebenso irrthumlich ist die Ansicht, als ob durch sie der bedingungsweise
und widerrufliche Besitz der Mark fur Friedrich ein unwiderruf licher geworden ware.
Riedel hielt es daher fur nothwendig, gegcn die obige Ansicht zu polemisiren, als
ob sie auf irgend welchen wesentlichen Forschungen des Hafftiz beruhte (Zehn
Jahre, S. 292 und 402). Hafftiz entlehnte die Stelle jedoch dem Breviarium, und sie
enthalt somit die unmafsgebliche Meinung des Angelus uber die Bedeutung der In-
vestitur. In seinen Annalen findet sich ubrigens die Stelle nicht. 4 ) Die Notiz
liber die Zigeuner in Norddeutschland entlehnte Angelus der Saxonia von Albert
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Angelus.
Hafftiz.
109
1420,
>. Febr.
Im tausend vier hundert und zwant-
zigsten jahr umb Sanct Apollonien tag
hat frau Elisabeth, churfiirstin zu
Brandenburg, zum Berlin ein fraulein
geborn, welches daselbst durch herrn
Johann von Waldaw, bischoffen zu
Brandenburg 1 ), in der kloster kir-
chen getaufft und Dorothea genennet
worden. Wusterwitzius.
Anno Christi 1420 umb S. Apollo-
niaea) tag hat frau Elisabeth, marg-
graffin und churfiirstin zu Branden-
burg, ein freulein gebohren zu Berlin,
welches durch herrn Johann von
Waldow, bischoffzu Lebufs *), in der
klosterkirchen S. Francisci geteufft,
Dorothea geheiTsen und darnach in
ihren jungen jahren herrn Hein-
rich zu Meckelburg, der ein sohn
war hertzogs Johansen zu Schwerin,
ist vertrauet worden *).
1420,
9. Febr.
a) A: Appollonici tag, das Autographum bei Riedel IV, 1, 57: Appolloniae.
Krantz. Ihre ursprungliche Quelle ist der Ltibecker Chronist Rufus (b. Grautoff II,
496). Der Eampf Friedrichs mit Ludwig von Baiern fallt in das Jahr 1421 (vergl.
tiber denselben Riedel in den Mark. Forschungen Bd. V, S. 219 u. fg. und 233 u. *fg.),
nicht in das Jahr 1417 Wenn Wusterwitz denselben erwahnt hatte, wurde er sicher-
lich wenigstens das richtige Jahr angegeben haben.
*) Johann von Waldow war 1420, als er Friedrichs Tochter taufte, Bischof von
Brand enb., wurde aber 1421 zum Bischofe von Lebus ernannt und als solcher am
21. Sept. desselben Jahres vom Papste bestatigt (Riedel I, 8, 82). Er kann also von
Wusterwitz als Bischof ebensowohl von Lebus als auch von Brandenb. bezeichnet
worden sein. Das erstere scheint mir das Wahrscheinlichere , da Wust. nach 1425
seine Chronik abschloss. Angelus muss dann seinen Gewahrsmann corrigirt haben,
was um so mehr moglich sein durfte, als er in s. Annal. S. 200 berichtet, dass Joh.
von Waldow als Bischof v. Brandenb. schon 1420 gestorben sei. *) Ob diese von
Angelus nicht aufgenommene Notiz aber die Verbindung Dorotheas mit Heinrich von
Mecklenburg Wusterwitz entlehnt sei oder nicht, hangt davon ab, welchen Begriff
man mit demWorte „vertrauen" zu verbinden habe. Dorothea und Heinrich wurden
bereits am 6. December 1423 nach Riedel II, 3, 456 mit einander verlobt, und von
dieser Verlobung kann Wusterwitz noch Mittheilungen gemacht haben. Ihre Verhei-
rathung aber fand erst im Jahre 1436 statt, also drei Jahre nach Wusterwitz' Tode.
Hinsichtlich des Wortes „vertrauen" ergiebt sich nun, dass Hafftiz damit den Begriff
der „Verlobung u wie den der „Trauung" verbindet, denn er schreibt nach Wusterwitz
z. J. 1423, dass der Kurfurst Friedrich am 30. Mai seine Tochter Caecilie dem Her-
zoge Wilhelm von Luneburg „beigelegt" habe, dem er sie jung „ vertrauet" hatte.
Ferner berichtet er z. J. 1422, dass dem lOjahrigen Sohne Friedrichs, dem spateren
Friedrich n., die Tochter des PolenkQnigs Wladislaw Hedwig „zur Ehe vertrauet",
d. h. verlobt worden sei, denn zu einer ehelichen Verbindung zwischen ihnen kam
es uberhaupt nicht. Aus einer anderen Stelle jedoch zum J. 1423 ist ersichtlich,
dass das Wort „vertrauen" die Verheirathung bezeichnen soil. Hafftiz erwahnt nam-
lich, dass Herzog Albrecht von Mecklenburg im October 1423 gestorben sei, ehe er
mit Friedrichs Tochter Margarethe „das eheliche Beylager" gehalten hatte, welche
ihm „hie bevor ehelichen versprochen und vertrauet war". Da Albrecht und Marga-
retha wirklich 1423 vermahlt worden waren (Riedel II, 3, 449), so kann das Wort
„vertrauet" nur auf diesen Act bezogen werden. Durfen wir also den ersteren Stellen
zufolge „vertrauen" im Sinne von „verloben" nehmen, so kann die betreffende Notiz
sehr wohl der Mark. Chronik zugeschrieben werden.
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110
Angelus.
Hafftiz.
U2o, Mittwochs nach Judica (etliche
25. Murz. setzen j en freytag) hat marggraff
Friderich, churfurst zu Brandenburg
u. 8. w., die stad neu Angermund in
der Uckermarck, welche in die sieben-
zig jahr von den hertzogen zu Stettin
innen gehalten,bestritten und eingeno-
men, und weil er das schloss nicht bald
sampt der stad hat konnen erobern,
hat ers belagert So schreibt man
auch, dass der kastner der hertzogen
zu Stettin nicht allein das schloss,
sondern auch das eine thor noch ein-
gehabt habe. Da nu hertzog Casi-
mirus in Pommern difs namens der
sechste vernommen, dass er das schloss
und das eine thor noch frey hette,
ist er willens gewesen, mit gewalt
da hinein zu fallen und die Marcker
wider aus der stad zu jagen. Weil
er aber von seinen kundschaffern ge-
horet, dass sich die Marcker mitten
auffm marckt wol beschantzet hatten,
und dass ein herr von Putlitz mit
vier hundert reutern vor dem thor
zum hinterhalt lege, hat herr Deth-
leff von Schwerin ritter gerahten, er
solte sich erstlich an dels von Putlitz
hauffen machen und denselben tren-
nen, damit er hernach desto besser
in die stad ohn widerstand kommen
mochte. Diesen rahtschlag hat der
hertzog nicht wollen annemen, son-
dern ist mit seinem hellen hauffen
zur stadt zugezogen, und da er durch
das thor, so sein kastner noch innen
gehabt, hinein kommen, hat er in
dreyen gassen drey panier auffge-
richtet. Nun hatte der marggraff
sein volck am meisten in den her-
bergen losiret und hin und her in
der stad gelassen. Er selbst aber
In demselbigen jahre mittwochs 1420,
nach Judica (wiewohl Ludovicus Bruno 25 ¥an "
saget am tage Annunciationis Mariae) d6rs - Ta «
hat marggraff Friederich, churfurst zu
Brandenburg, offen tlicher feindtschafft
halben, so er mit den hertzogen zu
Stettin, Meckelburg und Wolgast
hatte, bestritten und eingenommen
die stadt neuen Angermiinde, welche
der hertzog von Stettin fast 70 jahr
inne gehabt hatte. Der castner aber
des hertzogen zu Stettin hatte das
schloss und ein thor der stadt da-
selbst noch inbehalten. Da das ver-
nam herr Casemarus, dass er das
schloss und ein thor noch frey hatte.
ist er bey nachtschlaffender zeit mit
Peter Kordebiick, einem polnischen
herren, der ihm um soldes diente,
durch dasselbe thor in die stadt
kommen und 3 banyr in 3 gassen
auffgericht. Da aber marggraff Friede-
rich, churfurst zu Brandenburg, sein
volck in der stadt in herbergen ge-
lassen und mit etlichen reutern in
einer hoffstaat ruhete grofser miihe
und arbeit halben, so er die vorige
nacht gehabt, hat sichs begeben aus
schickung Gottes, dass herr Casema-
rus a ) mit seinem volcke unversehens
ist kommen, da marggraff Friederich
mit seinem volck ruhete. Und da sie
meinten, sie hatten die stadt gewiss
wieder ein und rieffen uberlaut : Stettin,
Stettin, ist marggraff Friederich von
solchem geschrey erwacht, bald der
Marcke banyr auffgericht und mit
ihnen zum streiten kommen; haben
sich hart geschlagen, dass auch herr
Dietloff von Schwerin und Peter
Trampe ritter in der spitze des
hertzogen mit vielen anderen er-
a) An dieser Stelle ist der Name in A corrigirt in: Casimirus. Casemarus hat das Auto-
graph u in bei Riedel IV, 1, 57, und so auch die Magd. Schoff.-Chronik.
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Angelus.
Hafftiz.
Ill
i42o. hatte sich mit etlichen reutern auffm
marckt mit den wagen beschantzet
und sich darauff zur ruhe begeben,
weil er die vorige nacht in eroberung
der stad grofse miihe und arbeit ge-
habt und nicht viel geschlaifen hatte.
Als nun hertzog Casimirus unvor-
sehens in die stad kommen und ihm
mit den seinen nicht anders gedacht
(sic), denn er hette die stad wider in sei-
ner gewalt, haben sie alle geschryen:
Stettin, Sjbettiu, Stettin. Von solchem
geschrey ist der churfiirst sampt den
seinen erwachet, hat sich mit seinem
panier der Marck Brandenburg bald
herfiir gemacht und ist mit den Po-
mern in einen harten streit mitten
in der stad gekommen, und ist da
Dethleff von Schwerin und Peter
Trampe, beyde rittere, in der spitzen
des hertzoges mitvielen andernblieben
und erschlagen worden. Und weil
der herr von Putlitz mit seinen vier
hundert reutern auch hiezu gedrungen
und die Pomern also recht mitten
unter den feinden gewesen, dass sie
sich hinten und fornen haben wehren
miissen, ists ihnen unmiiglich gewesen,
etwas treffliches aufszurichten, son-
dern haben wider durch das thor,
dadurch sie hinein gekommen, miissen
zuriick weichen. Da das geschehen,
hat der marggraff mit gewaltiger
gewapneter hand den kastner von
schlosse getrieben; iiber drey hundert
mann von den Pomem und Polen
und iiber funff hundert pferde ge-
fangen bekommen, welche die Mar-
cker folgendes tages unter sich ge-
theilet haben. Valentinus von Eck-
stedt, Wusterwitzius, Nicolaus von
Klempzen, Chron. Saxoniae, Funccius,
schlagen und geblieben seyn. Mit 1420.
gottlicher hiilffe und beystandt aber
hat der marggraff herrn Casemaruma)
zu derselben pforten, da er hinein
kommen, wieder heraufs geschlagen
und mit gewaltiger hand den castner
vom schlosse getrieben und von Polen
und volcke des hertzogs zu Stettin
iiber 300 mann gefangen und 500
pferde erobert, die sie am folgenden
tage unter sich gebeut und ausgetheilt
haben.
a) Siehe S. 110.
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112
Angelus.
Hafftiz.
H20. Justus etc. 1 ) (Andere schreiben, class
vier hundert da gefangen und drey pa-
nier sind erobert worden, deren zwey in
Berlin in S. Marienkirche und eines zu
Wilfanack hang en).
Zu ehren dieses sieges hat der 16b-
liche marggraff in gedachter stad
Angermiind durch herrn Giinther von
Bartensleben zu ritter geschlagen:
Hansen vonBredow, Matthiasen von
Uchtenhagen, Berndt von der Schulen-
burg, Joachim von Br e daw, Ludolffen
von Alvenfsleben und etliche andere
aufs seinem hoffe 2 ). Wusterwitzius.
2. sept. Dienstages vor Nativitatis Mariae '
hat marggraff Friederich, churfurst
zu Brandenburg u. s. w., mit hiilfTe
hertzogs Wilhelra von Lunenburg das
schloss Alvenfsleben mit acht tausend
Zu ehren und gedachtnis dieses uao.
siegs hat der hochlobliche fiirst herr
Friederich, marggraff und churfurst
zu Brandenburg, in derselbigen stadt
durch herrn Giinther von Bartens-
leben zu rittern geschlagen Has sen
von Bredow, Matthis von Uchten-
hagen, Bernhart von der Schulenburg,
Joachim von Biilow, Ludeloff von
Alvensleben und. etliche andern aus
seinem hof 2 ); aber in Ludewig Bruns
beschreibung wirdt befunden, dass 400
gefangen und 3 banyr erobert seyn, davon
2 in S. Marienkirche zu Berlin und eins
zur Welsenack hangen.
In demselbigen jahre dienstags fur 2. ^
Nativitatis Mariae hat marggraff Frie-
derich, churfurst zu Brandenburg, init
hiilffe herrn Wilhelms zu Liineburg
mit 8000 mann belagert das schloss
*) Die Eroberung der Stadt Angermunde ist von Angelus nicht nach Wusterwitz
allein, sondern auch nach den Mittheilungen anderer, besonders pommerscher Chro-
nisten erzahlt worden, so dass die Worte der Mark. Chronik in seiner Relation nicht
mehr genau erkennbar sind. Der erste Satz, der mit dem parallel en Berichte bei
Hafftiz dem Inhalte nach gleichlautet, gehort wahrscheinlich Wusterwitz an. Mit den
Worten aber: „So schreibt man auch" lasst Angelus auch noch andere Chronisten
reden, denn Wusterwitz hat an dieser Stelle schweriich schon andere geschriebene
Quell en benutzen konnen. Im Allgemeinen scheint Hafftiz sich einfach an den Wort-
laut der Mark. Chronik gehalten zu haben. Was er daneben dem Ludwig Bran ent-
nahm, hat er selbst deutlich hervorgehoben. Dem Inhalte nach ist sein Bericht dem
der Magd. Sch6ff.-Chron. z. J. 1420 ahnlich, auch in dem Punkte, dass jener so wenig
wie diese der Theilnahme des Caspar Gans zu Putlitz an dem Eampfe gedenkt.
Andererseits bezeugt die Schoff- Chron. die Mitwirkung des Bischofes Magnus von
Cammin, von welcher weder Hafftiz' noch auch Angelus' Bericht etwas meldet. Ein
Volkslied ttber die Eroberung Angermundes, welches Angelus in seinen Annalen S. 202
mittheilt, gedenkt ebenfalls des Bischofes als eines Mitkampfenden. Ueber den pol-
nischen Starosten Peter Cordebuk von Bombst vergl. Riedel in den Mark. Forsch. V,
S. 210. a ) Die Namen der in Angermunde zu Rittern geschlagenen Edelleute
giebt weder Angelus noch Hafftiz durchgangig correct an, sondern allein die Magd.
Schdff.-Chron. a. a. 0. Sie nennt: Hasse van Bredaw, Bernde van der Schulenborch,
Achim van Bredawe, Mathyesen van Uchtenhagen, Ludolve van Alvensleben, wonaf-
tich to Calve in der wische, wonach die Irrthumer bei Angelus und Hafftiz zu ver-
bes8ern sind.
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Angelus.
Hafftiz.
113
i42o. mann belagert 1 ) wider den willen des
ertzbischoffs zu Magdeburg, und woh-
nete damals auff gedachtem schloss
Heyso von Steinforde, der sonderliche
feindschafft mit dern marggraffen hat-
te 2 ). Weil sich aber der raht der alten
stad Magdeburg darein geschlagen 3 ),
sich defs k ey 8 e r s 4 ) angenommen und
zu recht erboten, ist der churfiirst
sept, in der nacht Gorgonii wider abge-
zogen 5 ). Wusterwitzius, Wernerus u. a.
Alvensleben *) wieder den willen des 1420.
ertzbischoffs zu Magdeburg, auf wel-
chera schlosse safs Heifse von Stein-
furth, der sonderliche feindtschafft
mit dem herrn marggraffen batte 2 );
aber der raht der alten stadt Magde-
burg hat fur Heifsen mit dem marg-
graffen gehandelt 3 ), sich zu rechte
erbohten, also ist er in der nacht S.
Gregorii abgezogen 5 ). s.Gregorii?
Im vorgedachten jahre, alfs herr Al-
brecht der III. dieses nahmens, hertzog und
churfiirst zu Sachsen, der letzte aus dem
alten undloblichen stamme und geschlechte
der fiirsten zu Anhalt, mit tode abgangen,
hat herr Friederich, marggraff und chur-
ftirst zu Brandenburg, die hauptstadt Breviarium.
Wittenberg zum theil wegen des kaysers,
zum theil wegen andern ursachen, so aus
der historia erscheinen, eingenommen, be-
setzt, auch unter sich bifs ins folgende
jahr behalten.
In demselbigen jahre haben die Liibecker
und Hamburger burger in der Prignitz in
der marterwoche 180 hoffleute, so geraubt,
gefangen, welcher furnemste radelsfuhrer
*) Alvensleben, jetzt ein Dorf, liegt an der Bever, 3 Meilen nordwestlich von
Magdeburg. Die Truppenzahl von 8000 Mann, welche Friedrich und Wilh. v. Liine-
burg zur Eroberung eines Schlosses aufbrachten, erscheint so bedeutend, dass man
ihre Richtigkeit bezweifeln moehte; allein gerade fur den Zug jener Fiirsten gegen
Alvensleben muss Wusterwitz als ein bedeutsamer Zeuge angesehen werden, da er
personlich vor Alvensleben mit dem Kurfiirsten eine Zusammenkunft hatte. Ferner
bemerkt auch die Magd. Schoff.-Chron. z. J. 1420, dass Friedrich vor dem Schlosse
lag vyf dage myt eynem groten here. 2 ) Heyso von Steinfurth wird von
Wusterwitz mehrfach als Gegner der Mark Brandenburg und des Kurfiirsten genannt.
Ueber die von ihm in der Altmark verubten Raubereien vergl. Riedel in den Mark.
Forschungen V, 193—198. 8 ) Heyso von Steinfurth erbat nach der Magd. Schoff.-
Chron. a. a. 0. die Vermittlung des Rathes zu Magdeburg. Dieser sandte darauf
seinen Syndicus Engelbert Wusterwitz an den Kurfiirsten, und Wusterwitz erwirkte
bei diesem in der That, dass er sich dem schiedsrichterlichen Ausspruche des Rathes
zu Magdeburg und zu Stendal zu fiigen versprach und die Belagerung aufhob. 4 ) Die
Lesart „defs keysers" beruht auf einem seltsamen Versehen, das Angelus sich zu
Schulden kommen liefs. In Wusterwitz' Chronik hatte offenbar die Lesart „defs
Heyso" gelautet. 5 ) Nach fiinftagiger Belagerung zog Friedrich von Alvensleben
wieder ab und zwar, wie Hafftiz angiebt, am St. Gregoriu stage, wie die Magd.
Schoff.-Chron. meldet, am G e or giu stage; indessen keiner der vielen Gregorius- und
Georgiustage fallt in den September. Das richtige Datum giebt Angelus an mit der
Bemerkung, der Kurfiirst sei in der Nacht S. Gorgonii, d. i. die Nacht vom 8. zum
9. September, von dem Schlosse abgezogen. Damit stimmt wenigstens annahernd die
von der Magd. Schoff.-Chron. angegebene Dauer der Belagerung von 5 Tagen uberein.
8
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114
Angelus
Hafftiz.
1422. Im 1422. jahr hat marggraff Fri-
derich, churfiirst zu Brandenburg,
seinen sohn Friderich, da er zehen
jahr alt gewesen, mit herrn Wyrich
von Trutlingen ritter und andern ehr-
lichen leuten aus der Marck in Polen
geschickt, dass er zu Crackow pol-
nische spraehe und sitten lernen und
nach dem tode koniges Vladifslai, der
nu neunzig jahr alt 2 ) gewesen, das
reich zu Polen annemen solte und
dasselbe mit fraulein Hedwigen, defs
genandten koniges tochter, besitzen,
wie denn auch im contract mit ver-
willigung der Polen und Litthauen
beschlossen war 3 ). Wusterwitzius.
1423, Im 1423. jahr hat sich marggraff Fri-
i. Febr. derich zu Brandenburg in der stad Perle-
berg vergliechen und gutlich vertragen mit
hertzog Albrechten in Mechelburg also
und dergestalt, dass keiner den andern
hinfurt mit kriege uberfallen solte, und
dass einer dem andern zu gefallen seine
gefangene solte lofs geben. Also wurden
sie alle lofs, ausgenomen furst Johannes
von Stargard, welchen der marggraff nicht
aus geringen ursachen dazumal noch ge-
gewesen seyn Rainier von der Plaisse, 1420.
Boldewin vom Kruge, Hans von Quitzow Breviarim
und Niclas Rohr. Hermoldus autor 1 ).
Anno Christi 1422 hat marggraff 1422.
Friederich, churfiirst zu Brandenburg,
seinen sohn Friederich, der in der
Marcke gebohren, alfs er 10 jahr alt
war, mit herrn Wirich von Trutlingen
ritter und andern ehrbahren aus der
Marcke in Pohlen gesandt, dass er
zu Crackow die polnische spraehe und
sitten lernen und nach dem tode Vla-
dislai, der in die 80 alt war 2 ), das
reich einnehmen und mit Hedwig, ge-
nannten koniges tochter, die ihm zur
ehe vertrauet, besitzen solte, alfs im
contract mit verwilligung der Pohlen
und Litthauen beschlossen war 3 ).
Anno Christi 1423 ist marggraff Frie- 1423,
derich von Meifsen mit dem zunahmen
des streitbahren die Chur Sachsen von
kayserl. majestat zugesagt, jedoch mit der BroYUnu.
condition, dass er dem marggraffen zu
Brandenburg die kriegsunkosten und in-
teresse als 28000 mark silbers erlegen solte.
In gemeldtem jahre hat sich" marggraff
Friderich, churfiirst zu Brandenburg, in
der stadt Perleberg gutlich verglichen und 6. Febr.
vertragen mit herzog Albrecht zu Meckel-
burg also und dergestalt, dass keiner hin-
fiiro den andern bekriegen solte. Darauff Bremfm
hat der marggraff wiederumb angeloben
mussen, dem hertzogen die abgewonnenen
schlosser Dratze und Gerlose wieder ab-
zutreten und ihm seine tochter freulein
Margarethen, welchs zu der zeit noch
f ) Die Quelle fur diese Notiz ist Rufus (b. Grautoff II, 30), wie fur die voran-
gehende Albinus Meifsnische Gesch. Bei Rufus heifst es: 1421 des dingestedaghes na
palmen hadden sik vorsammelt by C unde LXXX rovere ut de Marke to Branden-
borgh unde ut de Priggenysse unde ut dem hertichdumme van Mekelenborch. De
hovetlude hyrvan weren: Reymer van Plessen, Baldewin van dem Kroghe unde Johann
Quitzowe u. s w. a ) Konig Wladislaw (Jagiello) starb im Jahre 1434 im Alter
von 88 Jahren. *) Ueber diesen Heirathsplan , welcher Friedrichs Verhaltniss
zu Konig Sigismund triibte, vergl. Riedel in den Mark. Forsch. V, S. 220 und 238.
Der von Wusterwitz angedeutete Ehevertrag wurde am 8. April 1421 zu Krakau
durch eine von dem Bischof Johann von Brandenburg gefiihrte Gesandtschaft abge-
schlossen, Riedel II, 3 396 u. fg.
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Angelus.
Hafftiz.
115
1423. fenglichen behielt. Daruber hatdermarg-
graff mttssen angeloben, hertzog Albrech*
ten zu iibergeben die beyden schlosser
Domze und Gorlosen, so er fttrst Johan-
sen (?) zuvor genommen hatte. Und da-
mit nu vollkommene freundtschafft unter
dem marggraffen und dem hertzoge seyn
m6chte, hat der marggraff dem hertzoge
seine tochterMargaretham (Krantziusnennt
sie Dorotheam), die damals noch nicht
manbar gewesen, zugesaget.
23. Mai. Darauff ist gemeltem hertzog Al-
brecliten am pfingstage zu Tanger-
miinde auffm schlosse durch herm
Stephanum, den bischoff von Bran-
denburg, das fraulein Margaretha ver-
trauet worden, welche auch der hert-
zog am dritten tage hernach mit sich
in Mecbelburg zu seiner mutter ge-
fuhret, bifs sie das bequemliche alter
zum ehestande erlangete. Aber umb
6. octob. St. Gallen ist gemelter hertzog Albrecht
Yor dem bey lager gestorben. Krantzius
lib. 11 Sax. cap. 10 et lib. 10 Vandal.
cap. 40 1 ).
nicht mannbahr war, ehelichen zu ver- 1423.
sprechen, welches auch also geschehen.
Darauff ist am h. pfingstage durch 23. Mai.
herrn Stephan, bischoff zu Branden-
burg, im schlosse Tangermunde ge-
meldtem hertzog Albrecht zu Meckel-
burg, der da wohnte zu Schwerin und
was ein sohn Alberti, der etwa ein
konig in Schweden war, vorgenanntes
freulein Margreta im beysein vieler
ehrbaren zum ehelichen gemahl ver-
trauet, und genannter hertzog Al-
brecht hat dasselbe freulein am dritten
tage darnach mit sich in sein land
gefuhrt in seiner mutter haufs, bifs
sie das bequeme alter zum ehelichen
stande erreicht hat *).
J ) Nach Angelus soil diese ganze Stelle der Saxon, und Vandal, von A. Krantz
entlehnt sein, welcher Chronist seinerseits wieder Rufus (bei Grautoff II, 526 und 527)
als Quelle benutzte. Indessen was Angelus tiber die zu Tangermunde durch den
Bischof Stephan von Brand, vollzogene Eheschliefsung und den Aufenthalt der jungen
Furstin in Mecklenburg berichtet, das findet sich weder bei Krantz noch bei Rufug
angegeben. Der letztere verlegt die Vermahlung sogar irrthumlich nach Anger-
munde und nennt uberhaupt nicht den Namen der Tochter Friedrichs, wahrend
Krantz dieselbe unrichtig mit dem Namen Dorothea bezeichnet und uber den Ort der
Eheschliefsung schweigt. Daraus ergiebt sich, dass Angelus neben Krantz noch eine
andere und zwar eine markische Chronik benutzt haben muss, und es liegt nahe, in
dieser Wusterwitz' Mark. Cbron. zu vermuthen, deren letzte Angaben sich fast
sammtlich auf die in der kurfiirstl. Familie in dieser Zeit vorkommenden Heirathen
und Geburten beziehen. Ich glaube daher, dass Angelus es nur fur uberfllissig er-
achtet oder vergessen hat, neben Krantz auch noch Wust. als seinen Gewahrsmann
zu nennen, und ferner, dass des letzteren Bericht den Worten: „Darauff ist gemeltem
hertzog Albrechten u. s. w." zu Grunde liegt. Der den im October erfolgten Tod
Albrechts betreffende Schlussatz ist jedoch wieder Krantz entnommen, der das Ab-
scheiden des Herzogs gleich nach der Eheschliefsung berichtet, wahrend Wust., der
die Ereignisse in ihrer chronologischen Reihenfolge anfuhrte, desselben an einer
anderen Stelle gedachte. Die Nachrichten ttber die Verhandlungen in Perleberg nahm
Angelus in verkurzter Form in sein Breviarium auf, aus welchem Hafftiz sie aus-
schrieb. Im Folgenden benutzte letzterer dann die Mark. Chronik selbst, weshalb er
8*
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116
Angelus.
Hafftiz.
1423,
5. Juni.
Am sontage nach Corporis Christi
hat marggraff Friderich seine tochter
Caeciliam hertzogen Wilhelmo zu
Luneburg, dem sie zugesaget war, zur
ehe gegeben, und ist die hochzeit zum
Berlin mit grofser freuden und frolig-
keit gehalten worden *). Wuster-
witzius.
In vorgedachtem 1423. jahr ist ge-
born worden fraulein Barbara, marg-
graff Johansen zu Brandenburg, Fri-
Darnach sontags nach Corporis 1423.
Christi fest hat marggraff Friederich, 6 - Jnni
churfiirst zu Brandenburg, seine toch-
ter freulein Caecilien hertzog Wilhelm
zu Luneburg beygelegt, dem er sie
(wie zuvor gemeldt) jung vertrauet
hatte. Und ist das beylager zum
Berlin auffs herrlichste und prech-
tigste gehalten worden 1 ).
In demselbigen jahre umb St. Gallen 1423,
tag ist gestorben hertzog Albrecht zu 16, m
Meckelburg und Schwerin, welchem
freulein Margreta, die tochter marg-
graffen Friederichs, churfiirsten zu
Brandenburg, hiebevor ehelichen ver-
sprochen und vertrauet war, ehe denn
er mit ihr das eheliche beylager ge-
halten 2 ).
auch den Tod Albrechts von Mecklenb. nicht wie das Breviar. an dieser Stelle, sondern
an einem spateren Orte meldet. — Die Zusammenkunft Friedrichs mit Albrecht zu
Perleberg fand am 6. Febr. statt, bei welcher Gelegenheit auch der Ehevertrag auf-
gesetzt wurde (Riedel II, 3, 439). Die mecklenb., an der Grenze der Priegnitz be-
legenen Schlosser Domitz und Gorlosen (nicht Dratze und Gerlosen, wie Hafftiz sie
nennt) hatte Friedrich im Marz 1420 erobert. Angelus' Bemerkung, dass sie Johann
von Stargard entrissen seien, beruht auf einem Irrthume. Am 23. Mai gab Friedrich
sie seinem Schwiegersohne Albrecht v. Meckl. zuruck, „dieselben zu haben in aller-
mafse und recht, als er die vormals, ee wir ihm die abgewonnen haben, inne gehabt
hat" (Riedel II, 3, 449).
*) Von dieser Vermahlung berichtet Rufus (b. Grautoff II, 527): Uppe desulven
tyd (1423) nam hertich Wilhelm van Luneborg Markgreven Frederikes dochter van
Brandenborch in sunte Vitis dage (15. Juni); de hochtyd wart geholden to Luneborg.
Tag und Ort der Hochzeit sind hier unrichtig angegeben, oder man muss an eine
auch in Luneburg begangene Feierlichkeit denken, denn Friedrich schloss mit Wil-
helm am 9. Juni zu Berlin einen die Mitgift seiner Tochter betreffenden Vertrag, in
welchem er bemerkt, dass er seine Tochter dem Herzoge „zu der Ee gegeben und
beygelegt habe" (Riedel II, 3, 451). Auch die Magd, Schoff.- Chron. berichtet, dass
die Vermahlung am 6. Juni zu Berlin vollzogen wurde (dar unser stad borgermester
und hovetman toghereden weren), nennt aber das unrichtige Jahr 1424. Die Bemer-
kung des Hafftiz, dass Caecilie dem Herzoge jung vertrauet worden sei, ist unrichtig,
denn Caecilie wurde 1413 mit Albrecht von Mecklenb. verlobt. 2 ) Den Tod
Albrechts (V.) von Mecklenb. setzen der Fortsetzer Detmars (Grautoff II, 36) und
Rufus (ebend. S. 532) unrichtig in das Jahr 1424. — Die junge Herzogin erhielt nach
dem Berichte beider Chronisten Wittenburg und Ribbenitz zum Leibgedinge, kehrte
aber zu ihrem Vater zuruck.
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Angelus.
Hafftiz.
117
1424,
:. Febr.
1324. derici, defs churfiirsten sohns, tochter.
Wusterwitzius.
Im tausend vier hundert vier und
zwantzigsten jahr umb Purificationis
Mariae ist geborn worden Rudolphus,
marggraffen Johansen sohn, der im
neundten jahr wider von dieser welt
abgeschieden. Henninges 1 ).
Anno Christi 1424 umb Purifica- 1424,
tionis Mariae hat frau Barbara, ein 2 * Febr '
ehelich gemahl marggraffen Johansen
zu Brandenburg und tochter etwa '
hertzog Rodolphi zu Sachsen auff
dem schlosse Trebitz bey ihrer frau
mutter einen jungen herren gebohren,
welcher in der h. tauffe ist Rodolphus
genannt Er hat aber kaum 9 monaht
gelebt und ist gestorben 1 ).
Anno Christi 1425 den andern tag 1425,
nach S. Valentini in der fastnacht 15 * Febr *
haben hertzog Otto und Casimirus zu
Stettin mit hertzog Wertschlaff zu
Wolgast, hertzog Heinrich zu Mecklen-
burg und hertzog Bugschlaff zu Pom-
mern eingenommen die stadt Prentz-
low;'und (wie das gemeine geschrey
gegangen) haben etliche von den ein-
wohnern derselbigen stadt untreulich
(darff nicht sagen verrahterisch) ge-
handelt, die thor geoffnet und die
hertzogen eingelassen, welche die hul-
dung bald genommen. Aber marg-
graff Johanfs, marggraffen Friederichs,
*) Die Nachricht fiber die Geburt von Markgraf Johanns Sohn Rudolf bei Hafftiz
hat zwar nicht das Zeugniss des Angelus fur sich, aus Wusterwitz' Chronik entlehnt
zu sein; dennoch wird man aus folgendem Grunde annehmen diirfen, dass Hafftiz sie
dieser Quelle verdankte. Der Wortlaut der Nachricht in Angelus' Annalen findet
sich auch in dessen Breviarium vor, ist aber nicht von Hafftiz abgeschrieben worden.
Letzterer giebt vielmehr einen selbstandigen, eingehenden Bericht mit der bemerkens-
werthen Notiz, dass die Markgrafin ihren Sohn bei ihrer Mutter auf dem Schlosse
Trebitz (heute ein Pfarrdorf siidlich von Wittenberg nahe der Elbe) geboren habe.
Dieses Schloss gehorte nach der Magdeburger Schoffen ? Chron. z. J. 1422 zum Leib-
gedinge der Wittwe des 1419 gestorbenen Herzogs Rudolf von Sachsen -Wittenberg.
Den Namen des Schlosses aber schopfte Hafftiz keineswegs aus der Schoff.-Chron. oder
einer von ihr abhangigen Schrift, denn er heifst in jener Quelle unrichtig Krewitz,
welche Lesart Janicke, Stadtechron. VII, S. 369 fur einen Schreibfehler statt Trebitz
erklart. Hafftiz muss also eine besondere, exacte Quelle fur seinen Bericht benutzt
haben, und in dieser darf man unbedenklich Wusterwitz' Chronik vermuthen. Ferner
unterstutzt die durch Angelus bezeugte Erwahnung der Geburt einer Tochter Johanns
bei Wusterwitz die Annahme, dass derselbe Chronist auch der Geburt eines Sohnes
des Markgrafen gedacht habe.
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118 Angelus. Hafftiz.
des churfursten zu Brandenburg sohn, im.
hat die gemeldte stadt wieder einbe-
kommen und die feinde hinaus ge-
trieben *).
*) Ueber den Verlust der Stadt Prenzlau und deren Wiedereroberung durch
Markgraf Johann hat Angelus in seinen Annalen S. 207 einen umfangreicben Bericht
nach Valentin von Eickstadt und Albert Krantz (Vandal. 11, 3 und Saxon. 11, 13 und 14)
geliefert, welchem letzteren Chronisten Rufus (bei Grautoff II, 545) zu Grunde liegt.
In seinem Breviarium dagegen gab er uber denselben Vorgang nur folgende kurze
Notiz: „Item in dem jahr 1424 den andern tag nach S. Valentini haben die hertzogen
in Pommern, Otto und Casimirus gebrudere, dem marggraffen mit dem schwert Prentzlow
abgewonnen. Aber marggraff Hans, des churfursten Friederichs sohn, hat gemelte
stad wieder einbekommen und die feinde daraus vertrieben." Vergleicht man diese
Notiz mit dem Bericht bei Hafftiz, dem das Breviarium vorlag, so ergiebt sich, dass
letzterer eine andere Quelle als diese Schrift benutzt haben muss, denn erstens nennt
er das richtige Jahr des Ereignisses 1425 (vergl. Riedel in d. Mark. Forsch. V, S. 273),
sodann die Verbtindeten der pommerschen Fursten und endlich fuhrt er die Einnahme
der Stadt auf eine Verratherei zuruck. Es ist daher zu vermuthen, dass er seine
Angaben noch Wusterwitz entlehnte, welcher in der bei Hafftiz vorliegenden farblosen
und unbestimmten Schilderung der Vorgange in Prenzlau gedacht und eben dadurch
Angelus veranlasst haben mag, fur seine Darstellung die ausfiihrlicheren Mittheilungen
anderer Chronisten zu verwenden. — Von dem Jahre 1426 ab legte Hafftiz seinem
Microchronologicon das Breviarium des Angelus zu Grunde, indem er die Nachrichten
desselben theils wortlich abschrieb, theils verkurzte oder erweitorte.
Drnck von Poschol & Trepte in Leipzig.
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